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SSRQ ZH NF I/1/3 91-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), by Michael Schaffner

Citation: SSRQ ZH NF I/1/3 91-1

License: CC BY-NC-SA

Eid und Ordnung der Stadt Zürich für die Landvögte

ca. 1516 – 1518.

Die Vögte von Kyburg, Eglisau, Grüningen, Greifensee, Andelfingen, Regensberg und Knonau sollen schwören, die Schlösser und Burgen, auf denen sie residieren, getreu zuhanden der Stadt Zürich zu verwalten, die Rechte und Freiheiten ihrer Vogteien zu wahren, die Einkünfte aus Zinsen, Zehnten, Bussen, Fall und Lass sowie Nutzungsrechten ohne Verzögerung einzuziehen und jährlich darüber Rechnung abzulegen, gerechte und unbestechliche Richter zu sein und ohne Erlaubnis des Bürgermeisters nicht länger als drei Nächte von ihrer Residenz fernzubleiben. Des Weiteren wird festgelegt, was den Vögten für Gastmähler, Reisespesen und an eigenen Einkünften und Nutzungen zu verrechnen erlaubt ist. Nachtrag von späterer Hand: Abtretenden Vögten ist es erlaubt, die Erträge aus Getreidefeldern sowie weitere landwirtschaftliche Güter zu nutzen, nicht jedoch die brach liegenden sowie die für Hanf und Hafer vorgesehen Felder. Zudem sollen sie keine Wiesen neu bebauen, sondern diese ihrem Nachfolger überlassen. Anlässlich der jährlichen Rechnungslegung müssen sämtliche ausstehenden Beträge deklariert werden.

Die Eidformel basiert im Wesentlichen auf einer Aufzeichnung der 1430er Jahre, die ursprünglich für den Landvogt von KyburgPlace: bestimmt war, später jedoch auch für die Landvögte von GrüningenPlace: , RegensbergPlace: und GreifenseePlace: Anwendung fand (StAZH B II 4, Teil II, fol. 9v; Edition: Zürcher Stadtbücher, Bd. 3/2, S. 153-154, Nr. 44). Der Abschnitt betreffend Spesenregelung hingegen ist neu; eine um 1470 entstandene Ordnung hatte den Vögten noch zugestanden, sich aus den angefallenen Bussen selbstständig für ihren Aufwand zu entschädigen (SSRQ ZH NF I/1/3 5-1). Die hier festgelegten Beträge blieben in der Folge bis ins 17. Jahrhundert dieselben, obwohl im Gremium der RechenherrenOrganisation: angesichts der eingetretenen Teuerung über eine Anhebung der Tarife beraten worden war (StAZH A 94.1, Nr. 6).

Trotz der angestrebten Vereinheitlichung blieben die Landvogteien in Bezug auf ihre Grösse und die vorherrschenden Rechtsverhältnisse heterogen. Entsprechend differierten die Aufgaben und Verdienstmöglichkeiten der Landvögte: Zu ihrem Pflichtenheft gehörte auf der gesamten Landschaft die richterliche Tätigkeit, namentlich der Vorsitz über die ländlichen Niedergerichte und das Leiten von Untersuchungen und Zeugeneinvernahmen. Dafür sowie für bestimmte polizeiliche Aufgaben standen den Vögten aus der lokalen Bevölkerungen rekrutierte Untervögte und Weibel zur Verfügung. In den Landvogteien KyburgPlace: , GrüningenPlace: und WädenswilPlace: (ab 1550) übte der Vogt zudem auch die hohe Gerichtsbarkeit aus. Ein weiterer wichtiger Aufgabenkomplex bestand im Verwalten der Einkünfte zuhanden der Stadt sowie im Unterhalt der Schlösser, auf denen die Vögte residierten.

Die Vögte bezogen ihr eigenes Einkommen aus verschiedenen Quellen, zu denen neben einem fixen Salär, der sogenannten Burghut, Anteile an den erhobenen Zinsen, Zehnten und Bussen, eine gewisse Beteiligung an den landwirtschaftlichen Erträgen der Vogtei sowie fallweise eigene agrarische Tätigkeit des Vogts und weitere Nebenverdienste gehörten. Die Abgrenzung zwischen öffentlichen Erträgen zuhanden der Stadtkasse und persönlichen Einkünften des Vogtes war dabei nicht scharf gezogen, was verschiedentlich zu Konflikten und entsprechenden Regulierungsversuchen seitens der Obrigkeit führte. Davon zeugt auch der in der vorliegenden Aufzeichnung vorhandene Nachtrag. Parallel zu den für die gesamte Landschaft geltenden Erlassen bestanden weiterhin auch separate Besoldungsordnungen für einzelne Landvogteien (beispielsweise für EglisauPlace: die Ordnung des Jahres 1496, vgl. StAZH A 115.1). Zeitgleich zur vorliegenden Aufzeichnung wurden erstmals auch Wahlverfahren und Amtszeit der Landvögte einheitlich geregelt sowie Bestimmungen zur Rechnungslegung getroffen (SSRQ ZH NF I/1/3 102-1; SSRQ ZH NF I/1/3 98-1).

Allgemein zu Verwaltung und Aufbau der Zürcher Landschaft vgl. Hürlimann 2000, S. 25-34; Weibel 1996, S. 30-56; Largiadèr 1932; zu den Aufgaben der Landvögte, ihrer sozialen Herkunft und der wirtschaftlichen Bedeutung der Landvogteien für die Stadt vgl. Dütsch 1994; zu den Besoldungen der Landvögte vgl. Dütsch 1994, S. 50-65.

Edition Text


Eyd, den die ussern vogt
sollent schwerren

Er sol schwerren, ist er vogt zuͦ KyburgPlace: , das schloß KyburgPlace: , ist er vogt
zuͦ EglisowPlace: , das schloß unnd die statt EglisowPlace: , ist er vogt zuͦ Gru̍ningenPlace: ,
ist er vogt zuͦ GrifensePlace: , das huß daselbs, ist er vogt zuͦ AndelfingenPlace: ,
deßglichen, ist er vogt zuͦ RegenßpergPlace: , das schloß zuͦ RegenspergPlace: ,
ist er vogt zuͦ KnonowPlace: , das huß zuͦ KnonowPlace: , getrwlich zuͦ der statt
ZurichPlace: handen innzehaben unnd zebesorgen, der graffschafft oder
herschaft ald vogty ir rechtung unnd fryheit zebehalten, alls fer
er mag, zinß, zehenden, buͦßen, fell, gleß unnd all nützung unverzogenlich in zeziehen unnd jerlich zeverrechnen, ein glicher
gmeiner richter zesind, dem armen als den richen unnd dem
richen als dem armen, niemant zuͦ lieb noch zuleid, unnd
darumb kein miet zenemen, ouch von dem schloß oder huß
uber dryg nechtDuration: 3 days nit zesind, on sonder urlob eins burgermeisters,
unnd in allen sachen sin bests unnd wegsts zetuͦnd, on geverd.


Ordnung der ussern voͤgten


Unnd damit dieselben unnser usser voͤgt wussint, was wir inen
fur mal, schweynung unnd die rytt in die statt gebint, so habent
wir deßhalb geordnet und gesetzt:

Welicher unnser ratsfru̍nd uß unnserm befelch bi einem der
ussern voͤgt zert, das woͤllent wir dem vogt geben lassen für jAmount: 1 mal
dry schillingCurrency: 3 shillings .
[fol. 87v]Page break

Item fur ein vogt, weybel unnd botten mal ij Currency: 2 shillings .

Item fur ein schuppis, zins, knechten unnd werchlu̍ten mal xiiij
haller
Currency: 14 hallers
.

Item fu̍r einen schlaftrunck viij hallerCurrency: 8 hallers , unnd die schlaftru̍nnck
bezalent wir fu̍r niemas dann fur die herren unnd ir knecht,
ouch fur die vogt weybel und botten, ob sy inn unserm dienst sind
geweßen.

So wollent wir einem vogt schwynung geben lassen von xx
stucken
Undefined measure/weight: 20 pieces
ein stuckUndefined measure/weight: 1 piece unnd nit mer, die er dann geweret hat.

Deßglich wollent wir einem vogt von einem ritt in die statt geben
j Currency: 1 lb , wenn er in die statt kumpt, das wir inn habent beschryben
oder sunst unnser notwende. Kompt er aber su̍st in sinen oder
ander lu̍ten sachen, so git man im nu̍dzit.

Unnd ob yemas dem vogt brechte hu̍ner, eyer oder annders, das
dem vogt zuͦ gehort, git er dem essen, drincken oder anders, deß sol
er unns nudzit rechnen.
a

Notes

  1. Addition below the line in a later hand:
    Item wir habent umb meerer glychheyt unnd billigkeyt willen, damit eynem gescheche wie dem anndern, angesechen unnd geordnet, das hinfür eyn abgaander vogt die kornzelg ald guͤter,
    so von rechter gewonheyts wegen dem jargang nach zebuwen sind, wol seygen unnd nutzen möge, aber die, so inn braach liggend,
    deßglychen die hanffpündten unnd haberzelg, soll er unbeworben
    und uff sin nachkomen warten laßen, darzu auch keyn wißen
    uffbrechen, sonnder ob er zuͦ der gewonlichen kornzelg desselben
    jars nuͤtzit zebuwen hette, abtretten unnd wyters keynerley
    seygen.

    So denn, als eyn mißbruch ingerißen was, ob glych wol die vögt
    ettwas by iren gegebenen rechnungen schuldig pliben, das unns
    nütdestminder vorgeleßen ist, sollche schuld bar bezalt sin, das aber
    umb der warheyt willen nit sin soll, deßhalb haben wir soͤllichen
    mißbruch abgestelt und wellent, daß fürerAddition above the line by insertion markb ouch nit meer gstatten.
    Actum mitwuchs nach NicolaiPerson: 1543Date of origin: 12.12.1543, pntpresentibus her RoystPerson: , statthalter,
    unnd beyd raͤthOrganisation: .