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SSRQ ZH NF II/3 55-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 3: Die Landvogtei Greifensee, by Rainer Hugener

Citation: SSRQ ZH NF II/3 55-1

License: CC BY-NC-SA

Begehren der Garner, Netzer und Berer auf dem Greifensee

1519.

Die Garner auf dem Greifensee bitten darum, dass man sie bei ihrem alten Herkommen und der alten Einung belässt. Wenn der Vogt das Fangen von Brachsen verbietet, dann sollen auch die Berer und Netzer keine Fanggeräte auf den überschwemmten Wiesen benutzen, sondern in den vorbestimmten Bezirken (Fächern) bleiben. Auch beim Eisfischen sollen für die Netzer und Berer die gleichen Regeln wie für die Garner gelten. Ausserdem verlangen sie, dass sie ein Messgerät (Brittli) für Hechte erhalten und dass sich ohne Zustimmung der Obrigkeit keine neuen Netzer am See ansiedeln dürfen. Die Berer und Netzer ihrerseits bitten darum, dass sie von Martinstag (11. November) bis Ostern während drei Tagen ihre Netze setzen dürfen. Sie möchten bei der jetzt geltenden Einung bleiben.

Die vorliegende Aufzeichnung entstand vermutlich in Zusammenhang mit der Erneuerung der Fischereinung im Jahr 1519 (SSRQ ZH NF II/3 56-1). Möglicherweise widerspiegelt sich in den Aussagen sogar ein Konflikt um die Neufassung, indem die Garner lieber «by dem alten einung» bleiben wollten, während die Netzer und Berer die «jetzige einung» – also wohl eben die erneuerte Version – begrüssten.

Die Fischer am GreifenseePlace: waren hierarchisch in zwei Gruppen gegliedert. Die Garner, die mit Zuggarnen beziehungsweise Schleppnetzen fischten, hatten mit ihrer Fangmethode die höchsten Erträge und mussten daher auch höhere Abgaben an den Vogt zahlen, gemäss Einung nämlich Hechte im Wert von 480 Pfennig (SSRQ ZH NF II/3 17-1, Art. 2). Ihnen nachgestellt waren die Berer, die mit sogenannten Beren – also reusenartigen Körben – fischten. Sie hatten dem Vogt lediglich Hechte im Wert von 120 Pfennig abzuliefern. Bei den hier ebenfalls genannten Netzern handelte es sich vermutlich um Fischer, die nicht mit Korbreusen, sondern mit Netzreusen fischten und daher den Berern gleichgestellt waren. Das Verhältnis der Garner zu den Berern und Netzern entsprach somit genau demjenigen von Huben und Schupposen bei der Landbewirtschaftung (Amacher 1996, S. 158).

Gemäss einem Nachtrag zur Fischereinung gab es im Städtchen GreifenseePlace: zwei Zuggarne, von denen eines nach dem Alten Zürichkrieg jedoch unbesetzt blieb und daher nach UessikonPlace: verlegt wurde (SSRQ ZH NF II/3 21-1, Art. 29). Gemäss Zeugenaussagen existierte daneben noch ein drittes Garn in MaurPlace: (StAZH A 85, Nr. 4). Aus einer anderen Kundschaft geht hervor, dass das Garn von UessikonPlace: später teilweise an Fischer aus RiedikonPlace: abgetreten wurde, wohingegen die Fischer von GreifenseePlace: es nun zurückverlangten, wie es in der Einung ausdrücklich vorbehalten sei (StAZH C I, Nr. 2505 b).

Edition Text

Anfangß ist der garner meinung, daß sy weder netzer
nach berer verclagen, nach begerent jemantz uͤtzet
ab zebrechen oder uff zesetzen etcAbbreviation. Allein ist ir
bit und beger, daß man sy by irem altem harkomen
blyben lasse, also daß ein vogt gwalt habe, wen
die brachsem im fang und vor handen syen, daß
er inen erloͧbe, die brachsem dann zemal ze fahen.1
Ob aber daß nit sin wil, daß dann die berer und
netzer oͧch ab gschlagen sye, facher, a berer
und netzer uff die matten, in die wysen und
b–nuͤw grabenAddition on the left margin by insertion mark–b zemachen, sonder in den alten faͤchern blyben.2
Item daß man inen ein brittli zum hechtberen gaͤbe.
Item daß sy by dem alten einung jeder man an
alle mittel blybe etcAbbreviation.
Item daß hinfuͤr dhein nuͤwer netzer merer in den
see komme (dann er sust uͤber setz sye) (an miner
herren wissen und willen).
Item ob daß alles nit sin mag c und
sy under dem yß nit fischen doͤrffen, daß dann die
netzer und berer under dem yß oͧch nit fischen
soͤllen.
[p. 2]Page break


Berer, netzer

Dero beger ist, ob ettwaß endrung in dem
see beschehen soͤlte, daß man inen verguCorrection overwritten, replaces: edntte,
von sant MartisPerson: tagDate: 11. November (period) bis osternDate: floating holiday (deadline) die netzen
an einem firabentDuration: evening ze setzen und am drytten tagDuration: 3 days
uß zenemen, dann daß wasser dero zyt so kalt ist, daß eß wol
erlyden mag
e–bis mittem abrellenDate: 16. April (period), f–ober aberCorrected: ob aber–f die schwalen
nit in rechtem fang werent, daß dann der
vogt gwalt habe zuͦ erloͧben oder zuͦ vorbieten,
je nach gstalt der sach
Addition below the line by insertion mark
–e.3
Ir beger ist, daß man eß by dem jetzigen
einung blyben lasse etcAbbreviation.
[p. 3]Page break [p. 4]Page break

Notes

  1. Deletion: und.
  2. Addition on the left margin by insertion mark.
  3. Deletion, uncertain reading: dann den ne.
  4. Correction overwritten, replaces: e.
  5. Addition below the line by insertion mark.
  6. Corrected: ob aber.
  1. Die Garner berufen sich hier vermutlich auf Artikel 22 und 23 in den Nachträgen zur Fischereinung (SSRQ ZH NF II/3 21-1, Art. 22-23 und SSRQ ZH NF II/3 22-1, Art. 22-23).
  2. Die Uferzone als Grenzgebiet zwischen Land und Wasser war ein ständiges Konfliktfeld. So kam es verschiedentlich zu Streit zwischen den Berufsfischern und Bauern, die bei Überschwemmungen auf ihren anstossenden Äckern fischten oder Gräben für den Fischfang anlegten (SSRQ ZH NF II/3 109-1).
  3. Gemäss Artikel 27 in den Nachträgen zur Fischereinung dauerte die eigentliche Fischerei-Saison jeweils von Ostern bis Martinstag (11. November) (SSRQ ZH NF II/3 21-1, Art. 27 und SSRQ ZH NF II/3 22-1, Art. 27).