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SSRQ SG III/4 181-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der Region Werdenberg: Grafschaft Werdenberg und Herrschaft Wartau, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Hohensax-Gams, by Sibylle Malamud

Citation: SSRQ SG III/4 181-1

License: CC BY-NC-SA

Verwaltungsreform der Landvogtei Werdenberg

1650 January 9.

Glarus verordnet: 1. Der neue Landvogt erhält für den Aufritt 60 Gulden, darin auch die Kosten der Mitreisenden enthalten sind.

2. Die Kleidung der Amtleute – Ammann und Weibel in Wartau sowie Landammann, Schreiber, Stadtknecht und Läufer in Werdenberg – dürfen alle drei Jahre 8 Gulden kosten. Die Kosten der Musiker werden nach Aufwand bezahlt.

3. Die Fälle sollen vom Landammann zusammen mit dem Weibel oder dem Läufer nach einem Eidschwur geschätzt werden.

4. Der Landvogt soll analog Uznach und Gaster keine Bussen und Strafen in Verehrungen umwandeln und einen Eid schwören.

5. Bei Bussen in der Höhe von 100 Gulden gehören dem Landvogt 10 Gulden.

6. Bei Verbrechen sind die Zeugen in Anwesenheit des Landvogts, des Ammanns, eines Richters und des Landschreibers zu verhören.

7. Der abtretende Landvogt soll seinem Nachfolger den Hausrat mittels Inventar übereignen.

8. Der Landvogt soll unter den Gütern des Schlosses nur die beiden Under Gräben als Weide nutzen.

9. Dem neuen Landvogt sollen bei der Eidesleistung die Artikel aus dem Ordnungsbüchlein vorgelesen werden, auf die er zu schwören hat.

10. Der Landvogt muss detailliert alle Fälle und Bussen auflisten.

11. Landvögte dürfen ohne Bewilligung der Obrigkeit keine Gebäude errichten.

12. Der abtretende Landvogt soll dem Nachfolger ein Verzeichnis mit dem Hausrat aushändigen und Rechnung ablegen.

13. Der Landvogt soll die Güter des Schlosses im Jahr seines Abtretens wohl pflegen, aber nicht nutzen.

14. Der Landvogt soll kein Heu verkaufen, auf den Wiesen kein Korn ansäen, den Mist in die Weingärten führen und in den Weingärten keine Schafe weiden lassen.

15. Der Landvogt darf nur mit Wissen der Amtleute Frevel bestrafen und Bussen verhängen.

16. Es folgt eine Aufzählung des neuen Hausrats.

  • Shelfmark: LAGL AG III.2468:001
  • Former shelfmark: LAGL XI.
  • Date of origin: 1650 January 9
  • Transmission: Aufzeichnung (2 Doppelblätter, 5 Seiten beschrieben)
  • Substrate: Papier
  • Format h × w (cm): 22.0 × 33.5
  • Language: German

  1. Die VerwaltungsreformTerm: von 1650Date: 1650 lehnt sich teilweise an die im «Amts- und Eidverzeichnis oder kleines Urbarbüchlein» verzeichneten Verwaltungsordnung aus der zweiten Hälfte des 16. Jh.Date: 1.1.1551 – 31.12.1600 an (SSRQ SG III/4 127-1, S. 23–27). Es könnte sich dabei um das hier mehrmals genannte Ordnungsbüchlein handeln. Doch nicht alle Bezüge konnten hergestellt werden (siehe dazu die Fussnoten sowie die Fussnoten und die Bezüge im UrbarTerm: von 1581Date: 1581 [SSRQ SG III/4 143-1]).

  2. In der folgenden VerwaltungsreformTerm: , auch Werdenberger ReformationTerm: genannt, geht es vor allem um die Kontrolle über die VerwaltungskostenTerm: , die unordentliche Buchführung sowie um Missbräuche finanzieller Art, die zu Lasten von GlarusOrganisation: gehen, wie z. B. die Verrechnung privater Auslagen oder die Bestechung oder Unterschlagung bei Bussen. Durch die Festlegung der Befugnisse eines Landvogts und der Amtleute sowie einer genauen Aufzeichnung der BussenTerm: und des HausratsTerm: soll den Missständen abgeholfen werden. Diese Ordnung unterscheidet sich deutlich von der nur drei Jahre später aufgestellten, ausführlichen Verwaltungsordnung zur Abschaffung zahlreicher Misstände und gegen AmtsmissbrauchTerm: gegenüber den Untertanen (SSRQ SG III/4 185-1).

Edition Text

ReformationTerm: puncten der herschafft WerdenbergPlace: , deliberirtTerm: und gemacht uff ratification meiner gnädigen herrenIn the original: g hr undt oberenIn the original: obr, den 9.ten januari 1650Date of origin: 9.1.1650

[1] Erstlich wollendt mein gnädigen herrenIn the original: g hr für die jenigen, welche mit einem landtvogtTerm: zue ehren uffreitenTerm: , dz wenigeste nit mehr, weder daß uff der straß, ußen noch ihnen, auch nit zue WerdenbergPlace: weder für ein noch mehr mahlTerm: gantz nützit mehr, weder dem landtvogt noch anderen, uß ihrem oberkeitlichen seckhelTerm: under einichem schein noch vorwandt, uß seckhlen erstaten noch geben. Und wellend sie einem landtvogt für sein uff ritTerm: nit mehr als 60 Currency: 60 guilders geben, darin auch die letziTerm: , auch die zerungTerm: der gesandtenTerm: uff dem schloßTerm: solle geschloßen und gemeint sein. Allein undt eintzig wellend mein gnädigen herrenIn the original: g hr ihren oberkeitlichen mitreißenden gesandten 60 Currency: 60 guilders außhalten und wie angedeüt, einiche andere costen deß orths geben und bezahlen.

[2] Zum anderen, nach lauth dem ordnung büechliTerm: 1 sollend die WerdenbergischenPlace: ampts leüthTerm: gehalten werden wegen der kleidungenTerm: , ist specificiert wordenUncertain readinga zue 3 jahrenDuration: 3 years umb 8 Currency: 8 guilders , erstreckt sich uf amanTerm: und weibelTerm: zue WarthawPlace: . Item auff amanTerm: , schriberTerm: , stat knechtTerm: und läüfferTerm: zue WerdenbergPlace: , so vill die spyl leüthTerm: bethrifft, wollendt mein gnädigen herrenIn the original: g hr er warten, waß ihret halb inlange.

[3] Zum driten, die fähl sollend lauth dem ordnung büechliTerm: 2 bey eydtenTerm: geschätzt werden und sol man ihnen ein gewüßen eyts form uf setzen, darauff sie mit uffgestreckten fingeren schweren sollend, die schatzungTerm: umb die fählTerm: solcher maßen zue thuen, waß sie vermeinen, sie deß gelts wert seigen. Und wan dan die schatzung geschechen, weil ein landtvogt den fahl darumb an- undt zue handen nemmen, mag ers thuen, wo nit, sollend die [fol. 1v]Page break schetzerTerm: solche verkauffen und lößen, so vill müglich, undt dan daß gält in der qualitet des fahls zue handen stellen. Und solche her aman TischhaußerPerson: und eintweders der weibelTerm: oder leüfferTerm: zue schetzen verordnet sein.

[4] Zum vierten sol ein landtvogtsTerm: eidtTerm: 3 ingebunden sein, dz sie keine straffen und buoßenTerm: , weder für sich noch die seinen, in verehrungTerm: verkheren und verwandlen wollen, in der form, wie den landtvögten in UznachtPlace: und CastelPlace: auch zuchin, geknüpfft und angehengkht ist.

[5] Zum fünfften ist auch die enderung mit geloffen, daß uff die vorfallenden straffen und bueßenTerm: von 100 Currency: 100 guilders allwegen einem landtvogt 10 Currency: 10 guilders zue eigendtlichen und ohne dargebender rechnungTerm: zu dienen und gehören sollen, jedoch daß uf ablegung und erscheinung der straffen und bueßen und dergleichen mit hangenden gedingen ein landtvogt threw, ehrbar und ohnvermaßget sich verhalten thüege, inmaßen mein gnädigen herrenIn the original: g hr ein Currency: 1 guilder belieben bezeügen könen. In dem widerigen, gantz ohn verhoffenden fahl sich ein old der andere nicht nach obhabender pflicht vergaumenTerm: verhalten thüege, sonderen eines uberschrits und falsch erfunden wurde, daß ein solcher umb nit nach gelenckter schuldigkeit an leib und guet gestrafft werden solle.

[6] Zum sechsten in uffnemung der oberkeitlichen kundtschafftenTerm: und abstraffungTerm: der verbrächTerm: - und fählungen ist die moderationTerm: angelegt worden, daß fürterhin mit faßung der kundtschafften und in abstraffung durch ein landtvogtTerm: , amanTerm: , ein richterTerm: und landtschreiberTerm: solle volführt und verrichtet werden (nebend einer billichen, je nach habenden geschäfften wohl verdienender belohnung), allein darbey könfftigklich allen vorgehenden old under werender verrichtung darauff treibenden unkosten, als gastereyenTerm: , [fol. 2r]Page break und zächenTerm: , uß der obrigkeiten old der partheyen secklenTerm: und kosten zuenemen, gentzlich vertilget und abgeschniten. Sondern, wan in verrichtung angedeütnen fählen etwaß dergleichen uncösten uflauffen möchte, durch ein landtvogt und seinen mit geordneten alles ohnne nach theil meiner gnädigen herrenIn the original: g hr old der partheyen abgestrafft werden solle.

[7] Zum sibenden sol ein landtvogtTerm: , der sein abtritTerm: nimbt, den haußrathTerm: luth inventori4 dem neüw ufzeichnenden landtvogt in gegen ward der b–mit mitCorrected from: mit–b reisenden herrenIn the original: hr gesandtenTerm: überhendigen und zue stellen, maßen auch alwegen frisch verzeichnußen gemacht und zu handen meiner gnädigen herrenIn the original: g hr gebracht werden sollen, damit der oberkeit am haußrathTerm: , silber geschmeidtTerm: und anderem nichts verminderet noch geschweineretTerm: werd.

[8] Zum achten sol ein jewilliger landtvogt eintzig und allein under den zu dem schloßTerm: gehörenden geüterenNotable spelling, die beiden Underen GrebenPlace: , und sonst keine andere stuckh zue etzenTerm: geweltig und befüegt sein.
[9] Zum neünten, wan ein landtvogtTerm: erweltTerm: ist und er gewont- und geordneter maßen meinen gnädigen herrenIn the original: g hr huldigenTerm: wirt, sollend ihne die in dem ordnung büechliTerm: 5 vergriffen, meinen gnädigen herrenIn the original: g h zu schaden oder nutz gereichenden artickul vor geleßen werden, die dan in steiffer observanz zue halten sey, die eydt darauff schweren sollen.

[10] Deßgleichen, so wellend auch mein gnädigen herrenIn the original: g hr, daß fürohin die landtvögt alle fählTerm: und bueßenTerm: von einen postenTerm: an den anderen verrechnet und auch jeden namenTerm: insonderheit nambßend und nit als in einer sum verschreiben, sie wie vormals etwan beschechen.

[11] Mein gnädigen herrenIn the original: g hr habend sich hinfüro allen ihren landtvögten abgestricktTerm: , ohne vorwüßen meiner gnädigen herrenIn the original: g hr neüwe gebüwTerm: uf zerichten, bey selbst habung deß costens, so mit ufgehn mochte.

[fol. 2v]Page break

[12] Es sol auch ein jeder landtvogt, wan er abzeücht, auch järlich, wan er rechnungTerm: gibt, den rodelTerm: , darinen der hauß pflunderTerm: , so meinen herren gehört, verzeichnet, den gesandten und dem neüwen landtvogt über antworten und darumb guete rechnugCorrected from: rechnungc geben.

[13] Item, es sol auch kein landtvogtTerm: , wan er abzeüchtTerm: , deselbigen jahrs kein stuckh güeter, so meinen gnädigen herrenIn the original: g h etzenTerm: , dan allein die 2 Underen GräbenPlace: . Es soll auch kein landtvogt zu früeling zeitTerm: die wein gertenTerm: etzen. Aber zue herbstTerm: mag er die wohl etzen, doch daß er daß vechTerm: hüete und die räbenTerm: schirme zue vermeidung schadens, so darmit ervolgen möchte.

[14] Mein gnädigen herrenIn the original: g hr und gantz gesäßer rath haben sich uff die clag, so ihnen für komen, daß etliche landtvögt höüwTerm: ab den güeteren verkaufft und auch etlichen bauwen und kornTerm: angesäyt, dardurch der bauwTerm: den wein gertenTerm: entzogen und zue abgangTerm: kommen, sich erkent, daß fürohin ein landtvogt in obgemeltem eidt auch schweren solle, daß einer kein häüw ab den güetern solle verkauffen noch abführen. Deßgleichen, dieselbigen nit bawen noch korn ansäyenTerm: , sonderen den bauwTerm: , so vom heüwTerm: mag gevolgen, in die wein gartenTerm: thuen und verwenden, wie von alter. Item daß auch kein fürohin kein landtvogt keine schaffTerm: , weder herbstTerm: noch lantzig zeitTerm: , in die wein gerten ze weidenTerm: schlachen sollend.

[15] Demnach meinen gnädigen herrenIn the original: g hr auch zu underschidenlichen mahlen clagt, daß wan bueßenTerm: in der graffschafft WerdenbergPlace: gefahlen, sollche fraffelTerm: von den landtvögten bißweilen hinderhaltenTerm: und ohne vorwüßen der ambtsleüthenTerm: abgestrafft worden. Deßwegen ist erkhent, daß fürohin ein landtvogt in obgemeltem eydt auch schweren solle, daß wan sich fähler, [fol. 3r]Page break waß gestalten die sein möchten, in der graffschafft zue tragen wurde und buoßfellig werdend, sollend doch selbigen von dem landtvogt nit allein verthädigetTerm: oder abgemacht, sonderen allwegen in bey weßen der mehrer theil amptleüthen abgestrafft werden.

[16] Es sol auch ein jeder landtvogt zu wardenUncertain readingd, den haußrathTerm: meiner gnädigen herrenIn the original: g hr und oberenIn the original: obr mit nach vollgenden stuckhen, die er von neüwen, frischen dingen nutzen und alda hinderlaßen sol, ohnfählbarlich erhalten sol und verbeßern:

Erstlich leynlachenTerm: 6
tischlachenTerm: 6
handtzwechelenTerm: 6
tischzwecheliTerm: 12
küßziechenTerm: 2
pfulben ziechenTerm: 2
feder beth ziechenTerm: 1
feder deckhi ziechenTerm: 1
laubsackhTerm: 1

Sylber geschmeidtTerm: , erisTerm: und kupffer geschirTerm: sol ohn verminderet verbleiben und erhalten werden.

[Dorsal notation on the reverse side in a hand of the 16th century:] ReformationTerm: der landtvogtey WerdenbergPlace: anno 1650Date: 1650

Notes

  1. Uncertain reading.
  2. Corrected from: mit.
  3. Corrected from: rechnung.
  4. Uncertain reading.
  1. Das Büchlein konnte nicht gefunden werden, es existiert jedoch noch ein Auszug des Ordnungsbüchleins (LAGL AG III.2401:011). Dieser Auszug ist Teil zweier identischer Abschriften in zwei Kopialbüchern im PGA Buchs und im Privatarchiv PA Hilty über «wie ein herr landt vogt wegen in nemeß oder uß gebenß oder sunst der früchten halben von unsseren gnädigen herrenIn the original: g h und oberen gehalten wirt» (PGA Buchs B 11.21-02, S. 22–25; [PA Hilty] Privatarchiv Kopial- und Formularbuch von Christian Litscher, S. 17–20). Laut einer Notiz im Kopialbuch Buchs am Ende dieses Eintrags (S. 25), der 1654Date: 1654 erfolgte, handelt es sich jedoch um einen Auszug aus einer Jahrrechnung. Möglicherweise wird hier Bezug genommen auf das Amts- und Eidverzeichnis, auch Urbarbüchlein genannt, aus der zweiten Hälfte des 16. Jh. (SSRQ SG III/4 127-1; SSRQ SG III/4 128-1; SSRQ SG III/4 129-1). – Zur Kleidung der Amtleute vgl. die Einträge SSRQ SG III/4 127-1, Art. 1.1., Art. 2.2., Art. 3.4.
  2. Siehe dazu die Fussnote oben, doch zur Schätzung des Falls sind dort keine Einträge vorhanden.
  3. Zum Landvogteid siehe SSRQ-SG-III_4-128-1.
  4. Vgl. das InventarTerm: des Schlosses Werdenberg von 1487Date: 1487 (SSRQ SG III/4 80-1) sowie die Bestimmungen zum Hausrat (LAGL AG III.2401:027, S. 35–39).
  5. Vgl. dazu die Fussnote oben und zum Landvogteid (SSRQ SG III/4 128-1).