SSRQ ZH NF I/1/3 intro
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil:
Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und
Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis
Reformation), by Michael Schaffner
Citation: SSRQ ZH NF I/1/3 intro
License: CC BY-NC-SA
Table of Contents
Vorwort des Präsidenten der Rechtsquellenstiftung und des Staatsarchivars des Kantons Zürich
Die Rechtsquellenstiftung des Schweizerischen Juristenvereins und das
Staatsarchiv des Kantons Zürich freuen sich, mit dem vorliegenden Band und vier
weiteren, gleichzeitig erscheinenden Editionseinheiten einen wertvollen Beitrag
zum Verständnis der Geschichte von Stadt und Territorialstaat Zürich im
Mittelalter und in der Frühen Neuzeit zu leisten. Unter der Leitung von
Christian Sieber haben insgesamt sechs Bearbeiterinnen und Bearbeiter die
Quellen zu den Städten Zürich und Winterthur, zur Landvogtei Greifensee sowie zu
den Obervogteien rund um die Stadt Zürich gesichtet, zentrale Stücke ausgewählt
und wissenschaftlich kommentiert. Die Quellenstücke wurden in digitaler Form
nach den Grundsätzen der Text Encoding Initiative (TEI) aufbereitet und online
publiziert. Die gedruckte Fassung dient demgegenüber als
Referenzpublikation.
Unser Dank gebührt zuallererst den Bearbeiterinnen und Bearbeitern der fünf
Editionseinheiten, Dr. des. Michael Schaffner (Stadt und Territorialstaat
Zürich), Sandra Reisinger (Gedruckte Mandate), Dr. Bettina Fürderer (Stadt
Winterthur), Dr. Rainer Hugener (Landvogtei Greifensee) sowie Dr. Ariane Huber
Hernández und Michael Nadig (Obervogteien um die Stadt Zürich). Dr. Pascale
Sutter hat das Projekt als wissenschaftliche Leiterin der Rechtsquellenstiftung
begleitet und zusammen mit den Bearbeiterinnen und Bearbeitern neue Richtlinien
für die digitale Edition erarbeitet. Unterstützt wurde sie im Bereich der
Informatik und Computerlinguistik durch Dr. Bernhard Ruef. Im Staatsarchiv
wurden entsprechende Arbeiten durch Rebekka Plüss durchgeführt.
Bei der Erfassung und Verwaltung der Literatur hat sich die Zusammenarbeit mit
der Schweizerischen Nationalbibliothek bewährt, indem alle verwendeten
Publikationen in der Bibliographie der Schweizergeschichte (BSG) verzeichnet
werden. Unterstützung in linguistischen Fragen erhielt das Projektteam durch Dr.
Hans-Peter Schifferle vom Schweizerischen Idiotikon sowie durch Dr. Philipp
Roelli, Darko Senekovic und Severin Hof von der Fachstelle Latein der
Universität Zürich.
Zu danken haben wir ausserdem den beteiligten Stadtarchiven von Zürich und
Winterthur, die Arbeitsplätze für unsere Bearbeiterinnen und Bearbeiter
bereitgestellt und sie bei ihrer Arbeit tatkräftig unterstützt haben. Für das
Erstellen von Digitalisaten ausgewählter Quellenstücke bedanken wir uns bei
Romano Padeste, bei der Zentralbibliothek Zürich und bei der Fotografin
Christine Seiler, Zürich. Die Satzarbeiten haben Dr. Pascale Sutter und Dr.
Bernhard Ruef übernommen, den Druck hat in bewährter Manier die Dike-Verlag AG
durchgeführt. Ermöglicht wurde dieses Vorhaben dank der massgeblichen
Unterstützung durch den Gemeinnützigen Fonds (ehemals Lotteriefonds) des Kantons
Zürich sowie die Städte Zürich und Winterthur. Ihnen allen sei an dieser Stelle
herzlich gedankt.
Prof. Dr. Lukas Gschwend, Präsident der Rechtsquellenstiftung
Dr. Beat Gnädinger, Staatsarchivar des Kantons Zürich
St. Gallen/Zürich, im Frühling 2021
Vorwort der Bearbeiters
Die Edition historischer Quellenstücke hat sich unter den Vorzeichen digitaler
Methoden in den vergangenen Jahren stark verändert. Als wichtiger denn je
erweisen sich kollaborative Arbeitsweisen; um zeitgemässe Werkzeuge sowie
gemeinsame Standards und Möglichkeiten der Vernetzung zu entwickeln, aber auch
um gemeinsam zu versuchen, neue Weisen des Zugangs zu den Quellen zu denken.
Vor diesem Hintergrund wäre meine Arbeit an der vorliegenden Edition nicht
denkbar gewesen ohne die Unterstützung, die ich von verschiedenen Seiten
erhalten habe. Mein erster Dank gebührt dabei der administrativen und
wissenschaftlichen Leiterin der Rechtsquellenstiftung des Schweizerischen
Juristenvereins, Dr. Pascale Sutter. Mit ihrer unermüdlichen Arbeit im Bereich
des Lektorats sowie der Klärung fachlicher und technischer Fragen hat sie einen
grossen Beitrag zum Gelingen des gesamten Unternehmens geleistet.
Ebenso wichtig für meine Arbeit war die Kooperation mit den Bearbeiterinnen und
Bearbeitern der anderen Editionseinheiten des Zürcher Rechtsquellenprojekts. In
diesem Zusammenhang danke ich Dr. Rainer Hugener, Dr. Bettina Fürderer, Dr.
Ariane Huber Hernández, Michael Nadig, Sandra Reisinger sowie dem Projektleiter
Christian Sieber. In kollegialem Rahmen haben wir uns gegenseitig unterstützt
durch das Kollationieren von Editionstexten, den Wissensaustausch zur Zürcher
Geschichte sowie das Entwickeln einer gemeinsamen Praxis bei der Bewältigung
einer Vielzahl von Transkriptions- und Auszeichnungsphänomenen. Christian Sieber
danke ich ausserdem für seine Verzeichnung zentraler Satzungsbücher und
vormoderner Aktenbestände des Staatsarchivs Zürich, wodurch er eine Grundlage
für die vorliegende Editionseinheit gelegt hat. Durch ihre verlässlichen
Rohtranskriptionen sowie die Registerarbeit hat Tessa Krusche viel dazu
beigetragen, die Editionsarbeit in nützlicher Frist zu einem guten Ende zu
bringen. Wichtige Verstärkung im Bereich Informatik und Digital Humanities haben
wir von Rebekka Plüss erfahren, der die Lösung zahlreicher technischer
Umsetzungsprobleme zu verdanken ist.
Manchen hilfreichen Rat zu den Zürcher Quellen konnten mir Martin Leonhard
(Staatsarchiv des Kantons Zürich) und Dr. Max Schultheiss (Stadtarchiv Zürich)
aufgrund ihrer umfassenden Kenntnisse der vormodernen Bestände geben. Die
Fachstelle Latein der Universität Zürich mit ihren Mitarbeitern Dr. Philipp
Roelli, Darko Senekovic und Severin Hof hat uns in dankenswerter Weise bei der
Edition der lateinischen Quellenstücke kompetent unterstützt.
Staatsarchivar Dr. Beat Gnädinger ist für seine Initiativkraft zu danken, mit der
er erfolgreich in die Wege geleitet hat, dass zentrale Quellenstücke und Serien
des Staatsarchivs Zürich unter den Bedingungen des digitalen Zeitalters der
Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden und auch in Zukunft noch werden.
Meiner Ehefrau Rebecca Lötscher danke ich für stets vorhandenes Goldenes
Anfängliches und alles Weitere.
Michael Schaffner
Zürich, im Frühling 2021
Einleitung
Die vorliegende Edition enthält Rechtstexte zur Stadt Zürich und ihrem
Herrschaftsgebiet zwischen ca. 1460 und der Reformation. Der Abschluss des damit
benannten Zeitraums wird bewusst nicht durch eine bestimmte Jahreszahl
definiert; die edierten Stücke reichen bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts. Dies
ist wesentlich im Verständnis des Begriffs «Reformation» begründet: In der
vorliegenden Edition wird Reformation nicht als starre Epochengrenze zwischen
Mittelalter und Früher Neuzeit definiert, sondern vielmehr an die vormoderne
Vielschichtigkeit des Begriffs angeknüpft. Für die Zeitgenossen bezeichnete
Reformation nämlich zunächst einmal allgemein den Prozess einer Gesetzesrevision
ebenso wie die Gesamtheit «normativ formulierter öffentlicher
Ordnung»1 und erst sekundär die spezifische
religiöse und gesellschaftliche Bewegung, die in den 1520er Jahren zum
Durchbruch kam und das heutige Verständnis des Begriffs massgeblich prägt. Zwar
ist auch die Reformation im engeren Begriffsverständnis mit ihren
Weichenstellungen in der vorliegenden Edition prominent vertreten. Dazu gehören
unter anderem die Übergabe der Rechte und Besitzungen des Fraumünsters durch
Äbtissin Katharina von Zimmern,2 die Aufhebung von
Messe und Fastengebot,3 die Entfernung der
Kirchenzierden4 sowie die Einrichtung von Ehegericht und
Almosenamt.5
Ein Blick auf die weitere Entwicklung der obrigkeitlichen Gesetzgebungstätigkeit
in der Frühen Neuzeit zeigt jedoch, dass die Reformation auch nach dem Vollzug
der soeben erwähnten Schritte gerade nicht als abgeschlossen begriffen wurde.
Davon zeugen die stetige Wiederholung und Ergänzung von Vorschriften, die einen
der neuen Glaubenslehre gemässen Lebenswandel garantieren sollten. Dies geschah
namentlich in den ab dem Jahr 1530 immer wieder neu gedruckten Grossen
Mandaten.6 Dass das Ende des
«Reformationsjahrzehnts» zwischen 1520 und 1530 nicht als scharf
gezogener Abschluss einer Entwicklung gesehen werden kann, lässt sich auch ganz
direkt an der Wahrnehmung der Zeitgenossen festmachen. Ein prominenter Zeuge
dafür ist Stadtschreiber Werner Beyel, der nach langjähriger Tätigkeit in der
Kanzlei des Bischofs von Basel 1529 zum Stadtschreiber von Zürich gewählt
wurde.7 Am Ende einer umfangreichen Auflistung
der anlässlich der jährlichen Schwörtage in den Zürcher Obervogteien jeweils zu
verlesenden Anordnungen und Verbote setzt er den folgenden Vermerk: «Es was
ein söllichs articulieren zuͦ diser zyt, zwischen dem 1530 unntz inn das
1540 unnd ettliche jar darnach, hette man nit uffgehört, es werind diser
buͤchern wol zwey voll worden.»8 Die von Beyel auf diese Weise benannte
intensive Aktivität des «Articulierens» von Recht gerade in den 1530er
Jahren wurde auch von der Forschung beobachtet.9 Aus diesem Grund endet die vorliegende
Edition bewusst nicht – anders als namentlich die in ihrer Materialfülle noch
heute beeindruckende Sammlung Emil Eglis10 – mit dem Beginn der 1530er
Jahre.
Ähnliches gilt für den Anfang des berücksichtigten Zeitraums: Indem die Edition
bereits nach der Mitte des 15. Jahrhunderts einsetzt, werden einerseits
Kontinuitäten zu Ereignissen der 1520er Jahre sichtbar, wodurch beispielsweise
Phänomene wie die Klosteraufhebungen in den Zusammenhang spätmittelalterlicher
Entwicklungen eingeordnet werden können.11 Andererseits entsteht dadurch aber auch ein Blick
auf die Zürcher Geschichte, der das Spätmittelalter gerade nicht einfach als
«Vorgeschichte» zur Reformation (im engen Begriffsverständnis)
begreift, sondern eigenständige Charakteristika dieses Zeitraums aufzeigt.
Zentrale mittelalterliche Rechtstexte aus dem der vorliegenden Edition
vorangehenden Zeitraum liegen mit dem Urkundenbuch der Stadt und Landschaft
Zürich (UBZH), dem Richtebrief,12 den Stadtbüchern (Zürcher
Stadtbücher) sowie den Steuerbüchern (Steuerbücher
Zürich) bereits ediert vor, weitere Quellen sind durch die
bis 1460 reichenden Urkundenregesten des Staatsarchivs Zürich (URStAZH) erschlossen. Auf der Grundlage dieser Werke setzt die
vorliegende Edition zu einem Zeitpunkt ein, als der Verlauf der im 14.
Jahrhundert beginnenden städtischen Territorialisierung noch nicht
abgeschlossen, jedoch bereits weit fortgeschritten war und im Wesentlichen die
heutigen Kantonsgrenzen erreicht hatte.13 Gleichzeitig war der Stadt durch
die Niederlage im Alten Zürichkrieg (1436-1450) die Möglichkeit zur weiteren
Ausdehnung der Herrschaft im Wesentlichen genommen. Bis Mitte des 16.
Jahrhunderts dominierten deshalb die zwei miteinander interagierenden Prozesse
der Intensivierung und Zentralisierung von Herrschaft.14 Eine dritte für die vorliegende Edition
zentrale Problemstellung betrifft die Veränderung des Verhältnisses des
städtischen Regiments zu anderen Gewalten, die während des Spätmittelalters in
Stadt und Landschaft Zürich ebenfalls zur Rechtssetzung befugt waren.15 In zahlreichen Editionsstücken
beleuchtet wird dabei die Entwicklung der Beziehung der zwei wichtigsten
geistlichen Körperschaften, Fraumünster und Grossmünster, zur aus Bürgermeister
und Rat gebildeten städtischen Obrigkeit. Aber auch ein auswärtiges Kloster,
nämlich Einsiedeln, wird in seiner zentralen Bedeutung für die Entwicklung der
städtischen Identität im Spätmittelalter greifbar.16 Nur in Ansätzen berücksichtigt werden kann im Rahmen
der vorliegenden Edition jedoch die eigenständige Verwaltungsschriftlichkeit
dieser geistlichen Körperschaften, die gerade im Fall des Grossmünsters äusserst
differenziert war und zeitlich vor den Ausbau der städtischen Kanzlei
zurückreicht.17
Die vorgenommene Auswahl sucht möglichst viele Aspekte des Rechtslebens in Stadt
und Herrschaftsgebiet Zürich zu beleuchten und ein breites Spektrum der
Verwaltungsschriftlichkeit wie etwa Urkunden, Akten, Gerichts- und
Satzungsbücher zu berücksichtigen, mit der damit einhergehenden Auffächerung auf
verschiedene Quellengattungen: Dazu gehören unter anderem die Geschworenen
Briefe, Eide, Ordnungen, Zeugenaussagen, Gerichtsurteile und letztwillige
Verfügungen. Dabei wurde bewusst keine thematische Eingrenzung vorgenommen, im
Unterschied zu den bereits vorliegenden, grundlegenden Editionswerken der
Quellen zur Zürcher Zunftgeschichte (QZZG),
den Quellen zur Zürcher Wirtschaftsgeschichte (QZWG),
den Zürcher Kirchenordnungen (Zürcher
Kirchenordnungen) sowie dem sich auf Zürich beziehenden
ersten Band der Quellen zur Geschichte der Täufer in der Schweiz (QGTS).
Stattdessen werden im Folgenden zur Charakterisierung des Zeitraums der
vorliegenden Edition vier thematische Zugänge skizziert, anhand derer sich die
edierten Stücke kontextualisieren lassen. Diese betreffen die Rechtsräume von
Stadt und Herrschaftsgebiet Zürich (1), die darin handelnden Akteure (2), die
Weisen der Kommunikation von Recht (3) sowie dessen Verschriftlichung (4). Für
einen Überblick über die Chronologie der Ereignisse sei auf die Zeittafeln in
der Zürcher Kantonsgeschichte verwiesen.18 Kartographische Darstellungen
der territorialen Entwicklung des Zürcher Herrschaftsgebiets in Spätmittelalter
und Früher Neuzeit finden sich bei Kläui/Imhof
1951, Tafeln 5-10.
1Rechtsräume
Die in der vorliegenden Editionseinheit versammelten Rechtstexte beziehen sich
allesamt auf bestimmte Rechtsräume, an deren Schaffung und Transformation sie
beteiligt waren. Der wichtigste dieser Räume ist das Gebiet der Stadt Zürich
selbst. Die Weise, wie dieses bereits von den Zeitgenossen als eigenständiger
Rechtsraum wahrgenommen wurde, lässt sich aus der 1576 gedruckten Stadtansicht
des Jos Murer erschliessen.19 Das augenfälligste
Element, das die Stadt von ihrem Umland trennte, ist die bei Murer prominent
dargestellte Stadtmauer mit ihren Türmen und Toren. Die Mauer, wie sie während
des gesamten Zeitraums dieser Editionseinheit Bestand hatte, geht auf das 13.
Jahrhundert zurück. Sie wurde während des 16. Jahrhunderts stellenweise durch
Bollwerke erweitert, wie etwa beim Rennwegtor, blieb ansonsten aber bis zum Bau
der barocken Schanzen im 17. Jahrhunderts im Wesentlichen
unverändert.20 An den Wohnsitz in der Stadt war die
Erlangung des Bürgerrechts gebunden und Frauen wie Männer hatten zur
Verteidigung und Bewachung des Stadtraumes beizutragen.21 Innerhalb des durch die Mauer definierten
Bezirks wurden gewalttätige Auseinandersetzungen als Verletzung des
Stadtfriedens gewertet, und jeder Bürger war durch seinen halbjährlich
geleisteten Eid verpflichtet, Streitigkeiten zu schlichten und auf diese Weise
zur Wiederherstellung des Friedens beizutragen.22 Eine der vorgesehenen Strafen für die
Verletzung des Stadtfriedens durch Verübung eines Totschlags war die einjährige
Verbannung aus der Stadt.23 An ganz bestimmte Orte
innerhalb der städtischen Topographie gebunden war die halbjährliche Leistung
des Bürgereids im Grossmünster, die mit der Amtseinsetzung von Bürgermeister und
Kleinem Rat verbunden war. Am Vortag rief der Ratsschreiber in einem genau
definierten Umritt durch die Stadt die dazu verpflichteten Stadtbürger zur
Teilnahme auf.24 Eigene, den Stadtraum als solchen
auszeichnende Regeln galten auch im wirtschaftlichen Bereich, etwa für den
Handel mit Waren, der an bestimmte Märkte, Plätze und Gebäude gebunden war – so
etwa der Verkauf von Fleisch in der Metzg,25 von Brot in der Brotlaube26 oder von Textilien im Rahmen der beiden städtischen
Jahrmärkte.SSRQ ZH NF I/1/3 69-1 Auswärtige Kaufleute, die den durch die Stadtmauern
begrenzten Bezirk mit ihren Waren betraten, hatten diese ins Kaufhaus zu
transportieren, unterstanden den dortigen Regeln und hatten die entsprechenden
Zölle zu entrichten.27
Der Raum innerhalb der Stadtmauern wurde um das Jahr 1500 von rund 5000 Personen
bewohnt, was Zürich zu einer sogenannten Mittelstadt machte, ungefähr gleich
gross wie Bern, jedoch deutlich kleiner als Basel oder Genf, die beide rund
10’000 Einwohner zählten.28 Berechtigt zur Teilnahme an
den erwähnten Schwörtagen und damit am Stadtregiment waren jedoch nur etwa 1000
Personen, nämlich christliche Männer über 16 Jahre, die im Besitz des
Bürgerrechts waren.29 Von der direkten Mitbestimmung
ausgeschlossen waren damit Frauen, die zwar das Bürgerrecht besassen, jedoch
keine politischen Ämter wahrnehmen konnten, sowie Niedergelassene und Angehörige
der Geistlichkeit. Eine dauernd in der Stadt Zürich wohnhafte jüdische Gemeinde
gab es seit der Vertreibung der 1430er Jahre nicht mehr.30
Abbildung 1: Stadtansicht von Jos Murer (1576), ZBZ 5 Lb 02: 9
Ein erneuter Blick auf den Murerplan zeigt verschiedene Elemente, welche den nur
scheinbar einheitlichen Stadtraum nicht zuletzt auch in rechtlicher Hinsicht in
zahlreiche Untereinheiten gliederten: Zunächst fällt das Augenmerk auf die
Limmat, die für eine Trennung des Siedlungsbereichs in Grössere Stadt am rechten
und Kleinere Stadt am linken Ufer sorgte. Diese beiden Bereiche wurden durch
zwei Brücken verbunden, wobei die ältere Brücke an der engsten Stelle der Limmat
archäologisch bereits in römischer Zeit nachgewiesen ist und ab dem 13.
Jahrhundert als Untere Brücke bezeichnet wurde. Die Obere Brücke befand sich auf
der Höhe der Wasserkirche und lässt sich auf das 11. oder 12. Jahrhundert
datieren.31 Die Brücken bildeten eigene
Rechtsbereiche; sie waren unter anderem Schauplätze des Warenumschlags, aber
auch der Versteigerung von Konkursware im Rahmen von Schuldbetreibungen sowie
der (obrigkeitlich nach der Reformation zunehmend beargwöhnten) Verteilung von
Almosen durch Einzelpersonen.32 Das Wasser der Limmat wurde durch
verschiedene Handwerke und Gewerbe genutzt, deren Tätigkeiten Gegenstand
städtischer Ordnungen war. Dazu gehörte auch die ganz am linken Rand von Murers
Stadtplan deutlich sichtbare, zwischen 1532 und 1536 erbaute neue Papiermühle
auf dem Werd.33
Die bedeutendsten und auch flächenmässig grössten eigenständigen Rechtsräume
innerhalb der Stadtmauern waren jedoch die Klöster und Kirchen. Fraumünster,
Grossmünster und Sankt Peter verfügten über eigene Mauern, die den ihnen eigenen
Immunitätsbezirk abgrenzten und sie auch physisch als Inseln aus dem Rechtsraum
der Stadt heraushoben. Dies galt auch für die ehemalige Königspfalz auf dem
Lindenhof.34 Zwischen Fraumünster, Grossmünster und
dem Lindenhof entstand bis zur Reformation im Rahmen der Palmsonntagsprozession
jeweils eine eigene städtische Sakraltopographie.35 Darin spielten die Äbtissin, die bis 1524 formell
die Herrschaft über die Stadt innehatte, sowie das Grossmünster als Begräbnisort
der Stadtheiligen Felix und Regula eine prominente Rolle. Auch die Männerklöster
der Franziskaner und Dominikaner (mit dem angegliederten, durch die Herzöge von
Zähringen gestifteten Heiliggeistspital) in der Grösseren Stadt sowie das von
Dominikanerschwestern bewohnte Kloster Oetenbach in der Kleineren Stadt stellten
eigene Rechtsbezirke dar, die aus dem restlichen Stadtraum herausgehoben
waren.36 Im Umfeld der Klöster entstanden im Verlauf des
Mittelalters weitere Räume, die in rechtlicher Hinsicht von besonderer Qualität
waren: So hatte sich in der Nachbarschaft der Predigerkirche im 13. und 14.
Jahrhundert ein eigentliches Beginenquartier gebildet. Die in eigenen Häusern
als religiöse Frauengemeinschaften ohne Ablegung eines Gelübdes lebenden Beginen
waren in der Textilbearbeitung tätig und gehörten zwar nicht zum geistlichen
Stand, übernahmen jedoch wichtige Funktionen im Kontext der Krankenpflege und
des Totengedenkens, wofür sie immer wieder zu Empfängerinnen von bedeutenden
Stiftungen wurden. Im Jahr 1491 bestätigte der städtische Rat gegenüber der
Zunft der Leinweber das den Beginen eigene Recht, in ihren Schwesterhäusern
Flachs und Leinen zu weben.37
Die Eigenständigkeit der unter geistlicher Rechtsprechung stehenden Räume zeigt
sich besonders deutlich am Kirchenasyl, das vom städtischen Rat verfolgten
Personen Sicherheit gewährte, wenn sie in einem Gotteshaus oder dem dazu
gehörenden Friedbezirk Zuflucht genommen hatten. Bereits der Richtebrief
garantierte das Asylrecht38 und es wurde auch noch im Jahr 1527
durch den Zürcher Rat grundsätzlich bestätigt.39 Allerdings hatte die städtische Obrigkeit
wenige Jahre zuvor durch Kaiser Karl V. die Erlaubnis erhalten, eben dieses
Recht unter bestimmten Bedingungen aufzuheben und die Strafverfolgung auch auf
die kirchlich geschützten Gebiete auszuweiten.40
Am Beispiel des Kirchenasyls wird eine gewisse Homogenisierungstendenz in Bezug
auf die Rechtsprechung deutlich, im Zuge derer sich der Rat bemühte, seine
Jurisdiktion auf den gesamten Stadtraum auszuweiten und andere, besonders
geistliche, Instanzen der Rechtsprechung zurückzudrängen. Diese Entwicklung
tritt in verschiedenen Stücken der vorliegenden Editionseinheit zu
Tage.41 Die Aufhebung der Klöster im Zuge der Reformation
während der 1520er Jahre stellte in dieser Entwicklung eine wichtige, jedoch
keineswegs die einzige Etappe dar.42
Neben den kirchlichen Rechtsräumen gab es auch Stadtquartiere, die aufgrund der
hohen Fluktuationsrate ihrer zumeist armen Bevölkerung für die städtische
Obrigkeit nur begrenzt zu kontrollieren waren. Dazu zählt namentlich der
sogenannte Kratz, der südlich der Fraumünsterabtei gegen die Stadtmauer hin
gelegen war. Auch hier bemühte sich der Rat gegen Ende des 15. Jahrhunderts um
eine Erhöhung der Regulierungsdichte.43
Weitere Grenzziehungen innerhalb der Stadt stellten die Wachten dar, an denen
sich die Stadtbevölkerung in akuten Notsituation wie dem Eintreten eines
nächtlichen Brandes zu orientieren hatte,44 sowie die Kirchspiele, die unter anderem
darüber bestimmten, wo die Bewohner eines bestimmten Quartieres begraben wurden.
In diesem Zusammenhang wurde anlässlich der Pestepidemie des Jahres 1541 die
Anlegung eines neuen Friedhofs beim Predigerkloster notwendig, was auch eine
detaillierte Neuziehung der diesbezüglichen Grenzen nach sich
zog.45
Weder war der Rechtsraum der Stadt im Innern einheitlich noch war er
abgeschlossen gegen aussen. Der Ring der Stadtmauer war durchbrochen von
Stadttoren, zu deren wichtigsten das Rennwegtor in der Kleineren und das
Niederdorftor in der Grösseren Stadt zählten. Gegen den See hin schloss der
Grendel als Wassertor mit einer dazugehörigen Palisadenreihe, den Schwirren, den
Stadtraum ab und ermöglichte gleichzeitig als wichtige Zollstelle den
Warenverkehr auf dem Seeweg.46 Die nächtliche Schliessung der Stadttore war durch
verschiedene Ordnungen detailliert geregelt. Standen in diesen während des
Spätmittelalters Fragen der Stadtverteidigung und der Feuerpolizei im
Vordergrund, lässt sich mit der Wende zum 16. Jahrhundert eine zunehmende
Regulierungsdichte ausmachen, die auf die Unterbindung einer Reihe nächtlicher
Verhaltensformen wie Schreien und Singen in den Gassen, aber auch in den
Stadtgräben direkt vor der Mauer, abzielte.47 Die Verordnungen betreffend Öffnung und Schliessung
der Stadttore zeigen dabei über die praktische Besorgnis hinsichtlich der
Sicherheit der Stadt und ihrer Bewohner hinaus die Bemühungen von Bürgermeister
und Rat, die Grenzen des städtischen Rechtsraumes und ihre Durchlässigkeit
möglichst zu kontrollieren. Gleichzeitig deuten aber auch die zahlreich
erhaltenen Klagen über unbesetzte, offene oder durch Unbefugte nächtlich
geöffnete Stadttore darauf hin, dass dies längst nicht immer durchzusetzen
war.48
Während die Stadtmauer auf der linksufrigen Seite von einem doppelten
Wassergraben umgeben war, befand sich vor der rechtsufrigen Stadt ein
Landgraben, der bis ins 16. Jahrhundert für den Viehtrieb genutzt wurde und wo
Nussbäume standen. Zudem war er für seine Hirschpopulation bekannt, wovon noch
der heutige Strassenname Hirschengraben zeugt.49 Hinsichtlich der Nutzung
dieses Zwischenraumes am Übergang von der Stadt zur Landschaft existieren
detaillierte Regelungen; dazu gehören das Verbot Nüsse von den dortigen Bäumen
zu schlagen oder Vieh im Stadtgraben (statt in der Metzg) zu schlachten. Diese
Verbote wurden neben anderen anlässlich der halbjährlichen Schwörtage im Münster
verlesen.50
An die Stadtgräben schloss sich ein weiterer rechtlicher Zwischenbereich an, der
in vielerlei Hinsicht dem Stadtraum gleichgestellt war, nämlich das durch die
Stadtkreuze eingefasste Gebiet. Dieses erstreckte sich von der als Klausstud
bezeichneten Säule im See auf der rechtsufrigen Seite bis hin zum Dorf Fluntern,
von dort zur Spanweid über die Limmat hinüber zum Siechenhaus St. Jakob und zur
Dreikönigskapelle am linken Seeufer.51 Innerhalb dieses Bereichs
unterstanden Handwerk und Gewerbe dem Zunftzwang, und es galten die städtischen
Weinmasse für die Entrichtung des Ungelds, der Umsatzsteuer auf Wein.52 Die im Gebiet der Stadtkreuze ansässigen Männer
waren zur Wahl in den Grossen Rat berechtigt, sofern sie zehn Jahre Mitglied in
Konstaffel oder einer der Zünfte gewesen waren oder die Zunftmitgliedschaft von
ihrem Vater ererbt hatten.53 Weiter befanden sich dort die beiden der Aufnahme
von Aussätzigen und weiteren Pflegebedürftigen dienenden Siechenhäuser St.
Moritz an der Spanweid und St. Jakob an der Sihl. Die mit dem Aussatz behafteten
Insassen waren aufgrund ihrer Krankheit bis zu einem gewissen Grad von der
städtischen Gesellschaft ausgeschlossen, trotzdem durften sie sich zu bestimmten
Zeitpunkten des Jahres innerhalb der Stadtmauern zwecks Sammlung von Spenden
zeigen.54 Zudem unterstützte die städtische Bevölkerung
die beiden Siechenhäuser durch namhafte Zuwendungen, die vor der Reformation den
Charakter von Jahrzeitstiftungen, danach denjenigen von Almosen trugen.55 Die städtische Obrigkeit stellte
die beiden kirchlich geführten Häuser gegen Ende des 15. Jahrhunderts unter die
Aufsicht von Pflegern, wodurch sich eine bereits im Zusammenhang der geistlichen
Gerichtsbarkeit angesprochene Ausweitung des Ordnungsanspruchs von Bürgermeister
und Rat zeigt. Im Zug der Reformation wurden die Siechenhäuser dem durch die
Stadt neu geschaffenen Almosenamt einverleibt.56 Ebenfalls vor den Toren
der Stadt, unweit des Siechenhauses St. Jakob, befand sich die auch als
«wallstatt» bezeichnete städtische Hinrichtungsstätte, wo unter
anderem die Enthauptungen vollzogen wurden. Für die Vollstreckung von
Verbrennungen existierte ein separater Ort auf den Schotterbänken der Wilden
Sihl, während der städtische Galgen noch weiter stadtauswärts am heutigen
Letzigraben stand.57
Ausserhalb der Stadtkreuze begann das Gebiet der städtischen Landesherrschaft.
Ist hinsichtlich des durch die Stadtmauern eingefassten Rechtsraumes bereits
festgehalten worden, dass dieser keineswegs homogen war, so trifft dies in noch
höherem Mass auf das durch Zürich beherrschte Territorium zu.
Der Prozess der Bildung eines städtischen Herrschaftsgebiets setzte Mitte des 14.
Jahrhunderts ein, als Ausgangspunkt kann der Erwerb der Höfe Stadelhofen,
Zollikon und Trichtenhausen im Jahr 1357 genannt werden.58 Als veräussernde Partei trat in diesem
Fall wie auch in zahlreichen anderen in der Zeit der frühen Zürcher
Territorialisierung das Geschlecht der Mülner auf, eine aus dem Dienstadel des
Fraumünsters stammende Familie, die im 13. und 14. Jahrhundert unter der
Schirmherrschaft der Habsburger in den Besitz zahlreicher Gerichts- und
Herrschaftsrechte in der Umgebung der Stadt gelangt war.59 Mit dem Rückgang des
habsburgischen Einflusses im östlichen Mittelland, nicht zuletzt vor dem
Hintergrund der Auseinandersetzungen mit der Eidgenossenschaft, wurde eine
wachsende Zahl solcher Herrschaftsrechte durch Zürich pfandweise aufgekauft. Die
Trennung zwischen städtischen Erwerbungen und denjenigen einzelner aufstrebender
Zürcher Adelsfamilien wie den Schwend, Meyer von Knonau und Meiss, die
einerseits als Gerichtsherren auf der Landschaft, andererseits als Ratsherren in
der Stadt auftraten und als finanzkräftige Handelsherren bürgerlichen
Tätigkeiten nachgingen, war dabei nicht klar gezogen.
Meilensteine des sich zunächst in der Umgebung der Stadt und entlang des
Zürichsees entfaltenden Erwerbs von Herrschaftsrechten war der Kauf von
Küsnacht, Meilen und Höngg im Jahr 1384 sowie von Männedorf und Horgen in den
Jahren 1405/06. Bereits 1402 war die Grafschaft Greifensee durch Pfand von den
Toggenburgern an die Stadt Zürich gelangt.60 Hebel der Ausweitung des städtischen Einflusses auf
der Landschaft waren gerade an der Wende zum 15. Jahrhunderts die Aufnahme von
Ausburgern und der Abschluss von Burgrechtsverträgen mit bedeutenden Klöstern
wie Kappel und Wettingen, die sich auf diese Weise den Schutz der Stadt und den
Zugang zu ihren Märkten sicherten, dieser umgekehrt aber auch einen wachsenden
Zugriff auf ihre umfangreichen Besitzungen garantierten.61 Dies galt auch für
Adelsfamilien wie die Gessler, die als Träger des österreichischen Pfandes der
Grafschaft Grüningen fungierten und seit 1406 im Burgrecht mit Zürich standen.
1408 übertrugen sie das Pfand an die Stadt, wo es auch verbleiben
sollte.62 In den 1410er und 1420er Jahren
profitierte Zürich zudem, wie andere eidgenössische Orte auch, von einem guten
Einvernehmen mit dem luxemburgischen Königtum, indem Sigismund der
Zurückdrängung des habsburgischen Herrschaftsbereichs reichsrechtliche
Legitimation bot. So gelangte 1415 das Freiamt durch kriegerische Eroberung und
1424 die Grafschaft Kyburg durch erzwungene Pfandnahme von den Habsburgern an
Zürich, wobei letztere das städtische Herrschaftsgebiet um rund die Hälfte
vergrösserte. Bis zum Beginn Alten Zürichkrieges im Jahr 1436 war somit bereits
ein wesentlicher Teil der Zürcher Landschaft, wie sie bis zum Ende des Ancien
Régimes bestand, im Besitz der Stadt. Zwar brachte die Niederlage im Alten
Zürichkrieg den vorübergehenden Verlust fast der ganzen Herrschaft, wobei auch
Kyburg wiederum an Habsburg abgetreten werden musste, im Austausch für die
militärische Unterstützung gegen die eidgenössischen Orte.63 Dies konnte zwar mit
dem Friedensschluss von 1450 – bis auf den Verlust der Höfe Pfäffikon und
Wollerau an Schwyz – wieder rückgängig gemacht werden. Dennoch war die Expansion
der Zürcher Herrschaft damit im Wesentlichen gestoppt.
Der mit dem Jahr 1460 einsetzende Zeitraum der vorliegenden Editionseinheit
stellt damit im Wesentlichen nicht eine Phase der Erweiterung nach aussen dar,
sondern der Intensivierung und Zentralisierung von Herrschaft sowie der
Schliessung von Lücken gegen innen. 1467 erfolgte der Erwerb der Stadt
Winterthur, die seit 1424 eine Enklave im Zürcher Gebiet dargestellt hatte, als
Pfand von Herzog Sigismund von Habsburg für 10’000 Gulden. Winterthur konnte
sich auch unter Zürcher Herrschaft wichtige Privilegien erhalten und der dortige
Rat unterhielt noch über längere Zeit intensive Beziehungen zum habsburgischen
Hof.64
In die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts fallen sodann Bemühungen seitens der
Stadt, die Aufgaben und Einkünfte ihrer Landvögte zu vereinheitlichten. Das
Zürcher Herrschaftsgebiet war seit dem Beginn des 15. Jahrhunderts in die
stadtnahen Obervogteien und die weiter entfernten Landvogteien
unterteilt.65 Im ersten Viertel des 16.
Jahrhunderts bestanden 20 Ober- und 7 Landvogteien.66 Während die Obervogteien durch in
der Stadt residierende Vögte verwaltet wurden, die gleichzeitig Mitglied des
Kleinen Rates waren, galt für die Landvögte eine Residenzpflicht auf ihren
ländlichen Herrschaftssitzen, so dass Kleinräte in der Regel dieses Amt ruhen
liessen, während sie eine Landvogtei versahen. Waren noch zu Beginn des 15.
Jahrhunderts jeweils Anstellungsverträge mit Vögten ad personam geschlossen
worden, die sich je nach Landvogtei stark voneinander unterschieden, wurden im
Zeitraum der Editionseinheit erstmals einheitliche Vorgaben getroffen, die auch
Eide und Spesenansprüche der Vögte regelten.67 Dabei ist zu beobachten, dass sich die frühen, in den
1460er Jahren getroffenen Vogtordnungen noch deutlich von den späteren
unterscheiden.68 Besonders hinsichtlich der
Rechnungslegung der Vögte über die mit ihrem Amt verbundenen Einnahmen fanden
während des 16. Jahrhunderts einschneidende Veränderungen statt: Existierten
zunächst nur ad hoc eingesetzte Rechnungsprüfungskommissionen sowie pauschale
Angaben zu den Beträgen, welche die Vögte berechtigt waren, sich selbst als
Aufwandsentschädigungen auszuzahlen, wurden um 1500 detaillierte Tarifordnungen
ausgearbeitet. Zudem etablierte sich bis zum Beginn des 1530er Jahre das Gremium
der Rechenherren, das die Kontrolle der Vogteirechnungen und die Sicherstellung
der städtischen Einkünfte zum Zweck hatte.69 Hinsichtlich Wahl und Amtszeiten der Landvögte
herrschte noch bis Mitte des 16. Jahrhunderts eine uneinheitliche
Praxis.70 In die 1550er Jahre fällt eine
umfassende Neuordnung der Finanzverwaltung der Landvogteien, aus der auch ein
revidierter Eid für die Vögte hervorging.71 Im Zeitraum der vorliegenden Editionseinheit
ist somit ein Prozess zu beobachten, in Zuge dessen aus jeweils individuell
eingestellten Landvögten, die als Nachfolger der zuvor meist habsburgischen
Herrschaft auf den Burgen der Landschaft residierten, zunehmend städtische
Amtsträger wurden, die über (bis zu einem gewissen Grad) einheitliche Eide und
Pflichtenhefte verfügten. Dennoch blieben gerade in Bezug auf die durch die
Landvögte verwalteten Einkünfte und Besitztümer erhebliche Unterschiede zwischen
den Landvogteien erhalten, was sich auch auf die Rentabilität des jeweiligen
Amtes für dessen Träger niederschlug.72
Parallel dazu verlief während desselben Zeitraums die Zentralisierung städtischer
Herrschaft. Wie ihre Rechtsvorgänger traf die Stadt Zürich während des Aufbaus
ihres Untertanengebietes im 14. und 15. Jahrhundert auf der Landschaft auf ein
Bündel an Herrschafts- und Nutzungsrechten, von denen sie in den wenigsten
Fällen von Beginn weg alle in ihrer Hand vereinigen konnte. Während Zürich bis
1500 fast im ganzen nachmaligen Kantonsgebiet die Hochgerichtsbarkeit erlangt
hatte, blieben im Bereich der Niedergerichtsbarkeit zahlreiche weitere
Herrschaftsträger präsent: Dazu gehörten nicht zuletzt Vertreter städtischer
Familien, die sich an der Ratspolitik beteiligten, gleichzeitig aber auch als
Gerichtsherren auf der Landschaft einen adligen Lebensstil pflegten und
Herrschaft ausübten. Daneben hatten jedoch auch auswärtige Adelsgeschlechter
sowie geistliche Herren und Klöster bedeutende Gerichtsherrschaften inne; dazu
gehörten bis zur Reformation auch Grossmünster und Fraumünster.73
Eine Gerichtsherrschaft beinhaltete meist nicht nur die Befugnis, über Straftaten
der niederen Gerichtsbarkeit zu urteilen und die dazu gehörenden Bussen
einzunehmen, sondern umfasste auch Grundbesitz mit dem Anrecht auf Zinsen und
Gülten sowie Nutzungsrechte an Fischenzen und das Jagdprivileg.74 Deshalb
argumentierte der Zürcher Rat in seiner Replik auf die Forderung der Bauern im
Jahr 1525, welche die Abschaffung des Zehnten forderten, in der Sache durchaus
richtig, wenn er erklärte, dass er zur Befreiung von dieser Abgabe in seinem
Herrschaftsgebiet gar nicht alleine befugt sei, da neben der Stadt selbst eine
Vielzahl weiterer Herren und Klöster im Besitz von Zehntenrechten
seien.75 Die Existenz von
Gerichtsherrschaften auf der Zürcher Herrschaft dauerte bis zum Ende des Ancien
Régime an, 1798 bestanden noch rund ein Dutzend.76 Dennoch suchte der Zürcher Rat
während des letzten Drittels des 15. Jahrhunderts, besonders aber während der
1480er Jahre, ihre Träger enger an das städtische Regiment zu binden und
allgemein seinen Zugriff auf die dortige Bevölkerung auszuweiten. In diesen
Kontext gehört die Ausarbeitung eines Lehensmandats im Jahr 1474 sowie die 1487
erlassene Verordnung, wonach Gerichtsherren ihre Rechte verschriftlichen und vom
Rat bestätigen lassen mussten, ansonsten sie ihre Gültigkeit verlieren
sollten.77 Dies verweist auch darauf, dass die
städtische Obrigkeit im Verlauf des Territorialisierungsprozesses allmählich
eigene Kanzleipraktiken zur Verschriftlichung, Sammlung und Ordnung von
Rechtsverhältnissen entwickelte.78 Für nicht verburgrechtete, aber im städtischen
Herrschaftsgebiet sitzende Adlige erliess der Rat während der 1480er Jahre zudem
einen Eid, der diese auf das Zürcher Regiment und namentlich auf die
Bestimmungen des Geschworenen Briefs verpflichten sollte.79 Nach dem Waldmannhandel des Jahres 1489 suchte ein
Teil der Adligen unter Führung von Ritter Johann von Landenberg vergeblich, sich
dieses Eides wieder zu entledigen. Ein Mandat zur Beschränkung des Aufwands bei
Hochzeiten und anderen Anlässen, das in der Nachfolge älterer Luxusordnungen
stand, nun aber sowohl für die Stadt als auch für alle Teile der Landschaft
Gültigkeit beanspruchte, wurde im Jahr 1488 erlassen, jedoch im Rahmen der
sogenannten Waldmannschen Spruchbriefe, die durch eidgenössische Vermittler
ausgearbeitet worden waren, wiederum ausser Kraft gesetzt.80
Die Auseinandersetzung um den Eid der Adligen sowie die Aufhebung des
Luxusmandats verweisen darauf, dass der im Zeitraum der vorliegenden
Editionseinheit stattfindende Prozess der Intensivierung und Zentralisierung von
Herrschaft keineswegs geradlinig verlief, sondern von Aushandlungen und
Konflikten geprägt war. Standen im Waldmannhandel des Jahres 1489 in erster
Linie wirtschaftliche Differenzen zwischen Stadt und Landschaft im Vordergrund,
gab 1515 die schon länger umstrittene Frage der Entgegennahme von Pensionen
seitens der städtischen Führungsschicht Anlass für einen Aufstand des
Untertanengebiets gegen die Stadt.81 Nach der Reformation und dem verlorenen Zweiten
Kappelerkrieg fanden sich Teile der Landschaft zu Gemeindeversammlungen zusammen
und drohten der Stadt, mit den verfeindeten katholischen Orten einen
Separatfrieden zu schliessen. In der zeitgenössisch als Pfaffenbrief, später als
Kappelerbrief bezeichneten Übereinkunft setzte die Landbevölkerung eine
Konsultationspflicht der Untertanengebiete bei Entscheidungen über Krieg und
Frieden durch.82 Somit ereigneten sich zwischen 1489 und
1532 im Zeitraum von rund vier Jahrzehnten drei tiefgreifende
Auseinandersetzungen zwischen der Stadt Zürich und ihrem Herrschaftsgebiet. Das
Verhältnis zwischen diesen beiden Parteien ist entsprechend ein zentraler
thematischer Schwerpunkt der vorliegenden Editionseinheit. Jedoch waren die
Ereignisse von 1532 gleichzeitig auch bis zum Ende des Ancien Régime das letzte
Mal, dass die Zürcher Landschaft geeint handelte, um der Obrigkeit
Zugeständnisse abzuringen.
Die Aushandlung des Verhältnisses zwischen Stadt und Landschaft ging auch mit der
Entwicklung von Formen der Kommunikation zwischen den beteiligten Parteien
einher. Die wichtigste davon war das von der Stadt seit den 1490er Jahren
verwendete Instrument der Ämterbefragungen, die zunächst vor allem in
Zusammenhang mit den umstrittenen Themen Reislauf und Pensionen zum Einsatz
kamen.83 Während zunächst vor allem über bereits
getroffene Entscheidungen informiert wurde, ging man in einem zweiten Schritt zu
eigentlichen Befragungen über, wobei auch die Antworten der Gemeinden auf dem
Land ausführlich verschriftlicht wurden.84 Vergleichbare Kommunikationsformen
entwickelten sich während derselben Zeit auch in anderen eidgenössischen Orten
wie Bern und Luzern.85 Die Zürcher Befragungen wurden
in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts seltener und kamen seit dem 17.
Jahrhundert vollständig zum Erliegen. Von diesem zunehmend einseitigen
Verhältnis zwischen Obrigkeit und Untertanen zeugen die frühneuzeitlichen
gedruckten sogenannten Landmandate, in denen die Stadt ihr Herrschaftsgebiet als
geschlossenen Rechtsraum ansprach, innerhalb dessen ihre Anordnungen im Prinzip
uneingeschränkt Gültigkeit beanspruchten.86
Um über das eigene Herrschaftsgebiet hinausreichende Rechtsräume zu schaffen,
namentlich um das sichere Geleit von Kaufleuten und die Kontinuität des
Warentransports garantieren zu können, war Zürich auf die Kooperation mit
benachbarten Mächten angewiesen. Dies zeigt sich besonders deutlich am Beispiel
des Wasserwegs via Obersee, Linth und Walensee zu den Pässen Graubündens und
letztlich nach Italien, der seit dem Spätmittelalter für die Handelspolitik
Zürichs eine hervorragende Bedeutung besass. Seit der Alte Zürichkrieg den
militärischen Einfluss der Stadt in dieser Region zurückgedrängt hatte, schloss
Zürich wiederholt Schifffahrtsverträge mit Schwyz und Glarus ab, die ihrerseits
die Herrschaft über die Schiffleute von Walenstadt und Weesen ausübten.87
2Akteure
Das oben erwähnte Instrument der Ämteranfragen verweist darauf, dass im Zeitraum
der vorliegenden Editionseinheit Rechtsetzung kein einseitiger Prozess, sondern
eingebettet in Kommunikationssituationen war, in deren Verlauf sich verschiedene
Parteien einschalten konnten, durchaus auch in sich widersprechender Weise.
Entlang der edierten Stücke lässt sich die Vielfalt der involvierten Akteure
benennen. Die im Folgenden dargestellten Mengenverhältnisse sind zwar auch von
der Auswahl der Stücke bedingt. Dennoch lassen sich grobe Tendenzen ausmachen,
die mit Blick auf weiterreichende gesellschaftliche Entwicklungen im 15. und 16.
Jahrhundert eingeordnet werden können.
Die durch Bürgermeister, Kleinen und Grossen Rat erlassenen Rechtssatzungen
stellen innerhalb der vorgenommenen Auswahl klar die Mehrheit dar (173 von 195
edierten Stücken). Dies reflektiert die oben bereits ausgeführte Tendenz, dass
die städtische Obrigkeit sich zwischen 1460 und der Mitte des 16. Jahrhunderts
allmählich als alleinige Instanz in Stadt und Herrschaftsgebiet Zürich
durchsetzte, die für sich in Anspruch nehmen konnte, Recht zu setzen und zu
sprechen. Auch innerhalb des städtischen Regiments sind jedoch mehrere Instanzen
voneinander zu unterscheiden. In der vorliegenden Auswahl anteilsmässig am
häufigsten sind diejenigen Rechtstexte, die von Bürgermeister, Kleinem und
Grossem Rat (auch bezeichnet als «die Zweihundert») gemeinsam verabschiedet
wurden (58 Stücke). Am zweithäufigsten treten Bürgermeister und Kleiner Rat
alleine als rechtssetzendes Organ auf (34 Stücke). In zusätzlichen acht Fällen
wird das Gremium der Zunftmeister neben Bürgermeister, Kleinem und Grossem Rat
eigens erwähnt. Zweimal wird neben den erwähnten Gremien auch die gesamte
Stadtgemeinde als beschlussfassendes Organ erwähnt, nämlich im Fall der beiden
in den Zeitraum der Edition fallenden Geschworenen Briefe von 1489 und
1498.88 In 62 Fällen wird kein rechtssetzendes Organ
explizit genannt, die Urheberschaft dieser Rechtstexte aus dem Umfeld der
städtischen Obrigkeit lässt sich aus dem Kontext ihrer Überlieferung jedoch
erschliessen. Dies trifft vor allem für die in den Anhängen zum Vierten und
Fünften Geschworenen Brief sowie in den 1516-1518 und 1539-1541
verschriftlichten Satzungsbüchern enthaltenen Texte zu.89 In diesen Stücken spricht die
rechtssetzende Instanz meist in der ersten Person Plural, wobei Formulierungen
wie «Wir haben uns ouch erkendt»90 verwendet werden, ohne dass das dahinterstehende
Gremium näher benannt würde.
Hinsichtlich Zusammensetzung und Kompetenzen von Grossem und Kleinem Rat sowie
des Zunftmeisterkollegiums ergaben sich im Zeitraum der Editionseinheit gewisse
Verschiebungen. So stammen die Fälle, in denen die Zunftmeister neben den Räten
eigenständig genannt werden, allesamt aus dem 15. Jahrhundert.91 Dies ist damit zu erklären, dass der
Fünfte Geschworene Brief die Aufgaben des Zunftmeisterkollegiums im Wesentlichen
auf gewerbliche Fragen eingrenzte, während vor dieser Änderung die Zunftmeister
eigenständig neben dem Kleinen Rat als rechtssetzende Instanz in Erscheinung
treten.92 Die Zusammensetzung des
Grossen Rats legte der Geschworene Brief von 1489 folgendermassen fest: Je zwölf
Abgeordnete der Zünfte (die Zwölfer) wurden durch 24 Mitglieder der Konstaffel
ergänzt, dazu kamen die 50 Mitglieder des Kleinen Rats. Die Revision des Jahres
1498 reduzierte jedoch den Anteil der Konstaffel am Grossen Rat auf 18 Personen.
Dies entsprach der Tendenz des 15. Jahrhunderts, welche die Vertretung dieser
Gesellschaft in den Räten zunehmend derjenigen der Zünfte annäherte. Damit
einher ging auch eine gesellschaftliche Angleichung, da um 1500 sowohl
Konstaffel als auch Zünfte durch wohlhabende Familien dominiert wurden, die sich
im Handel sowie in der Ausübung von Gerichtsrechten und Vogteiämtern auf der
Landschaft betätigten, so dass die Trennung zwischen der ehemals adlig geprägten
Konstaffel und den handwerklich orientierten Zünften verschwand.93
Der Kleine Rat umfasste neben den beiden Bürgermeistern je zwei Vertreter jeder
Zunft (die 24 Zunftmeister), vier Mitglieder der Konstaffel und 20 Ratsherren,
von denen 12 einer Zunft und zwei der Konstaffel angehörten. Sechs Ratsherren
waren sogenannt «freier Wahl», konnten also aus Konstaffel oder Zünften
gewählt werden. Die beiden Bürgermeister sowie die 20 Ratsherren des Kleinen
Rates wurden vom Grossen Rat gewählt, während die Versammlungen der
Zunftmitglieder sowie der Konstaffel die Zunftmeister und Konstaffelherren
bestimmten. Der Kleine Rat war unterteilt in zwei Hälften (Natal- und
Baptistalrat), die sich zusammen mit dem vorsitzenden Bürgermeister jeweils
halbjährlich im Juni und im Dezember abwechselten.94 Die Mitglieder
des Kleinen Rats hatten sich bei jeder zweiten Ablösung der Wiederwahl zu
stellen, wobei ihre Bestätigung die Regel war.95 Oftmals tagten Natal- und
Baptistalrat zusammen, worauf sich die in zahlreichen der edierten Stücke
verwendete Formulierung «Bürgermeister und (beide) Räte» bezieht.96 Dem Kleinen Rat gehörten mit dem
Bürgermeister, den Säckelmeistern und den Oberstzunftmeistern die wichtigsten
Amtsträger der Stadt an. Er fasste hinsichtlich seiner eigenen Amtstätigkeit im
ersten Viertel des 16. Jahrhunderts mehrere Bestimmungen zu einer eigentlichen
Geschäftsordnung zusammen, die namentlich auch festlegte, welche Geschäfte an
welchen Tagen zu behandeln und wie die Debatten im Rat zu führen waren. Weiter
wurde geregelt, unter welchen Bedingungen Ratsmitglieder in den Ausstand zu
treten hatten.97
Zusammen zählten Kleiner und Grosser Rat dem Fünften Geschworenen Brief zufolge
212 Mitglieder. Von den rund 1000 Bürgern im Alter über 16 Jahre war damit zwar
ein relativ hoher Anteil in irgendeiner Form am Regiment beteiligt, die aus
Frauen und Nichtbürgern gebildete Mehrheit blieb jedoch
ausgeschlossen.98
Die Kompetenzenteilung zwischen Kleinem und Grossem Rat wurde 1489 erstmals
explizit geregelt.99 Dabei war vorgesehen, dass bei gewichtigen
Fragen wie der Einführung neuer Steuern, dem Erwerb von Land und Leuten, dem
Abschluss von Bündnissen, bei Entscheidungen über Krieg und Frieden sowie in der
Münzgesetzgebung die Zweihundert beigezogen werden mussten. Die täglichen
Regierungsgeschäfte hingegen wurden vom Kleinen Rat besorgt. Dessen Mitgliedern
stand es jedoch frei, bei Bedarf Fragen an den Grossen Rat zur weiteren Beratung
zu überweisen.100 Die Festlegung derjenigen Geschäfte, die nicht ohne
den Grossen Rat entschieden werden durften, zeugt von dessen Stärkung im
Anschluss an den Waldmannhandel des Jahres 1489.101 Allerdings ist der Grundsatz,
wonach bei Entscheiden der Aussen- und Bündnispolitik der Grosse Rat oder sogar
die Bürgergemeinde einberufen werden sollte, schon für das frühe 15. Jahrhundert
belegt.102 Der Grosse Rat wählte auch
die meisten niederen städtischen Beamteten.103 Im Zeitraum vom Vierten
Geschworenen Brief bis zum Zweiten Kappelerkrieg tagte er verhältnismässig oft,
was sich auch im hohen Anteil der vom ihm verabschiedeten Ordnungen innerhalb
der vorliegenden Edition niederschlägt. Der Hintergrund dafür dürfte nicht
zuletzt auch in der Reformation der 1520er Jahre und den damit
zusammenhängenden, wegweisenden Entscheidungen zu suchen sein, vor die sich das
Stadtregiment gestellt sah. Ab der Jahrhundertmitte ging sein Einfluss jedoch
zurück und er wurde bis in die ersten Jahrzehnte des 17. Jahrhunderts nur wenige
Male einberufen; politische Fragen entschied in dieser Zeit oftmals der Kleine
Rat alleine, respektive aus ihm gebildete Sonderkommissionen.104 Bereits im Zeitraum der
vorliegenden Editionseinheit lässt sich aber beobachten, dass Ordnungen zwar vom
Grossen Rat mitverabschiedet, jedoch auf Beschlüssen von mehrheitlich aus
Mitgliedern des Kleinen Rates gebildeten Kommissionen beruhten.105
Neben seiner Eigenschaft als Träger der Regierungsgewalt war der Kleine Rat
zudem, gemeinsam mit dem Stadtgericht, die wichtigste Instanz der Judikative im
Zeitraum der vorliegenden Editionseinheit. Er urteilte hauptsächlich über
Schlaghändel, Beleidigungen, Friedensbrüche, Eigentums- und
Betrugsdelikte.106 Mehrere normative Texte regelten
zu diesem Zweck die Abhaltung von Gerichtstagen durch den
Bürgermeister.107 Dabei wurde unterschieden zwischen dem
Klageverfahren, bei dem von Einzelpersonen gegen Dritte Klage erhoben wurde, und
dem Nachgangsverfahren, innerhalb dessen der Kleine Rat selbst die Untersuchung
eröffnete und Zeugen befragte.108 Der Kleine Rat wirkte zudem als Appellationsinstanz
für sämtliche untergeordneten Gerichte, wozu auch diejenigen auf der Landschaft
gehörten.109
Neben dem Rat stellte das Stadtgericht die zweite wichtige gerichtliche Instanz
dar. Es war für Sach- und Geldstreitigkeiten zuständig, wobei namentlich
Schuldbetreibungen, aber auch Erbschaftsangelegenheiten vor diesem Gericht
verhandelt wurden. Während die Fürsprecher des Stadtgerichts vom Kleinen Rat
bestimmt wurden, hatte dieser für den das Gericht präsidierenden Schultheissen
bis zur Reformation nur das Vorschlagsrecht inne, während die Ernennung durch
die Äbtissin des Fraumünsters erfolgte.110 Über die verschiedenen, vom
Verfahrensablauf her oftmals komplexen Formen des Betreibungsverfahrens haben
sich mehrere Ordnungen erhalten, wobei die bedeutendste von Schultheiss Heinrich
Effinger stammt.111
Die Kompetenz, über Fälle der Hochgerichtsbarkeit zu urteilen und Todesstrafen
auszusprechen, hatte der Zürcher Rat im Jahr 1400 erhalten. Zuvor war die
Urteilsfällung in solch schwerwiegenden Fällen dem auf dem Lindenhof tagenden
Reichsvogteigericht vorbehalten gewesen. Fortan übte die jeweils amtierende
Hälfte des Kleinen Rats die Blutgerichtsbarkeit aus und aus seinem Kreis wurde
auch der Reichsvogt bestimmt, der den Vorsitz über dieses Gericht
ausübte.112 Vom Reichsvogt besiegelt wurden auch die drei
in dieser Editionseinheit edierten Todesurteile, nämlich gegen Ritter Richard
Puller von Hohenburg wegen Homosexualität,113 gegen Verena Diener wegen Hexerei114 sowie gegen den wegen Verbreitung des
Täufertums hingerichteten Felix Manz.115
Mit 27 Stücken sind neben Bürgermeister und Räten auch andere rechtssetzende
Instanzen in der vorliegenden Editionseinheit prominent vertreten. An erster
Stelle zu nennen sind in diesem Zusammenhang die beiden Bullen Papst Sixtus’ IV.
aus dem Jahr 1479. Der durch den Papst gewährte, während fünf Jahren andauernde
ausserordentliche Ablass diente der Renovation von Fraumünster und Grossmünster
sowie dem Neubau der Wasserkirche.116 Das wesentlich der Bündnispolitik Sixtus’ IV. und
seiner Bemühung um militärische Unterstützung durch die Eidgenossen geschuldete
Privileg trug dazu bei, den baulichen Rückstand einzuholen, den sich die Stadt
seit der Mitte des Jahrhunderts aufgrund der Nachwirkungen des verlorenen Alten
Zürichkriegs eingehandelt hatte. Die päpstliche Ablassurkunde war zudem ein
wichtiger Impulsgeber für die frühe Druckgeschichte Zürichs.117 Die
zweite Papsturkunde betrifft die Vergabe der Pfründen am
Grossmünster.118 Indem das Kirchenoberhaupt das
ihm zustehende Vorschlagsrecht für Pfründen, die in ungeraden Monaten frei
wurden, an den städtischen Rat übertrug, sicherte er diesem die Einflussnahme
auf die personelle Zusammensetzung des reich begüterten Chorherrenstifts und
verstärkte die sich anbahnende Einflussnahme der weltlichen Obrigkeit auf die
geistlichen Körperschaften im Zürcher Herrschaftsbereich. Gegenüber dem unter
anderem von Emil Egli geprägten Begriff eines mit dieser Urkunde begründeten und
in der Reformation vollendeten «Staatskirchenrechts»119 ist jedoch festzuhalten, dass gerade in dieser
frühen Phase die Einflussnahme des Rates durch ein Zusammengehen mit den
übergeordneten kirchlichen Gewalten bedingt war.
Oberster weltlicher Herr über Zürich, das in Folge des Aussterbens der Zähringer
1218 zur Reichsstadt aufgestiegen war, war im gesamten Zeitraum der vorliegenden
Editionseinheit der römisch-deutsche König. Jeweils anlässlich eines
Herrscherwechsels bemühte sich die Stadt deshalb um die Bestätigung ihrer
hergebrachten Rechte, wobei zwischen der Wahl eines neuen Königs und der
Ausstellung der entsprechenden Urkunde unter Umständen geraume Zeit verstreichen
konnte. So erlangte Zürich die Bestätigung seiner Rechte durch Karl V. erst fünf
Jahre nach dessen Wahl zum König im Jahr 1519. Es handelt sich dabei um
insgesamt sechs Privilegien, welche die wichtigsten Herrschafts- und
Gerichtsrechte sowie die städtischen Rechtssatzungen bestätigten.120 Sie zeigen die auch in der ersten Hälfte
des 16. Jahrhunderts noch grundlegende Bedeutung des Reichs für die Legitimation
der Stadtherrschaft. Erst nach der Jahrhundertmitte verzichtete auch Zürich auf
einzelörtische Privilegienbestätigungen und erwirkte zusammen mit den anderen 12
eidgenössischen Orten eine Gesamtbestätigung, was nicht zuletzt die wachsende
(Selbst-)Wahrnehmung der Eidgenossenschaft als Einheit illustriert.
Im Vergleich zu Papst und Kaiser näher an der Stadt und für das alltägliche
Rechtsleben auch bedeutender war der Bischof von Konstanz. In seine
Gerichtsbarkeit fiel bis zur Reformation der Bereich des
Matrimonialrechts.121 So war denn auch der Weg vor das bischöfliche Gericht
in Konstanz zwecks Verhandlung von Ehesachen ausdrücklich vom im Neubürgereid
enthaltenen Verbot ausgenommen, Angehörige Zürichs vor fremde Gerichte zu
ziehen.122 Güter- und erbrechtliche Aspekte
der Ehe wie die Verfügungsgewalt über die Morgengabe, die Ausrichtung von Witwen
oder die Haftung von Eheleuten für Schulden ihres Partners lagen hingegen in der
Kompetenz des Rats.123
Mit dem Erlass des ersten gedruckten Ehemandats im Jahr 1525124 sowie der Einrichtung des Ehegerichts im Zug der
Reformation fiel schliesslich die gesamte Ehegerichtsbarkeit in die Kompetenz
der städtischen Obrigkeit. Als Eherichter tätig waren fortan jeweils je zwei
Mitglieder des Kleinen und des Grossen Rates sowie zwei städtische
Pfarrer.125 Das Ehegericht beanspruchte über eherechtliche
Fragen im engeren Sinn hinaus eine beaufsichtigende Funktion in Fragen der
Lebensführung und Sexualität.126 Im ländlichen Herrschaftsgebiet erfüllte
der sogenannte Stillstand, der aus den örtlichen Pfarrern und den von den
Gemeinden gewählten Ehegaumern gebildet war, eine vergleichbare
Funktion.127 Mit der reformierten Ehetheologie wurden zudem
Scheidungen möglich, diese fielen ebenfalls in die Kompetenz des
Ehegerichts.128
Neben der Ehegerichtsbarkeit war der Bischof vor der Reformation auch an der
Aburteilung von Streitfällen zwischen Laien und Geistlichen im Zürcher
Herrschaftsgebiet beteiligt. Grundlegende Bestimmungen dazu finden sich bereits
im Richtebrief.129 Gemäss einem 1506 abgeschlossenen
und 1523 durch Zürich aufgekündigten Vertrag blieb dem Bischof die
Hochgerichtsbarkeit über Geistliche vorbehalten, und sämtliche gegen sie
ausgesprochenen Bussen gingen an ihn.130 Auch bei Streitigkeiten zwischen Bürgermeister und
Rat und der Inhaberin der Stadtherrschaft, der Äbtissin des Fraumünsters,
fungierte der Bischof als Rekursinstanz. So entschied er im Jahr 1470 die
Auseinandersetzung zwischen diesen beiden Parteien um die Ernennung des
Amtsmannes des Fraumünsters im Sinne des Rats.131
Unter den Herrschaftsrechten der Äbtissin des Fraumünsters sind an erster Stelle
das Münzrecht sowie die bereits erwähnte Kompetenz, den Schultheissen des
Stadtgerichts einzusetzen, zu nennen. Hatte der Rat im Verlauf des 14.
Jahrhunderts bereits zeitweise das Münzrecht von der Äbtissin gepachtet, erhielt
er es im Jahr 1425 durch Kaiser Sigismund verliehen, sodass fortan Äbtissin und
Rat beide zum Schlagen von Münzen berechtigt waren.132 Sowohl Fraumünster als auch Grossmünster
traten zudem neben der Stadt als Träger von Herrschaft auf der Landschaft auf;
so hatte das Grossmünster an mehreren Orten die Hochgerichtsbarkeit inne und
verfügte entsprechend über einen eigenen Galgen auf dem
Zürichberg.133 Die beiden geistlichen
Körperschaften besassen zur Verwaltung ihrer Besitzungen und Einkünfte
selbstständige Einrichtungen mit einer eigenen Schriftlichkeit.134 Während Äbtissin Katharina von Zimmern
im Jahr 1524 der Aufhebung ihres Klosters zustimmte und die Übertragung von
dessen Rechten und Besitzungen an Bürgermeister und Rat vornahm,135 blieb das Grossmünsterstift über die
Reformation hinaus als selbstständige Körperschaft erhalten, wenn es auch
sämtliche Gerichtsrechte abgeben musste.136 Zentrale Bedeutung kam ihm mit seiner
Lateinschule und der im Verlauf der 1520er Jahre eingerichteten Hohen Schule
fortan namentlich als Ausbildungsort der reformierten Pfarrerschaft zu.137 Als nach dem
verlorenen Zweiten Kappelerkrieg zur Sanierung der Stadtfinanzen die ökonomische
Selbstständigkeit des Stifts aufgehoben werden sollte, wandte sich Antistes
Heinrich Bullinger in einem Fürtrag (Vortrag) vor dem Rat erfolgreich
dagegen.138 Das in der Folge mehrfach zum
Einsatz gekommene Instrument der Fürträge verweist darauf, dass die reformierte
Pfarrerschaft bei wichtigen gesellschaftlichen Entscheidungen durchaus auch zum
Widerspruch bereit war.139
Eine ebenfalls der städtischen Obrigkeit nahestehende, jedoch eigenständige
Position vertraten die Zünfte und Gesellschaften. Bürgermeister und Rat gaben
Leitlinien hinsichtlich der Abgrenzung der verschiedenen Gewerbebereiche und der
Einteilung der Handwerke vor. Dies geschah einerseits in den Geschworenen
Briefen, andererseits aber auch in den 1336 erstmals erlassenen und 1490
erneuerten Zunftbriefen.140 In konkrete Fragen griff die städtische
Obrigkeit vor allem dann ein, wenn es um Lebensmittelversorgung und
Qualitätskontrolle ging, namentlich durch die Setzung von Preisen für Brot und
Fleisch, die Ausübung der Marktkontrolle sowie in Fragen des
Stadtbaus.141 In den meisten Angelegenheiten
von Handwerk und Gewerbe dominierte aber die zunftinterne Gerichtsbarkeit, deren
oberste Instanz das Gremium der Zunftmeister darstellte. Die von ihnen gefällten
Urteile sind im sogenannten Zunftmeisterbuch festgehalten.142 Die Zunftmeister waren in den meisten Fällen
bereits selbst Rekursinstanz für Angelegenheiten, die von den Meistern einer
einzelnen Zunft gerichtlich nicht hatten beigelegt werden können sowie für
Streitigkeiten zwischen Zünften.143 Nicht zu vergessen ist zudem
die Bedeutung der Zünfte im Bereich des Begräbniswesens und der Vorsorge für das
Seelenheil nach dem Tod. In diesem Bereich existieren eigenständige Satzungen
von Bruderschaften, die in Absprache mit der Geistlichkeit die Durchführung von
Seelmessen für verstorbene Mitglieder regelten.144
Gerade im Bereich der letztwilligen Verfügungen waren es einzelne Frauen und
Männer, die als rechtssetzende Instanzen in Erscheinung traten, indem sie über
ihre materielle Hinterlassenschaft und ihr Begräbnis entschieden. Seit dem Jahr
1424 mussten sämtliche in der Stadt Zürich getroffenen letztwilligen Verfügungen
dem Rat zur Genehmigung vorgelegt werden.145
Hintergrund dieser Bestimmung war die Bemühung der städtischen Obrigkeit, das
Vererben von Gütern, insbesondere von Immobilien, an die Kirche
einzuschränken.146 Obwohl die Verschriftlichung im
Kontext der städtischen Kanzlei stattfand, wurden die letztwilligen Verfügungen
für gewöhnlich in der Perspektive der Erblasser verfasst.147
Die Eidgenossenschaft spielte als rechtssetzendes Organ für die inneren Belange
von Stadt und Territorialstaat Zürich während des behandelten Zeitraums eine
untergeordnete Rolle. Ihr direktes Eingreifen war an Ausnahmesituationen
gebunden. Eine solche war im Waldmannhandel von 1489 gegeben, als eidgenössische
Vermittler durch Erlass der Spruchbriefe eine Einigung zwischen den
Konfliktparteien herbeiführen konnten.148 Abgesehen davon lässt
sich der Einfluss der Eidgenossenschaft daran festmachen, dass der Zürcher Rat
zuweilen Ordnungen unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Abschiede der
Tagsatzung oder die Regelungen anderer eidgenössischer Städte erliess. Ein
konkretes Beispiel für einen solchen Austausch, der in diesem Fall allerdings
nur die reformierten eidgenössischen Städte umfasste, bildet das
Scheidungsrecht, bei dessen Beratung die Verordneten ausdrücklich auf die
Situation in Bern, Basel, Schaffhausen und St. Gallen verwiesen.149
3Öffentlichkeiten
Eine Mehrheit der in der vorliegenden Editionseinheit versammelten Stücke lässt
sich dem von der Forschung traditionell als städtisches
«Statutenrecht»150 bezeichneten Schriftgut
zurechnen, nämlich die von Bürgermeister und Rat verabschiedeten Erlasse. Diese
bezogen sich anfänglich nur auf die Stadt, beanspruchten aber mit der Entstehung
des Zürcher Herrschaftsgebiets auch Geltung auf der Landschaft und traten zu den
dort geltenden Rechtsgewohnheiten hinzu, die sie ergänzten und teilweise auch
konkurrenzierten. Diese Rechtsnormen, die sich über die verschiedenen, modern
als Staats-, Privat- und Staatsrecht bezeichneten Rechtsbereiche erstrecken,
werden in der vorliegenden Einheit als «Ordnungen» bezeichnet. Dies
geschieht in Anlehnung an den vormodernen Sprachgebrauch und die in den Texten
häufig zu findenden Formulierungen wie «setzend und ordnend
wir»,151 in denen das städtische
Regiment den Anspruch erhob, in die verschiedenen Lebensbereiche durch Setzung
von Normen ordnend einzugreifen. In diesem Zusammenhang aufschlussreich ist die
Weise, in welcher die Geschworenen Briefe die Tätigkeit des von der
Stadtgemeinde eingesetzten Regiments umschreiben. Dabei werden die Tätigkeiten
des Setzens von Recht und des Ordnens sowie des Richtens hervorgehoben:
«Was sachen der burgermeister, die raͤt, die zunftmeister und der groß
raͧt zuͦ Zu̍rich gemeinlich oder der merteil under inen hinenthin jemer mer
richtend, ordnend oder setzendt oder welicher sach sy also mit einandern
u̍ber ein komend, dz die selben sachen oder ir richtung, wie sy dann je
richtend oder sy von inen geordnot, gesetzt, gericht oder gesprochen
werdent, gentzlich, waͧr und staͤt, oͧn alle wandlung soͤllend beliben und
das dawider nieman reden, werben noch thuͦn oder zethuͦnd schaffen noch
verhengen sol».152
Im beginnenden 16. Jahrhundert kam zu dieser Selbstbeschreibung obrigkeitlichen
Handelns der Begriff der Polizei hinzu. Im Entwurf der Vorrede zum Satzungsbuch
von 1516-1518, der wichtige programmatische Überlegungen zur Bedeutung der
Anlegung einer neuen Stadtrechtssammlung enthält, erscheint Polizei als Mittel
zur Sicherstellung des gemeinen Nutzens und friedlichen Zusammenlebens innerhalb
der Stadtgemeinde durch die ordnende und rechtssetzende Tätigkeit der Obrigkeit.
In diesem Sinn wird argumentiert, «das gmeiner nutz und ein yeder stat nit
allein wirt enthallten durch manhaffte und krieg, damit man gwalt vertribt,
besonnder ouch durch guͦt pollicien, recht ordnungen und satzungen, damit
der unrechtlichen ancleger und u̍beltetigen menschen boßheit und unrecht
wirt ußgeru̍dt».153 Der Auftrag der durch
Vertreter des Kleinen und Grossen Rates sowie Stadt- und Unterschreiber
gebildeten Kommission zur Erarbeitung der Stadtrechtssammlung wird in der Folge
dahingehend umrissen, «soͤlich unser statt regiment, recht, stattut,
ordnungen und gewonheiten allenthalb uss unsern alten und nu̍wen bu̍chern
zuͦ samen zesuͦchen und die ordenlich in ein buͦch zuͦ beschryben, ouch die
zuͦ bessern und ander satzungen und ordnungen darzuͦ zesetzen». Das
Resultat der Arbeit, nämlich die Sammlung der «pollicien, recht, fryheit,
stattut, ordnungen und gewonheiten» der Stadt Zürich, wird sodann
förmlich in Kraft gesetzt, damit «einem yedem dest gemesser geregiert und
gericht werd.» Die zuletzt angeführte Passage rückt, wie auch das oben
stehende Zitat aus dem Geschworenen Brief, neben der ordnenden Tätigkeit des
Stadtregiments auch dessen richterliche Funktion in den Vordergrund. Neben
neueren Ordnungen, welche die Kommissionsmitglieder ergänzen sollen, haben sie
zudem alte «gewonheiten» zu berücksichtigen. Über das
«Statutenrecht» sowie das durch altes Herkommen legitimierte
Gewohnheitsrecht hinaus werden auch die durch Kaiser und Reich der Stadt
gewährten Privilegien («fryheit») als Gegenstand der Rechtssammlung
definiert.
Die soeben angeführten, programmatischen Zitate verweisen somit auf eine Vielzahl
verschiedener Formen, in denen sich das Stadtregiment artikulierte und
konstituierte, wie neuere und ältere Ordnungen, Rechtsgewohnheiten,
Gerichtsurteile, herrschaftliche Privilegien sowie Eide. Rechtssetzung war in
vormodernen Städten stets in konkrete Kommunikationssituationen eingebettet,
innerhalb derer sie Gültigkeit erlangte. In zahlreichen Editionsstücken haben
sich Spuren davon erhalten. Am deutlichsten ist dies wiederum bei den
Geschworenen Briefen, auf welche die Bürger halbjährlich im Grossmünster ihren
Eid ablegten. Am Fünften Geschworenen Brief, der im Original erhalten ist,
lassen sich noch deutlich die Abnutzungsspuren erkennen, die der wiederholten,
durch den jeweiligen Unterschreiber vorgenommenen Verlesung vor der
Stadtgemeinde geschuldet sein dürften.154 Die Eidleistung war somit an die Anwesenheit an
einem bestimmten Ort zu einem klar definierten Zeitpunkt gebunden. Der Akt der
Eidleistung umriss auf diese Weise einen Kreis von Personen, die als aktive
Stadtbürger an der Ausübung des Regiments teilnehmen konnten, während andere
ausgeschlossen blieben. Der Eid kann somit neben den durch Bürgermeister und Rat
verabschiedeten Ordnungen als zentrale städtische Rechtsform gelten. Die bereits
erwähnte, ausdrückliche Nennung der «gemeind» als den Geschworenen
Brief mitverabschiedendes Organ unterstrich damit, dass das Stadtregiment
(zumindest in der Theorie) von allen durch den Eid in einer Schwurgemeinschaft
Verbundenen mitgetragen werden sollte und nicht einfach «von oben»
gesetztes Recht darstellte. Dass innerhalb der im Grossmünster versammelten
Stadtgemeinde dennoch ein Machtgefälle bestand, darauf verweisen besonders
deutlich die anlässlich der Eidleistungen verlesenen Verbote, die von den
Mitgliedern des Kleinen Rats zusammengestellt wurden und auf deren Einhaltung
die Anwesenden durch ihren Eid verpflichtet wurden.155
Die Verlesung von Verboten und obrigkeitlichen Ordnungen wurde auch ausserhalb
der Schwörtage jeweils am Sonntag in den Stadtkirchen praktiziert, wobei in
diesem Fall die Kommunikation über die Pfarrer verlief. Verschiedene der
edierten Stücke weisen entsprechende Vermerke auf, die eine sonntägliche
Verlesung anordnen. Dies gilt etwa für die Ordnung für den Kreuzgang nach
Einsiedeln, welche die folgende Formulierung enthält: «Es sol ouch dise
unnser satzung unnd ordnung alweg acht tag vorhin in den kilchen verku̍ndt
werden, damit sich ein yeder darnach wu̍sse zehalten.»156 Ein weiteres prominentes Beispiel ist die 1525
erlassene Almosenordnung, wo es heisst: «Soͤllichs soͤllennd die
predicantenn an der cantzel verku̍nden.»157 Weitere solche Belege finden sich in den
Ordnungen betreffend das Kirchenasyl,158 auswärtige Almosenempfänger159 sowie den Schutz städtischer Brunnen und
Wasserleitungen.160 Eine zusätzliche,
besonders für das ländliche Herrschaftsgebiet der Stadt bedeutende
Kommunikationsform waren die bereits erwähnten, seit dem späten 15. Jahrhundert
durchgeführten Ämterbefragungen. Neben den eigentlichen Befragungen wurden diese
Zusammenkünfte fallweise auch dazu genutzt, die Anwesenden an obrigkeitliche
Erlasse zu erinnern, die mit der aktuell zur Diskussion stehenden Frage nichts
zu tun hatten.161 Eine weitere Gelegenheit
stellten die jährlich stattfindenden Eidleistungen auf der Landschaft dar, wo
analog zu den Schwörtagen der Stadtgemeinde im Anschluss an den Eid eine
Zusammenstellung besonders wichtiger Verbote und Ordnungen verlesen
wurde.162 Wichtige Hinweise für die
Umstände solcher Bekanntmachungen in den Landgemeinden liegen für die ab dem
16., in grösserer Zahl dann ab dem 17. Jahrhundert gedruckten Mandate
vor.163
Die in der vorliegenden Einheit edierten Rechtstexte verweisen noch auf weitere
solche «okkasionellen Öffentlichkeiten»,164 die an bestimmte Orte und
Zeiten gebunden waren: So sind an den für die beiden städtischen Jahrmärkte an
Pfingsten und am Tag der Stadtpatrone Felix und Regula erlassenen Ordnungen für
den Verkauf von Textilien noch die Einstichlöcher zu erkennen, die auf einen
Aushang der Stücke an einem öffentlichen Ort, vermutlich im Kaufhaus,
hindeuten.165 Eine Verlesung auf dem Fischmarkt
in nächster Nähe zum Rathaus erfuhren die Todesurteile; an diesem Ort befand
sich auch das sogenannte Halseisen, der städtische Pranger.166
4Schriftlichkeit
Der oben zitierte Entwurf zur Stadtrechtssammlung von 1516-1518 verweist auf das
Element der Schriftlichkeit, das die Grundlage bildete für die jeweils
okkasionell gebildeten Öffentlichkeiten, in denen die Rechtsordnungen ihre
Wirkung erst entfalteten. So werden die Mitglieder der mit der Rechtssammlung
betrauten Kommission beauftragt, die wichtigsten Rechtstexte aus alten und neuen
«bu̍chern» zusammen zu suchen und in diese in geordneter Weise
(«ordenlich») im geplanten neuen Satzungsbuch zu versammeln. Das
hier in Bezug auf die Weise der Verschriftlichung hervorgehobene Element der
Ordnung setzt die Vorrede dabei in Bezug zur bisherigen Situation, in welchem
das städtische Recht «unordenlich» und «zum teil veraltet»
gewesen sei.
Im Zeitraum der vorliegenden Editionseinheit fanden bedeutende Veränderungen
statt, was die Verschriftlichung und Sammlung von Rechtstexten angeht. Bereits
um das Jahr 1300 entstand der Richtebrief der Stadt Zürich als früheste
umfassende städtische Rechtsammlung.167 Die dortigen Bestimmungen richten sich in
erster Linie an die Bürger der Stadt, schlossen aber auch die sich in Zürich
aufhaltenden Auswärtigen ein.168 Seit der Entstehung des Richtebriefs
kann, wie in anderen Städten des deutschen Südwestens auch, ein Zuwachs an
pragmatischer Schriftlichkeit festgestellt werden.169 1314 kam zum Richtebrief eine
weitere Form der Verschriftlichung von Recht hinzu, nämlich die Stadtbücher, die
zeitgenössisch als Sammlung von einzeln gefalteten und ineinander gelegten
Blättern aus Papier aufbewahrt und um das Jahr 1640 zu fünf Bänden
zusammengebunden wurden.170 Sie enthalten Ordnungen und
Gerichtsurteile von Kleinem und Grossem Rat zu den verschiedensten
Rechtsbereichen sowie eine Anzahl von Eiden, die teilweise in späteren Fassungen
vorliegend ediert wurden.171 Parallel zu den Stadtbüchern entwickelten sich ab
dem Brunschen Umsturz des Jahres 1336 die Geschworenen Briefe.172 Diese wurden ergänzt durch die
ebenfalls in diesem Jahr erstmals erlassenen Zunftbriefe, welche die Rechte der
einzelnen Zünfte in gewerblichen Fragen und ihr Verhältnis zueinander, aber
beispielsweise auch die Mitwirkung beim Begräbnis verstorbener Zunftbrüder
regelten.173 Die Urteile des Ratsgerichts sind
seit dem Jahr 1375 überliefert und wurden in sogenannten Richtbüchern
verschriftlicht, die jeweils die Gerichtstätigkeit eines halben Jahres
umfassten. Ihre heutige Form als Rats- und Richtbücher erhielten sie erst im
frühen 18. Jahrhundert, als sie mit weiteren seriellen Quellen wie den
Eingewinnerverzeichnissen, die über Schuldbetreibungen Auskunft geben,
zusammengebunden wurden.174
Bereits am Ende der 1420er und zu Beginn der 1430er Jahre ist eine
Professionalisierung der städtischen Kanzlei zu beobachten, die wesentlich mit
der Person von Stadtschreiber Michael Stebler, genannt Graf, verbunden war. Sie
ging mit einer deutlichen Zunahme des Verwaltungsschriftguts sowie einer
Reorganisation des städtischen Archivs einher.175 In die Amtszeit von Stebler fiel
die Anlegung des sogenannten Roten Buchs, einem zweibändigen Kopialwerk aus
Pergament, das die Abschriften von 220 Urkunden enthält, darunter auch die
wichtigsten, der Stadt verliehenen Privilegien. Unter anderem entstanden während
dieses Zeitraums auch zwei neue Stadtbücher für die Beschlüsse des Grossen und
Kleinen Rats,176 ein
Lehensbuch,177 ein Verrufbuch,178 ein neues
Bürgerbuch,179 das auf dem bisherigen, 1351
angelegten Bürgerbuch basierte, sowie eine Ordnung zur Fixierung der
Kanzleigebühren für die Ausstellung von Urkunden.180 Auch die zur
Protokollierung letztwilliger Verfügungen angelegten Gemächtbücher setzen 1428
mit dem Amtsantritt Steblers nach einer Unterbrechung seit 1408 wieder ein
(StAZH B VI 304 - B VI 331).
Verschiedene der im Zeitraum der vorliegenden Editionseinheit stattgefundenen
Veränderungen im Bereich der Verwaltungsschriftlichkeit knüpfen an Steblers
Arbeiten an. Unterbrochen wurde die damals begonnene Entwicklung durch die
Verwerfungen des Alten Zürichkriegs, dessen Auswirkungen sich auch in einem
Rückgang der Stadtbevölkerung und des Gesamtsteuervermögens nachweisen
lassen.181
Eine herausgehobene Bedeutung erlangte dabei in der zweiten Hälfte des 15.
Jahrhunderts die Kanzleitätigkeit insbesondere auch für die Verwaltung der
Landschaft. In diesem Bereich lassen sich ab den 1470er und 1480er Jahren
wichtige Impulse erkennen: In die Zeit von Stadtschreiber Konrad von Cham fällt
der Erlass eines Lehensmandats, das die Ordnung der komplexen Lehensverhältnisse
im Herrschaftsgebiet der Stadt zum Ziel hatte.182 1487 verpflichtete der Rat die Inhaber von
Gerichtsherrschaften dazu, ihre Rechte in der Stadt verschriftlichen und vom Rat
bestätigen zu lassen.183 Damit zusammenhängend wurde 1482
erstmals die Anlegung eines umfangreichen Urbars an die Hand genommen, in dem
die Einkünfte und Rechte der Stadt auf der Landschaft verzeichnet
waren.184 An den erwähnten Stücken lässt sich
ein Prozess festmachen, im Laufe dessen die städtische Kanzlei zur Verwaltung
der Landschaft eigene Praktiken des Verschriftlichens, Sammelns und Ordnens von
Rechtsverhältnissen entwickelte, während man sich zuvor im Wesentlichen auf das
von den Habsburgern übernommene Schriftgut gestützt hatte.185 Im innerstädtischen Bereich
legte Stadtschreiber Ludwig Ammann ab dem Jahr 1484 die Ratsmanuale an. Im
Vergleich zu den anderen eidgenössischen Städten Luzern (ab 1409/1416) und Bern
(1465) setzt in Zürich die Überlieferung von Ratsprotokollen damit
vergleichsweise spät ein.186 Die Ratsmanuale dokumentieren,
geordnet nach der Abfolge von Natal- und Baptistalrat, die Beschlüsse und
Beratungen des Kleinen und Grossen Rates und liegen durchgehend bis 1798 vor
(mit einer Lücke zwischen 1516 und 1545). Hinsichtlich der Organisation der
Kanzlei entstand auf der Grundlage der unter Stebler erarbeiteten Tarifliste für
die Ausstellung von Urkunden im Jahr 1515 eine
Stadtschreiberordnung.187 Untermittelbarer Auslöser dafür war der Amtsantritt
von Stadtschreiber Kaspar Frei und Unterschreiber Joachim vom Grüth. Vermutlich
bereits vom Ende des 15. Jahrhundert datiert ein Eid für die beiden Schreiber,
welcher die mit ihrem Amt verbundenen Pflichten regelt.188 Das gedruckte Gültmandat vom 9. Oktober 1529 bildete
schliesslich den Anlass für eine erste ausführliche Regelung der
Schreiberdienste auf der Landschaft, einschliesslich Ernennung geschworener
Schreiber und Definition ihrer Zuständigkeitsgebiete.189 Eine detailliertere Landschreiberordnung, die
analog zur Stadtschreiberordnung die Tarife für die Ausführung verschiedener
Amtsgeschäfte regelte, erliess der Rat Mitte des 16. Jahrhunderts, wobei eine
zunächst nur für die Landvogtei Kyburg geltende Ordnung auf das gesamte
Herrschaftsgebiet ausgeweitet wurde.190
Vor der Verabschiedung des Vierten Geschworenen Briefes bestanden die zentralen
städtischen Rechtssammlungen im Richtebrief, den Stadtbüchern, den Zunfturkunden
sowie den Rats- und Richtbüchern. Dass diese als die wichtigsten Zürcher
Rechtsdokumente angesehen wurden, lässt sich daran ablesen, dass man die
Gültigkeit dieser Texte im Jahr 1433 durch Kaiser Sigismund in Rom bestätigen
liess.191 Als sich Zürich rund 90
Jahre später bei Karl V. erneut um eine Privilegienbestätigung bemühte, nahm man
den Text von 1433 als Grundlage. In der überarbeiteten Version, die der Kaiser
bestätigte, fehlt jedoch der Verweis auf den Richtebrief, stattdessen wird auf
den Geschworenen Brief verwiesen.192 Offenbar hatte sich zwischen den beiden
Privilegienbestätigungen die Wahrnehmung hinsichtlich der wichtigsten
Rechtskodifikationen der Stadt verändert. Ein bedeutender Schritt in diese
Richtung vollzog sich im Jahr 1489 nach Beendigung der als Waldmannhandel
bezeichneten Unruhen. Bei der Ausarbeitung des Vierten Geschworenen Briefs
fertigte der damalige Unterschreiber Johannes Gross neben der (heute verlorenen)
Pergamenturkunde auch eine Abschrift in einem Heft aus Papier
an.193 Im Anschluss an diese Abschrift wurden
sodann zeitnah verschiedene zentrale, teilweise aus den Stadtbüchern übernommene
und überarbeitete Eide und Satzungen notiert und bis zum Jahr 1491 weiter
ergänzt.194 Die Einträge betreffen unter anderem das Verhältnis
zwischen Grossem und Kleinem Rat, bürgerrechtliche Fragen, verfahrensrechtliche
Aspekte des Gerichtswesens sowie die Aburteilung von Straftaten.195 Darüber hinaus beschlossen
Bürgermeister, Räte und Gemeinde, die Zunfturkunden neu auszustellen, was im
Jahr 1490 geschah.196 Somit fand in den Jahren 1489-1490 über die
Neuredaktion des Geschworenen Briefs hinaus eine Sammlung und Verschriftlichung
des geltenden Stadtrechts statt.197 Dasselbe Vorgehen
wurde anlässlich der Verabschiedung des Fünften Geschworenen Briefs gewählt,
wobei der auf dessen Abschrift folgende Anhang bedeutend umfangreicher ist und
im Unterschied zu 1489 auch Bestimmungen privatrechtlichen Inhalts
enthält.198 Der Anhang wurde zudem bis in die 1520er
Jahre weiter ergänzt. Damit war das Beispiel gegeben für die Satzungsbücher des
16. und 17. Jahrhunderts, die sich in ihrem Aufbau grundsätzlich an den beiden
Kodifikationen von 1489 und 1498 orientierten, insofern sie neben einer
Abschrift des Geschworenen Briefs die wichtigsten Eide der Stadtbürgerschaft und
ihrer Amtsträger sowie Ordnungen verschiedenen Inhalts enthielten. Das bereits
erwähnte Satzungsbuch von 1516-1518 vollzog dabei eine deutliche quantitative
Steigerung in Bezug auf die Anzahl der darin versammelten Ordnungen. Weit über
seine Vorgänger hinausgehend, bezog es auch Abschriften der Zunfturkunden sowie
ältere und neuere Ordnungen mit ein, wobei sich die Redakteure neben den
Stadtbüchern auch auf in Form von Akten vorliegendes Schriftgut sowie in einem
Fall auf den Richtebrief stützten.199 Neben der im Entwurf erhaltenen,
programmatischen Vorrede haben sich stichwortartige Überlegungen zur Anlage der
Stadtrechtssammlung von der Hand von Unterschreiber Joachim vom Grüth erhalten,
der die Redaktion des Buches massgeblich vorantrieb.200 Im Unterschied zu
weiteren, im selben Zeitraum geschaffenen Rechtskodifikationen anderer
Reichsstädte wie Nürnberg und Freiburg im Breisgau unternahmen die Verfasser des
Satzungsbuchs von 1516-1518 jedoch keinen Versuch, das städtische Statutenrecht
mit dem römischen Recht zu verbinden.201
Die Tendenz zu einer quantitativen Ausweitung setzt sich in dem durch
Stadtschreiber Werner Beyel um das Jahr 1540 zusammengestellten sogenannten
Schwarzen Buch fort, das ansonsten aber im Wesentlichen der Konzeption des
Satzungsbuches von 1515-1518 folgt.202 Die im Rahmen der vorliegenden Edition
unternommenen Variantenvergleiche der mehrfach überlieferten Eide zeigen dabei,
dass sich Beyel, wenn ihm mehrere Versionen zur Verfügung standen, bevorzugt am
Anhang des Geschworenen Briefes von 1498 orientierte.203
Neben der Herausbildung der Anhänge der Geschworenen Briefe als Orte der
Rechtskodifikation und der damit zusammenhängenden Entstehung der erwähnten
Satzungsbücher sind im Zeitraum der vorliegenden Editionseinheit auch
Veränderungen im Bereich der gerichtlichen Schriftlichkeit auszumachen. Dies
betrifft zunächst die Rats- und Richtbücher: Während diese seit dem letzten
Viertel des 14. Jahrhundert einem weitgehend einheitlichen Format folgten, indem
die Schreiber sämtliche vor dem Ratsgericht getätigten Klagen und Zeugenaussagen
auf der Grundlage von Konzepten sorgfältig ins Reine schrieben, vollzog sich im
Jahr 1489 eine deutliche Transformation. Diese stand in Zusammenhang mit der zu
diesem Zeitpunkt vollzogenen Neuordnung des Klageverfahrens.204 Fortan stand es im Ermessen des Kleinen Rats,
Zeugenaussagen entweder wie bisher einholen und niederschreiben zu lassen oder
aber nur noch mündlich direkt während der Verhandlung anzuhören. Zudem ist zu
beobachten, dass die Prozesse ab diesem Zeitpunkt zunehmend in Form von losen
Akten verschriftlicht wurden.205 Somit sind die Unterlagen zu
gerichtlichen Untersuchungen ab 1489 und besonders im 16. Jahrhundert zunehmend
in Aktenbeständen zu suchen, während sich die abschliessenden Urteile nach wie
vor in den Rats- und Richtbüchern finden.206 Insbesondere im Zeitraum zwischen 1516 und
1545, in dem die Ratsmanuale nicht (mehr?) vorliegen, sind wichtige Beschlüsse
zunehmend in den Rats- und Richtbüchern verschriftlicht.207
Speziell für den Zuständigkeitsbereich des Stadtgerichts208 begann zudem Stadtschreiber Wolfgang Mangold
Ende der 1520er Jahre mit der Konzeption eines Gerichtsbuches.209 Dieses enthält auch Eide und
Ordnungen der wichtigsten Gerichtsbeamten.210 Das zum Zeitpunkt des Tods von
Mangold noch weitgehend den Charakter eines Entwurfs aufweisende Gerichtsbuch
wurde später in mehreren Redaktionen überarbeitet und erweitert.211
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich im Zeitraum der vorliegenden
Editionseinheit zwei Zeiträume der intensivierten Verschriftlichung von
Rechtsverhältnissen festmachen lassen, die auch mit Änderungen in der
Arbeitsweise der städtischen Kanzlei verbunden waren: zwischen 1480 und 1490 und
dann wieder zwischen 1510 und 1540.212
Lediglich angedeutet werden kann an dieser Stelle die Entwicklung der eigenen
Schriftlichkeit von Fraumünster und Grossmünster. Beide verfügten über
bedeutende Archive, deren Urkunden heute grösstenteils im Staatsarchiv
aufbewahrt werden.213 Die vorliegende Editionseinheit
umfasst mit dem durch Papst Sixtus IV. erteilten Privileg betreffend die
Chorherrenstellen des Grossmünsters, der Ernennungsurkunde von Huldrych Zwingli
als Chorherr sowie dem von Bischof Hermann von Landenberg gefällten Urteil
betreffend die Einsetzung des Amtmannes des Fraumünsters drei Urkunden aus
diesen Beständen.214 Insbesondere das Grossmünster
verfügte über eine hochstehende, der Erfassung der eigenen Herrschaftsrechte und
Einkünfte dienende Verwaltungsschriftlichkeit, die der städtischen Kanzlei in
vielerlei Hinsicht voraus war.215 Für das Fraumünster fertigte
Chorherr Johannes Häring im Jahr 1481 ein umfassendes Urbar mit
Urkundenabschriften der Abtei seit dem Jahr 853 an.216 Der Zugang zum Urkundenarchiv
des Fraumünsters wurde im Jahr 1470 in dem erwähnten Urteil des Bischofs von
Konstanz zwischen der Äbtissin, dem Kapitel sowie dem Rat von Zürich
aufgeteilt.
Hinsichtlich der zeitgenössischen Aufbewahrungsorte der in der vorliegenden
Einheit versammelten Stücke ist eine Aufteilung des städtischen Archivs auf
verschiedene Standorte festzustellen – was im Übrigen bis zum Ende des Ancien
Régime der Fall bleiben sollte. So befanden sich die Pergamenturkunden mit den
wichtigsten Privilegien und Bündnissen der Stadt (die heutige Archivabteilung
«Stadt und Landschaft Zürich», StAZH C I) in der sogenannten oberen Sakristei des
Grossmünsters. Der Archivraum in der Sakristei wurde 1502/03 umfassend
renoviert. Zwei der Archivschränke, in denen die Urkunden aufbewahrt wurden,
haben sich bis heute erhalten und sind in die Bestände des Schweizerischen
Landesmuseums übergegangen. Sie sind um 1480 sowie um 1500 entstanden.217 Andere Bestände wie
Papierakten, Korrespondenzen, Urbare, aber auch die Rats- und Richtbücher,
lagerten in mehreren Räumen des Ratshauses, darunter auch in der Ratsstube,
sowie auf der Stadtschreiberei.218 Eigentliche Archivinventare setzen
erst ganz am Ende der vorliegenden Editionseinheit ein: Stadtschreiber Hans
Escher vom Luchs fertigte im Jahr 1555 ein Verzeichnis sämtlicher in der oberen
Sakristei befindlichen Urkunden an, basierend auf der durch die Trucken
(Schubladen) der Archivschränke vorgegebenen Ordnung. In diesem Zusammenhang
versah er alle Urkunden mit einer kurzen Inhaltsangabe auf der
Rückseite219 und legte eine Serie von Kopialbüchern an,
die den Erwerb der Landschaft betreffen. Spätere umfassendere
Archivverzeichnisse, die auch die Aktenbestände einschliessen, fallen ins 17.
und 18. Jahrhundert und sind mit dem Wirken von Johann Heinrich Waser und
Johannes Rahn verbunden. Die von Wasers Index Generalis und Rahns Weissem
Register herrührenden Dorsualregesten finden sich auf verschiedenen der edierten
Texte.220 Auf diese Weise lassen sich an den vorliegend
edierten Stücken über den Zeitraum ihrer Entstehung hinaus Schlüsse zu ihrer
Benutzung und damit auch zur Zürcher Archivgeschichte ziehen.
Notes
- Burghartz 2016, S. 90.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 121.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 119-1.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 118-1; SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 120.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 141-1; SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 125.↩
- Vgl. dazu exemplarisch SSRQ ZH NF I/1/11, Nr. 30; allgemein zum Verständnis von Reformation als andauerndem Prozess vgl. Burghartz 2016; zur Abkehr vom «Epochendenken» in der Reformationsforschung vgl. Hamm 2012.↩
- Zu Beyel vgl. HLS, Beyel, Werner.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 169.↩
- Vgl. Largiadèr 1932, S. 41 sowie unten, Abschnitt 3: Verschriftlichung.↩
- Egli, Actensammlung.↩
- Vgl. dazu exemplarisch die Ordnung betreffend Einsetzung zweier Pfleger für das Kloster Oetenbach, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 21.↩
- SSRQ ZH NF I/1/1.↩
- Für eine kartographische Darstellung der territorialen Situation Zürichs um 1470 einschliesslich der Grenzen der Landvogteien und Gerichtsherrschaften vgl. Kläui/Imhof 1951, Tafel 9.↩
- Vgl. unten, Abschnitt 1: Rechtsräume.↩
- Vgl. unten, Abschnitt 2: Akteure.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 80.↩
- Vgl. unten, Abschnitt 2: Akteure sowie 3: Schriftlichkeit.↩
- Gisler 1995, S. 499-503; Gisler 1996, S. 512-515.↩
- Zur Stadtansicht Murers vgl. Stercken 2013, S. 610-611.↩
- KdS ZH NA I, S. 90.↩
- Für die Vergabe des Bürgerrechts vgl. den Neubürgereid sowie die Ordnung betreffend Aufnahme von Neubürgern, SSRQ ZH NF I/1/3 39-1; SSRQ ZH NF I/1/3 87-1; zur Bewachung der Stadt vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 94-1.↩
- Vgl. dazu den Eid der Bürgergemeinde, SSRQ ZH NF I/1/3 29-1.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 32-1.↩
- Zum Umritt: SSRQ ZH NF I/1/3 82-1; zum Ablauf des Schwörtags: SSRQ ZH NF I/1/3 111-1.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 71.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 17.↩
- Vgl. dazu den Eid des Kaufhausschreibers, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 88, sowie die Satzung betreffend das Kaufhaus, StAZH A 43.1.2, Nr. 2, S. 22.↩
- Zur Bevölkerungsentwicklung vgl. Gilomen 1995, S. 337-338.↩
- Vgl. Sieber 2001, S. 22.↩
- Vgl. dazu den Gerichtseid der Juden, SSRQ ZH NF I/1/3 134-1.↩
- KdS ZH NA I, S. 8.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 4-1; SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 5; SSRQ ZH NF I/1/3 189-1.↩
- Zu deren Verleihung an den Drucker Christoph Froschauer vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 161-1.↩
- KdS ZH NA I, S. 89.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 81.↩
- Zum Spital vgl. dessen Ordnung des Jahres 1528 SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 143; zum Kloster Oetenbach vgl. SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 21.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 50-1.↩
- SSRQ ZH NF I/1/1, S. 233.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 140.↩
- StAZH C I, Nr. 319; allgemein zu den Privilegienbestätigungen Karls V. vgl. SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 115.↩
- Vgl. dazu die Einrichtung eines weltlichen Zinsgerichts im Jahr 1460, SSRQ ZH NF I/1/3 4-1.↩
- Vgl. dazu auch untenstehend Abschnitt 2: Akteure.↩
- Vgl. dazu die Ordnung der Vogtei im Kratz, SSRQ ZH NF I/1/3 97-1; allgemein zur Sozialtopographie Zürichs vgl. Gilomen 1995, S. 342-343; Gisler 1992.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 146.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 180-1.↩
- Zu den Stadttoren vgl. KdS ZH NA I, S. 102-122; zum Zoll vgl. SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 88.↩
- Vgl. dazu das Mandat betreffend nächtliche Ruhestörung und Schliessung der Stadttore, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 76.↩
- Vgl. etwa StAZH A 81.1, Nr. 23 sowie Casanova 2007, S. 162-164.↩
- Zum Hirschengraben vgl. KdS ZH NA I, S. 98-99.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 168-1; vgl. auch das so genannte Verbotbuch, StAZH A 42.3.1, S. 22.↩
- Zur genauen Lage der Stadtkreuze vgl. KdS ZH NA I, S. 38-39.↩
- Zum Ungeld vgl. die diesbezügliche Abrechnung des Jahres 1519, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 108.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 40-1; SSRQ ZH NF II/11, Nr. 60.↩
- Zum alljährlichen Neujahrssingen der Aussätzigen in der Stadt vgl. die Almosenordnung des Jahres 1525, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 125.↩
- Zu den Stiftungen vgl. die Einträge des Jahrzeitbuchs des Siechenhauses an der Spanweid, SSRQ ZH NF I/1/3 57-1; SSRQ ZH NF I/1/3 166-1; SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 192; allgemein zu den Siechenhäusern vgl. die Ordnung des dortigen Kaplans, SSRQ ZH NF I/1/3 174-1.↩
- Vgl. dazu den Erlass der Almosenordnung im Jahr 1525, SSRQ ZH NF I/1/3 125-1.↩
- Zu den Orten der Blutgerichtsbarkeit vgl. SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 100.↩
- StAZH C I, Nr. 3100; Regest: URStAZH, Bd. 1, Nr. 1207.↩
- Vgl. Eugster 1995b, S. 302-303.↩
- SSRQ ZH NF II/3, Nr. 7.↩
- Vgl. Eugster 1995b, S. 307-309.↩
- Vgl. Brühlmeier 2008, S. 38-41.↩
- Zum Alten Zürichkrieg vgl. Niederhäuser/Sieber 2006.↩
- Zur Erpfändung vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 90-1.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 92-1.↩
- Vgl. Weibel 1996, S. 37.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 5.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 91-1.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 91.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 172-1.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 191.↩
- Vgl. dazu Dütsch 1994, S. 61-63.↩
- Zur Übergabe ihrer Gerichtsrechte an die Stadt vgl. für das Grossmünster SSRQ ZH NF II/11 53-1; zum Fraumünster vgl. SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 121.↩
- Vgl. Niederhäuser 2003, S. 69-71.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 127-1.↩
- Vgl. Niederhäuser 2003, S. 79.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 10-1; SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 23; vgl. Largiadèr 1932, S. 41.↩
- Vgl. dazu unten, Abschnitt 4: Schriftlichkeit.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 22.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 26; für die Spruchbriefe vgl. Forrer, Waldmannsche Spruchbriefe.↩
- Vgl. dazu den sogenannten Lebkuchenkriegs- oder Mailänderbrief, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 105.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 151-1.↩
- Für eine exemplarische Befragung vgl. SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 127; zu Aufkommen und Entwicklung dieser Praxis vgl. Dändliker 1896; Dändliker 1898.↩
- Für die überlieferten Befragungen vgl. StAZH A 95.↩
- Vgl. HLS, Ämteranfragen.↩
- Vgl. exemplarisch StAZH III AAb 1.2, Nr. 7.↩
- Für den diesbezüglichen Vertrag des Jahres 1498 vgl. SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 64.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 27-1; SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 58.↩
- StAZH B III 6; StAZH B III 4.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 30.↩
- Mit einer Ausnahme, vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 103-1.↩
- Vgl. Brühlmeier/Frei 2005, Bd. 1, S. 86-93.↩
- Vgl. dazu die Zunfturkunde der Konstaffel des Jahres 1490, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 49.↩
- Die Details der Abfolge ist in den Geschworenen Briefen geregelt, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 27, Art. 12; 16; 18; SSRQ ZH NF I/1/3 58-1, Art. 10; 15; 17.↩
- Vgl. Weibel 1996, S. 17; Gilomen 1995, S. 366-367.↩
- Vgl. beispielsweise SSRQ ZH NF I/1/3 7-1.↩
- Für die Bestandteile dieser Geschäftsordnung vgl. SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 83; SSRQ ZH NF I/1/3 84-1; SSRQ ZH NF I/1/3 85-1; SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 86.↩
- Vgl. Sieber 2001, S. 22.↩
- Vgl. dazu die entsprechende Ordnung, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 145.↩
- Das hierfür notwendige Prozedere war in den Geschworenen Briefen geregelt, vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 27-1, Art. 23; SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 58, Art. 22.↩
- Vgl. Weibel 1988, S. 349.↩
- Zürcher Stadtbücher, Bd. 1/2, S. 400-401, Nr. 269; vgl. Sieber 2001, S. 26.↩
- Vgl. Weibel 1996, S. 19.↩
- Vgl. Weibel 1996, S. 19.↩
- Vgl. etwa die Einführung der Ratsbesoldung 1545/46, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 186.↩
- Zur Gerichtssituation vgl. Malamud 2003, S. 84-85; Burghartz 1990, S. 35-40.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 19-1; SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 85.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 37; SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 60.↩
- Vgl. dazu die Appellationsordnung des Jahres 1507, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 75.↩
- Vgl. dazu Eid und Ordnung des Schultheissen, SSRQ ZH NF I/1/3 135-1.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 113-1.↩
- Vgl. dazu die Blutgerichtsordnung der Stadt Zürich, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 99; SSRQ ZH NF I/1/3 100-1 sowie Ruoff 1958.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 15.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 129.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 139.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 12.↩
- Vgl. dazu Moser/Vitali, Ablasstraktat, S. 49-58.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 11-1.↩
- Egli 1896, S. 22.↩
- Vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 115-1.↩
- Für das Verfahren vor dem dortigen Offizialgericht vgl. die exemplarische Klage der Anna Kramer auf Anerkennung des ihr gegenüber geleisteten Eheversprechens, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 9.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 87-1.↩
- Vgl. dazu die erbrechtlichen Bestimmungen der Stadt Zürich (SSRQ ZH NF I/1/3 133-1), die Ordnung betreffend Ausrichtung von Witwen (SSRQ ZH NF I/1/3 1-1) sowie die Bestimmungen betreffend Vorrang von Ehefrauen in Konkursen (SSRQ ZH NF I/1/3 63-1); allgemein zum Eherecht vgl. Matter-Bacon 2016.↩
- SSRQ ZH NF I/1/11, Nr. 1.↩
- Zu Organisation und Besetzung des Ehegerichts vgl. SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 141.↩
- Vgl. dazu die Ordnung des Bordellbetreibers, SSRQ ZH NF I/1/3 167-1.↩
- Vgl. dazu den Eid der Ehegaumer, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 170.↩
- Vgl. dazu die Weisung betreffend Ehescheidungen des Jahres 1533, SSRQ ZH NF I/1/3 156-1.↩
- SSRQ ZH NF I/1/1, S. 226-241.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 74.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 8.↩
- Vgl. dazu den Einstellungsvertrag der Münzmeister Ludwig Gsell und Ulrich Trinkler, SSRQ ZH NF I/1/3 70-1.↩
- SSRQ ZH NF II/11 20-1.↩
- Vgl. unten, Abschnitt 4: Schriftlichkeit.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 121.↩
- Für die 1523 geschlossene Übereinkunft zwischen Rat und Grossmünsterstift vgl. SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 117.↩
- Für den dortigen Schulunterricht vgl. SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 149.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 152-1.↩
- So namentlich im Jahr 1546 bei der Einführung der Ratsbesoldung aus säkularisierten Kirchenmitteln, gegen die Bullinger letztlich aber vergeblich Stellung nahm, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 186.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 44-1; SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 45; SSRQ ZH NF I/1/3 46-1; SSRQ ZH NF I/1/3 47-1; SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 48; SSRQ ZH NF I/1/3 49-1.↩
- Vgl. dazu die Ordnungen der Bäcker sowie der Metzger (SSRQ ZH NF I/1/3 71-1; SSRQ ZH NF I/1/3 148-1); zum sogenannten Fruchtschlag vgl. auch Brühlmeier 2013, S. 271-299; für die Ordnung des Baumeisters vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 183-1.↩
- StAZH B VI 294 b; für einen exemplarischen, durch die Zunftmeister entschiedenen Fall vgl. die Auseinandersetzung zwischen den Meistern und Gesellen der Schuhmacher SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 107.↩
- Für die verschiedenen Ebenen der Zunftgerichtsbarkeit vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 188-1.↩
- Vgl. dazu die Stiftung der Bruderschaft der Schuhmachergesellen, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 18; allgemein zu den Zürcher Bruderschaften vgl. Amacher 2002.↩
- Zürcher Stadtbücher, Bd. 2/2, S. 360, Nr. 176.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 7-1; vgl. auch Gilomen 1995, S. 344.↩
- Vgl. dafür exemplarisch das Testament der Anna Mettenbuch, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 51.↩
- Forrer, Waldmannsche Spruchbriefe.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 156.↩
- So etwa Dilcher 1989, S. 37; analog wird auch von Satzungs- bzw. Statutarrecht gesprochen, vgl. etwa SSRQ ZH NF I/1/1, S. XI sowie Isenmann 2001, S. 18.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 16-1.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 27-1.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 103-1.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 58.↩
- Zu den Verboten vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 168-1.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 80.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 125.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 140.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 157.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 195.↩
- Vgl. etwa die Instruktion zur Durchführung der Anfrage bei den Gemeinden der Landschaft betreffend Badener Disputation, StAZH A 95.1, Nr. 8.3.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 169-1.↩
- Vgl. Einleitung zu SSRQ ZH NF/I/1/11.↩
- Zu diesem Begriff vgl. Monnet 2011, S. 342.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 69-1.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 100.↩
- SSRQ ZH NF I/1/1.↩
- Vgl. SSRQ ZH NF I/1/1, S. XI.↩
- Zum Begriff der pragmatischen Schriftlichkeit vgl. Hugener 2014, S. 9.↩
- StAZH B II 1 - B II 5, Edition: Zürcher Stadtbücher.↩
- Vgl. etwa den Eid des Bürgermeisters, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 28.↩
- Zu Brun und dem Ersten Geschworenen Brief vgl. Gilomen 1995, S. 366-367.↩
- Für die Neufassung der Zunftbriefe im Jahr 1490 vgl. die Urkunde der Konstaffel, SSRQ ZH NF I/1/3 49-1.↩
- Vgl. Malamud 2003, S. 57.↩
- Vgl. Sieber 2007, S. 8-13; Schweizer 1894, S. 15-17.↩
- StAZH B II 5; StAZH B II 4, Teil II; Edition: Zürcher Stadtbücher, Bd. 3.↩
- StAZH F I 50.↩
- Verzeichnis der ausgesprochenen Verbannungen, StAZH B VI 279 a.↩
- StArZH III.A.1.↩
- StAZH B II 4, Teil II, fol. 8r; Edition: Zürcher Stadtbücher, Bd. 3/2, S. 148-149, Nr. 32; vgl. Sieber 2007, S. 11-12.↩
- Vgl. Gilomen 1995, S. 355-356; Schlüer 1978, S. 39-47.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 10.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 23-1.↩
- StAZH F II a 272; vgl. Largiadèr 1932, S. 41.↩
- Vgl. Largiadèr 1932, S. 41-42; allgemein zur Verschriftlichung von Herrschaftsrechten und der Entwicklung städtischer Kanzleipraktiken während des Spätmittelalters vgl. Teuscher 2007, S. 278-304.↩
- Dabei ist aber nicht ausgeschlossen, dass bereits zu einem früheren Zeitpunkt angelegte Protokolle, etwa von der Hand Michael Steblers, später verloren gegangen sind. Vgl. Wanner 2007, S. 367-368.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 96.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 95.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 147.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 177.↩
- StAZH C I, Nr. 90.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 115.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 27-1.↩
- Vgl. exemplarisch den Eid der Bürgergemeinde, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 29.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 30; SSRQ ZH NF I/1/3 31-1; SSRQ ZH NF I/1/3 32-1; SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 33; SSRQ ZH NF I/1/3 34-1.↩
- Vgl. dazu die Urkunde der Konstaffel, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 49.↩
- Für eine Einordnung dieses Vorgangs vgl. Weibel 1988, S. 129-130.↩
- Vgl. exemplarisch die Verordnung betreffend Vorrang von Frauen in Konkursen, SSRQ ZH NF I/1/3 63-1.↩
- Vgl. dazu die Ordnung für die Prozession auf den Lindenhof, SSRQ ZH NF I/1/3 81-1.↩
- StAZH B III 2, S. 378-381.↩
- Vgl. zur rechtshistorischen Dimension Weibel 1988, S. 138-141; allgemein zu spätmittelalterlichen Stadtrechtssammlungen vgl. Isenmann 2001, S. 80-94.↩
- Zur Entstehung vgl. Sigg 2014.↩
- Vgl. exemplarisch den Eid der neuen Mitglieder des Grossen Rats, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 35.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 37.↩
- Vgl. Malamud 2003, S. 60-63.↩
- Für diese Situation vgl. exemplarisch den Hexenprozess gegen Verena Diener, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 123.↩
- Vgl. exemplarisch die Regelung der Schreiberdienste, SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 147; zur Frage, ob es sich bei der Lücke in den Ratsmanualen um einen nachträglichen Verlust oder um einen durch den Amtsantritt von Stadtschreiber Kaspar Frei und Unterschreiber Joachim vom Grüth bedingten Wechsel in der Kanzleipraxis handelt, vgl. Weibel 1988, S. 165-169.↩
- Vgl. oben, Abschnitt 2: Akteure.↩
- StAZH B III 53; zur Entstehung vgl. Bauhofer 1943a, S. 7.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 135; SSRQ ZH NF I/1/3 136-1; SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 137; SSRQ ZH NF I/1/3 138-1.↩
- StAZH B III 54; StAZH B III 56; Edition: Schauberg, Gerichtsbuch.↩
- Für eine ähnliche Periodisierung vgl. Largiadèr 1932, S. 41.↩
- StAZH C II 1; StAZH C II 2.↩
- SSRQ ZH NF I/1/3 8-1; SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 12; SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 114; weitere Stücke stammen aus den Aktenbeständen des Grossmünsters, vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 20-1; SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 149; SSRQ ZH NF I/1/3 152-1.↩
- Vgl. dazu vor allem das in lateinischer Sprache gehaltene Grosse Stiftsurbar, das Mitte des 14. Jahrhunderts begonnen wurde, StAZH G I 96.↩
- StArZH III.B.1.↩
- Zum Urkundenarchiv in der Oberen Sakristei und seiner Ausstattung vgl. Sieber 2010a, S. 50-58.↩
- Sieber 2010a, S. 50-58; Malamud 2003, S. 57-59; Schweizer 1894, S. 8.↩
- Vgl. exemplarisch die Privilegienbestätigung Karls V., SSRQ ZH NF I/1/3 115-1.↩
- Waser: SSRQ ZH NF I/1/3 152-1; Rahn: SSRQ ZH NF I/1/3, Nr. 17.↩