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SSRQ ZH NF I/1/3 143-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), by Michael Schaffner

Citation: SSRQ ZH NF I/1/3 143-1

License: CC BY-NC-SA

Ordnung für das Spital der Stadt Zürich

1528 February 5.

Nachdem die jährlichen Ausgaben des Spitals die Einnahmen bei Weitem übersteigen, sind folgende Massnahmen zur Verbesserung seiner finanziellen Situation beschlossen worden: Alle Personen, die kein Recht auf Verbleib im Spital haben, sind wegzuweisen (1) und in Zukunft auch nicht mehr aufzunehmen (2). Weder fremde noch heimische Pfründer sollen aufgenommen werden, bevor sie nicht ihre Pfrund vollständig entrichtet haben (3). Die Ämter in der Spitalverwaltung müssen mit geeigneten Personen besetzt werden (4). Die Kosten für Bebauung der im Besitz des Spitals befindlichen Reben, Äcker sowie für Entlohnung der Dienstleute sollen reduziert werden (5). Die dem Spital nicht notwendigen Güter sind zu verleihen oder zu verkaufen (6). Sofern sich die wirtschaftliche Lage des Spitals nicht verbessert, soll ihm ein Darlehen erteilt werden (7). Die Insassen des Spitals sind in Ober-, Unter- und Ausserpfründer unterteilt. Da Heiraten zwischen den Pfründern bisher dem Spital hohe Kosten verursacht haben, sind folgende Massnahmen beratschlagt worden: Ausserpfründer, die Unter- oder Oberpfründer heiraten, sollen bei diesem wohnen. Derjenige, der die geringere Pfründe hat, hat diese zu erhöhen, bis sie derjenigen des Ehepartners gleich ist. Wenn dies nicht geschieht, sollen künftig beide Eheleute nach der tieferen Pfründe verpflegt werden (8-10). Eheleute sollen sich verpflichten, allfällige Kinder auf eigene Kosten aufzuziehen (11-12). Für das Amt des Spitalschreibers werden verschiedene Kandidaten vorgeschlagen (13). Anmerkung von anderer Hand: Kleiner und Grosser Rat der Stadt Zürich haben beschlossen, diese Artikel von den Verordneten weiter beraten zu lassen, insbesondere, was die Bürgschaften von Eheleuten angeht, mittels derer sie sich verpflichten, ihre Kinder auf eigene Kosten aufzuziehen. Den Pflegern und dem Spitalmeister wird die Besetzung des Schreiberamts überlassen.

  • Shelfmark: StAZH H II 2, Nr. 3
  • Date of origin: 1528 February 5
  • Transmission: Aufzeichnung (Doppelblatt)
  • Substrate: Papier
  • Format h × w (cm): 21.0 × 33.0
  • Language: German
  • Scribe: Wolfgang Mangold, Stadtschreiber von Zürich (Zusatz)
  • Edition

Das HeiliggeistspitalPlace: wurde um die Wende zum 13. Jahrhundert durch die Herzöge von ZähringenOrganisation: vorrangig als Hospiz für bedürftige Pilger, Obdachlose, Kranke, Waisen und Schwangere gestiftet. Im Verlauf des 15. Jahrhunderts trat die Funktion als Altersheim hinzu. Der ursprüngliche Standort befand sich südwestlich des PredigerklostersOrganisation: . Nach der Aufhebung des Klosters im Zuge der Reformation übergab der RatOrganisation: dessen Räumlichkeiten sowie diejenigen des Konvents St. VerenaOrganisation: dem SpitalPlace: zur Nutzung. Die Datierung der vorliegenden Ordnung ergibt sich aus dem datierten Nachtrag von der Hand des Stadtschreibers Wolfgang MangoldPerson: . Am 21. März 1528 erliess der RatOrganisation: auf der Grundlage weiterer Beratungen ergänzende Bestimmungen, die in Form eines Entwurfes überliefert sind (StAZH H II 2, Nr. 4; Edition: Egli, Actensammlung, Nr. 1380).

Die Ordnung dokumentiert den verstärkten Zugriff des RatesOrganisation: auf die Wirtschaftsführung ehemals geistlicher Körperschaften, wie er sich bereits im 15. Jahrhundert abzeichnete (vgl. dazu die Einsetzung von Pflegern für die städtischen Klöster, SSRQ ZH NF I/1/3 21-1). Vergleichbare Entwicklungen fanden in demselben Zeitraum in der Reorganisation der Armenfürsorge statt (vgl. dazu die Almosenordnung des Jahres 1525, SSRQ ZH NF I/1/3 125-1).

Zum SpitalPlace: vgl. KdS ZH NA III.I, S. 288-324; Steinbrecher 2001; Mörgeli 2000; Walser 1965; Wyder-Leemann 1952; Wehrli 1934a, S. 27-21; zur Krankenversorgung vgl. die Ordnung für den Kaplan des Siechenhauses an der SpanweidPlace: Organisation: sowie die Bestimmungen für die Beschau der Aussätzigen (SSRQ ZH NF I/1/3 174-1; SSRQ ZH NF I/1/3 52-1).

Edition Text


Als dann erfunden ist, das der spitalPlace: an jerlichemRepeated duration: 1 year bruch
gar vyl mer ußgeben muͦs, dann sin ynnemen ertragt, durch
welchs er zuͦ mercklichem und sölchem abgang komen, wo
woNotable spelling nit insechen beschicht, das er gar verdorben und zuͦ grund
gan muͤste. Harumb sind anschleg und mitel gesuͦcht
und erfunden, durch die sölcher abgang möge ersetzt und
der spitalPlace: wider uffgang und wolstand gebracht werden.

1. Des ersten sol alles unnu̍tz folck, so nit inn den spitalPlace: gehörtt,
fu̍rderlich darus gefergget werden.

2. Zuͦ dem andren sol man den spitalPlace: hinfu̍r nit mer mit
unnu̍tzenn lu̍ten beladen, als bißhar dick und vyl beschehen ist.

3. Zum dritten, das hinfu̍r weder frömbt noch heimsch zuͦ
pfruͤndern werdint angenomen, sy bezalint dann ire
pfründen der maß, das der spitalPlace: daran kein nachteyl hab.

4. Des vierden sol man die empter im spitalPlace: der maß mit
geschickten lu̍tten versechen, darmit tru̍wlich und wol
werdy husgehallten.

5. Zum fu̍nfften diewil dem spitalPlace: ein grosser mercklicher
kost der reben, des acker bu̍ws und etlicher diensten halb uff
loufft, das der eins teils gemindert und abgestellt werdi.
[p. 2]Page break

Zum sechsten sond die ungelegnen güter, dero der spitalPlace:
zuͦ rechtem, zimlichem buw nit noturftig ist, verlichen
oder verckouft und also sin gebresten ersetzt werden.

7. Des lestenn, nach dem obgemelte artickell alle ordenlich volstreckt
unnd aber dem spitalPlace: nit möchte uß dem sinen geholfen
werden, wil die noturft erfordren, das man im ein zittlang
dar liche und fu̍rsetze, a–wie dann je zuͦzyten uns und unser
verordnetten soͤllichs fu̍r nu̍tz und guͦt ansaͤchen wirt
Correction below the line, replaces: wo man aber nemen well, wirtt
hernach von geseytt
–a.

8. Unnd als der spitalPlace: dryerley pfründer hatt, namlich
uß pfründer, ober- und underpfruͤnder,1 die ledig und
nit in der ee sind und sich aber hierunder verelochent,
welches dem spitalPlace: in mengerley wis und weg nachteilig und schedlich ist, und man aber die ee nieman
verpieten sol, ist dis mittel gerattschlaget, also:

So ein usserCorrection above the line, replaces: unsserb pfru̍nder ein inner, es sy ober- ald underpfruͦnder, zuͦ der ee nimpt, so sol der usser pfruͤnder
by dem inneren pfruͤnder ze tisch sin. Und weders
die kleiner pfruͦnd hatt, sol umb den spitalPlace: kouffen
sovil, das sin pfruͦnd sich vergliche mit sines gemahels pfruͦnd, so sy doch ob eim tisch essen und
trincken sond. Ob sy das nit thuͦn wölltent oder nit
vermöchtent, so sol dem, so die besser pfruͦnd hatt,
hinfu̍r nit mee dann wie sinem egemachell
gegeben werden.
[p. 3]Page break

Also sol es ouch mitt zweyenAmount: 2 innern pfrundern, so sy einandren zuͦ der ee nement, darmit sy alweg glich verpfründ
syent.

Sy sond sich ouch verschriben, ob sy kint mit einandren
gwunint, das sölichs kind on des spitalsPlace: kost und schaden
söllent ertzogen werden.

Und ob man eelu̍tt in spitalPlace: nemen wurd, von denen
kinder zehoffen und warten wer, wol man sy ouch mit
dem geding, wie nechst oblutet, annemen.

Dis sind zuͦ spitalschribern
fu̍rgeschlagen:
herr Jos MeyerPerson: ,
herr comentur im GfennOrganisation: 2,
herr HilariusPerson: , c–Felix ZimbermanPerson: Addition on the right margin"–c,
herr Uͦrich ZellerPerson: , d–hAbbreviation Joͤrg LübeggerPerson: Addition on the right margin"–d,
stattschriber von RapperschwilPlace: 3,
LuxPerson: im Zu̍richpergerPlace: husOrganisation: 4,
Ruͦdolff StuckiPerson: ,
Bernhart WysPerson: .
Item so bittett der alt schriber BönyPerson: ouch wider umb
das ampt.
[p. 4]Page break
e–
Unsser herren klein und gros raͤtOrganisation: haben sich
entschlossen, das uff dise artickel fuͤrter von
den verordnotten geraͧtschlagt und gehandlet
werden und alßdann wyderumb für sy
gelangen soͤll und insonder by dem
artickel wysend von den pfruͤndern, so inn irenn
pfruͦnden eeliche kinder uͤberkamen, wie die
vertroͤsten soͤllen, die onnachteil dess spytalsPlace:
zuͦ erziechen etcAbbreviation, daß damit bedacht werd
undAddition on the left marginf ob die soͤllche gnuͦgsame vertroͤstung nit
haben moͤchten, daß dann inen daß gellt,
darumb sy ier pfund erkofft haben, wyderumb hinuss geben und sy damit uß dem
spytalPlace: wysen soͤllen etcAbbreviation.

Des spytalschribers halb soͤllen g–pfleger und meisterCorrection above the line, replaces: sy och–g zuͦ handlenn
befelch haben.

Datum AgathePerson: anno etcAbbreviation xxviijDate of origin: 5.2.1528.
Addition on the reverse side in another hand
–e
[Dorsal notation below the line in a later hand:]
Rathschlag de anno 1528Date of origin: 1.1.1528 – 31.12.1528

Notes

  1. Correction below the line, replaces: wo man aber nemen well, wirtt
    hernach von geseytt
    .
  2. Correction above the line, replaces: unsser.
  3. Addition on the right margin".
  4. Addition on the right margin".
  5. Addition on the reverse side in another hand.
  6. Addition on the left margin.
  7. Correction above the line, replaces: sy och.
  1. Zu den verschiedenen Arten von Pfründen vgl. Steinbrecher 2001, S. 286; Wyder-Leemann 1952, S. 86-87.
  2. Zum Lazariterhaus im GfennPlace: Organisation: vgl. Hugener 2004.
  3. 1525-1534 war Laurenz AppenzellerPerson: Stadtschreiber von RapperswilPlace: (SSRQ SG II/2/1, S. LXXIV).
  4. Zum Kloster St. Martin auf dem ZürichbergPlace: Organisation: vgl. HS IV, Bd. 2, S. 492-509.