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SSRQ SG III/4 141-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der Region Werdenberg: Grafschaft Werdenberg und Herrschaft Wartau, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Hohensax-Gams, von Sibylle Malamud

Zitation: SSRQ SG III/4 141-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Urteil über die Morgengabe von Magdalena Gully an ihren Ehemann Peter Steinheuel

1573 Mai 26.

Der Werdenberger Landammann Johannes Tischhauser sitzt auf Befehl von Landvogt Gabriel Streuli zu Gericht und urteilt, dass die Morgengabe, die Magdalena Gully ihrem Ehemann Peter Steinheuel von Sevelen versprochen hat, nämlich 100 Gulden, einen Acker und eine Hofstatt, dem Ehemann, falls er sie überlebt, vor der Erbteilung auszurichten sei.

Valentin Gully, ein Verwandter der Ehefrau, und Michael Engler, Vogt der Tochter der Frau, meinten, diese Morgengabe sei gegen den Landesbrauch.

Der Aussteller siegelt.

  • Signatur: LAGL AG III.2443:082
  • Frühere Signatur: LAGL IVa.c:40
  • Originaldatierung: 1573 Mai 26
  • Überlieferung: Original (Doppelblatt, 2 Seiten beschrieben)
  • Erhaltungszustand: Feuchtigkeitsschäden am unteren Rand rechts
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 22.0 × 32.5
  • 1 Siegel:
    1. Landammann Thomas TischhauserPerson: , Papierwachssiegel, rund, aufgedrückt, gut erhalten
  • Sprache: Deutsch

Gewöhnlich ist die MorgengabeBegriff: das GeschenkBegriff: des Mannes an die FrauBegriff: am Morgen nach der HochzeitBegriff: . Der KonfliktBegriff: zeigt jedoch, dass die Morgengabe auch ein Geschenk der (meist verwitweten) Frau an ihren (zweiten) Mann sein kann. Es wird deutlich, dass diese Art Morgengabe im allgemeinen LandesbrauchBegriff: von WerdenbergOrt: zwar ungewöhnlich ist und deshalb vor GerichtBegriff: angefochten wird, aber offensichtlich weder gegen RechtBegriff: noch Brauch verstösst (siehe auch SSRQ SG III/3, Nr. 54). Im Landrecht von 1639Datum: 1639 heisst es allerdings, dass kein Mann einer Frau und keine Witwe einem Mann mehr als 10 Gulden Morgengabe versprechen darf ohne Wissen und Willen der Verwandten (SSRQ SG III/4 174-1, Art. 52).

Editionstext


Ich, Johanns TischhuserPerson: , der zyth ammannBegriff: zu WerdenbergOrt: ,
bekenn offentlich mit disem brieffe, das ich uff hütt dem
tag, alß synes datumb uß wyst, us geheiß und von bevelchs
wegen des frommen, vesten Gabrielen StrölisPerson: , des zyAuffällige Schreibung raths
zu GlarusOrt: unnd diser zith landtvogtBegriff: der grafschafft
Werdenberg und herrschafft WarthowOrt: , vvon myns gnedigen
herren ein offen, verpanen gerichtBegriff: gehalten unnd beseßen hab, für mich unnd dasselbig kommen ist der
bescheiden Better SteinhüwelPerson: von SevelenOrt: , hatt fürgebracht,
wie das syn eeliche husfrowBegriff: Madalena GulisinPerson: im
hirathBegriff: unnd werender eeBegriff: ime zu rechter morgengabBegriff: , wie harnach volget, bedinglich verheissen und zugseit. Da aber, wie er verstanden, etlich ire fründBegriff:
darwider und vermeynen wellen, sy sölle im nüt
hallten, dann es sige gar wider den lantzbruchBegriff: .
Er verhoffe aber, wz sy ime da verheissen, das sölle
billich nit minder dann gehallten werden.
Dargegen
Vallenthin GulißPerson: , als ein fründtBegriff: der frowenBegriff: , und
Michel EnglerPerson: , ein vogtBegriff: irer, der frowen, dochterBegriff: Person: ,
ouch anzeigen lyeßen, sy vermeinen, der lantzbruchBegriff:
vermöge nit, dz ein frow irem man so gar fil, wie
aber sy gethon, ufmachenBegriff: oder zun einer morgen gabBegriff:
one vorwüssen den nechsten fründen geben sölle.
Und vermeynen noch by hüt dem tag, es sölle im in
dem fhal nüt gehallten werden.
Uff dz PetterPerson:
wyter anzeigt, glich wie vor, sy habe im dz ufrecht
und redlich verheissen, namlich einhundert guldinWährung: 100 Gulden ,
demnach ein ackerBegriff: , Streck AckerOrt: genent, der da stost
abwert an eeweg, ußwert an Warthower RiethOrt: ,
ufwert an Andres BrötlisPerson: erben gutt, hinwert an eewegBegriff: .
Ouch die hofstattBegriff: , welche stost an Fridli SchlegelsPerson: stadelBegriff: ,
zur andern syten an die gassBegriff: , driten an Hans SpitzenPerson:
gartenBegriff: , vierten an Adam SpitzenPerson: gut, welches als für
fry, ledig unnd loß. Also unnd wann er iren todBegriff: ,
dz gott lang wennden welle, über lepte, alß dann
sölle und möge er söliche zwey stucken gut und ouch [S. 2]Seitenumbruch
die vorschribnen hundert guldinWährung: 100 Gulden an ligendemBegriff: oder
verenden gutBegriff: , wo und in welchem eer welle,
vor aller theilungBegriff: voruß dannen nemmen, deß sy
ime noch gut anred und bekanntlich sige. Und
die wyl nun sy ime dz ufrechtlich und zu bedingten
morgen gabBegriff: verheissen, so verhoffe er, richter
und gricht
Begriff:
werde vorgenanten fründt und vogt
rechtlich dahyn wysen, dz sy inen alda by ruwen
lassen und satzt hiemit zu erkanntnuß des rechten,
ob dz, wie vorstat, nit billichen sölle beschechen und
im alda gehallten werden.
Dargegen vorgemelter
ValenthinPerson: und MichelPerson: , glich wie vor, by irer antwurt
belyben und satzten ouch zu recht, dz ime da nüt sölle
ghallten werden, die wyl es dem lantzbruchBegriff: so gar zu
wider.
Nach clag unnd antwurt, red
unnd wider red unnd nach ir beider siths rechtssatz, ward uff myn, des richters, umbfrag zu recht
erkennt:
Die wyl vorgerürte Madalena GulisinPerson:
wir gichtigBegriff: befunden, dz sy im, dem SteinhüwelPerson: , das,
wie er anzeigt hatt und hievor verschrieben,
zu rechter morgen gab verheissen, soll ime, dem
SteinhüwelPerson: , wann es ze fhal kompt, dz er sy überlebt,
billich gehalten werden und dz, wie ime verheissen ist,
er voruß dannen nemen allß syn eigentumbBegriff: ist
und syn sol.
VVon sölicher urthel begert Better SteinhüwelPerson:
brief unnd sigel, die im zegeben mit urthel erkennt.
Des zu warin urkundt, hab ich, obgenannter richter,
mynen gnedigen herren von GlarusOrganisation: , ouch mir und
dem ganntzen gericht in allweg one schaden geben,
den sechs unnd zwentzigesten tag monaths mey im
jar nach der gepurt Jhesu ChristiPerson: gezallt tussent
fünffhundert sibentzig und drü jare etcAbkürzung
Originaldatierung: 26.5.1573
.
[S. 4]Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 19. Jh.:]
1573, ammann uund gericht zu Werdenberg
betrift eine morgengaabBegriff: