SSRQ SG III/4 115-1
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der
Region Werdenberg: Grafschaft Werdenberg und Herrschaft Wartau, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Hohensax-Gams, by Sibylle Malamud
Citation: SSRQ SG III/4 115-1
License: CC BY-NC-SA
Schiedsspruch zwischen den Landleuten und den Bürgern von Werdenberg wegen des Bürgerrechts
1536 March 15.
Metadata
- Shelfmark: StASG AA 3 U 09
- Former shelfmark: StASG AA 3 U 9
- Date of origin: 1536 March 15 (uff mitwuchen nach dem sontag reminiscere) Transmission: Original
- Substrate: Pergament
- Format h × w (cm): 71.5 × 65.0
- 1 seal:
- Landammann Hans Aebli von GlarusPerson: , wax with margin, round, sealed on a parchment tag, well-preserved
- Language: German
Additional Filiations
- Shelfmark: LAGL AG III.2424:016
- Former shelfmark: LAGL IV.
- Date of origin: 17. c. Transmission: Abschrift (2 Doppelblätter, 8 Seiten beschrieben)
- Substrate: Papier
- Format h × w (cm): 23.5 × 35.0
- Language: German
Comments
Zu den BürgerrechtenTerm: der Bürger in der Stadt WerdenbergPlace: vgl. auch SSRQ SG III/4 48-1; SSRQ SG III/4 49-1; SSRQ SG III/4 101-1; SSRQ SG III/4 116-1.
Edition Text
Ich, Johans AblyPerson: , dyser zidt
landtaman zuͦ GlarusPlace: , thuͦnn khundt
mengklichem offenbar mit dysem brieff, als sych dann spenn unnd stoß erhept
entzwuschendt den unsern lieben und getrüwen underthonen und guͦtten
fruͦnden, den burgerenOrganisation: unnd landtlutten zuͦ WerdenbergPlace: Organisation: , zuͦgetragen ettlicher beschwerdungen, so sy gegen einandern
zehaben vermeinttendt, der burgerschafft halber ufferstanden, darumb sy dan
mich min gunstig lieb hern, ein gantzer geseßner radt zuͦ GlarusOrganisation: , als ire rechte natturliche ober heren,
irs anlygendtz der beschwerdungen des spans umb gricht unnd recht angerufft.
Hieruff wir sy dan umb ir spen und stöß, zuͦ beyder sydtz fur uns guttlich
zebetagen ald rechtlich ußzesprechen, betagedt unnd verkhundt beidt
theill mit vollmächtigen gwalt vor uns zeerschinen.
Uff dasselbig die unseren lieben und getruwen underthonen und gutten
frunden der buͦrgerenTerm: und landtluttenTerm: volmächtig bodtschafft von beiden parthyen vor uns
erschynen, ir anlygen der bescherdungenCorrected from: beschwerdungena irs spans erzelt und anzöygt. Die selbigen wir verhordt und
verstanden etcAbbreviation. Unnd diewill aber hierumb nit beydt theill und
besonders der burgeren bottschafft mit vollmächtigen gwalt in der
guͤttigkeydt zehandlen abgevertigedt, so habend doch nudtersterminder
min gunstig lieb hern, ein gantzer geseßner radt zu
GlarußOrganisation: , mich mitsampt den nunnAmount: 9 geschwornen
rechtsprechern verordtnott, uns hierin gwalt geben, guͦttlichen ald
rechtlichen in der sach zehandlen. Und uß ir bevelchen habend wir inen
guttlich mittell, artickel furzeschlachen, gesetzt und gestelt, dieselbigen
inen zuͦ beydentheillen uff ir gefallen guttlich anzenaͤmen heym gesetzt
mitt vorbehaltung, sover sollich artickell von beyden parthyen nit
guͦttlich angenomen wurdendt, wir witter on nachtheill jedermans rechten
unser und der unseren das recht unnd urtell sprechen etcAbbreviation.
Und als nuͦn solich unser frundtlich mittel, artickell von
eynem theill der landtlutten gentzlich abgeschlagenTerm: und nit abgenomen, sonders uns hieruff witter umb
recht angerufftTerm: . Unnd diewill wir dan den
unsern rechtens nit vorsin, sonders billich zeerstatten geneygt, so
habend wir hieruff den unsern lyeben und getruwen underthonen, landtlutten
und den burgeren zuͦ beiden theillen ein recht
tagTerm: gesetzt und denselbigen gestypmten rechttag verkhunden lassen,
beydtheill mit vollmachtigem gwalt ouch ludt ald brieff und was sych
jetwedern theill truwe im rechten zegenyessen, darmit vor uns zeerschinen
etcAbbreviation.
Nun uff sollichs bin ich, obgenampter Johans
AblyPerson: , landtamman zuͦ GlarusPlace: , uß geheiß und bevelch miner here eines gantzen
geseßnen radtz zuͦ GlarusOrganisation: uff hudt datum
ditz brieffs offenlich zu GlarusPlace: in
der grossen radtstuben an gewohnlicher richtstadt mit den nunnenAmount: 9 des geschwornen gerichtz zu gericht gesessen, synd alda fur mich und dasselbig gericht khomen und erschinen, die
unseren sonders lieben und getruwen underthonen und guͦten frundt Marx PfyffinerPerson: , dyser zidt amman zu
WerdenbergPlace: , Hans SteinhuwelPerson: , Andres GassenserPerson: und Heinrich PuschPerson: als von wegen und mit
volmachtiger gwalt gemeiner der unsern und irer landlutten zu WerdenbergPlace:
Organisation: als kleger an eynem, ouch die unseren sonders lieben und getruwen
underthonen und gutten frundt
Claus ThischhusserPerson: , Hans SchwartzPerson: , Vallentyn GullisPerson: und Jorg
MaderPerson: ouch von wegen und mit volmachtigen gwalt der unsern und
gemeiner irer burger zuͦ WerdenbergOrganisation: als
antwurtter anders theyls.
Und als sy sych zu beyder sydt nach form des rechten
verfursprechtend, liessend die egedachten personen der landlutten gwaltz
bottenn in namen und von wegen gemeiner der unsern und irer landtlutten zu WerdenbergPlace: Organisation: in recht offnen und clagende, wie das dan die
burgerTerm: ettliche zu burgern angenomen habend,
welcher ein burgerin zu eyner frowenTerm: genomen
und wan eyner aldan nach syner frowen der burgerin todtTerm: und absterbenTerm: , dardurch er das
burgrechtTerm:
zeerwybenTerm:
vermeindt haben, darnach wider ein landtmannyTerm: genomen und vermeindt, furer ein burger ze sind und
blyben in sturnTerm: und anderm genyeßTerm: , wie ein andern burger geachtet und ghalten
werden. Dardurch aber sy, die landtludt, ein grossen nachtheill an der
sturTerm: , so sy iren gnedigen lieben heren zuͦ GlarusOrganisation:
jarlichenRepeated duration: 1 year ußzerichten schuldig, dieselbig stur ouch
dester schwarlicher gehalten mogend, dan der burgern so vil worden, so ir
burgerschafftTerm:
erwybettTerm: und ettlich uff dem land
gesessen, das sy die landluttTerm: nit mer dulden
noch erlyden mogendt. Wellichs aber alt burger und ir burgerschaft ererbt
oder sunst von einem oberherenTerm: zuͦ WerdenbergPlace: , so sy bißhar ingehept, gefrietTerm: werend, dorum einer oder mer brieff
und sygel hette, demselbigen woltend sy nutz in sin burgrechtTerm: reden, sonders inen darby belyben lassen. Battend und
begerttend die landtlutt also ein recht, solte sy die burger darzuͦ wysen,
das sy brieff und sygel darthuͦn soͤltend, das sy von iren hern und
obern des gefryet, das sollichs bruchsTerm: zethun
recht habend, ein jeden, so ein burgerinTerm: näme,
das derselbig also sin burgrechtTerm:
erwybetTerm: haben solte und inen dan fur ein
burger on anzoygung unnd bewilgung ir hern und obern zuͦ haben. Ouch
welchem dan sin frowTerm: die burgerin mit todt
abgangenTerm: und nach demselbigen ein landtmannyTerm: naͤme oder genomen hette, das derselb,
er und syne kindTerm: , so er by der landtmaͤnny
geporn und erzogen, furer buͦrger blyben soltendt und der landluttenTerm:
sturTerm:
entlegodtTerm: sin etcAbbreviation.
Daruff die egemelten der burgeren gewaltzbotten von wegen ir selbs und der
unsern gemeiner irer buͦrger zuͦ WerdenbergOrganisation: durch iren mit recht erloupten fursprechen antwurtten
und reden liessendt, das sy die clag, so ir gegenteill, die landlutt, gegen
inen gethon, hoch befrombdte, dan sy nutz nuws mit inen gebrucht, sonders
lang vill jaren sollichen bruchTerm: on inredTerm: gehept, vermeintend ouch, wo sy sollichs
zethon nit recht ghept, were es inen von iren hern und obern, dero sy
mencher in mansdenckenTerm: gehept, nit so lang
nachgelassen noch vergundt worden. Battend und begerttend ouch an ir
gegentheill, der landlutten, sy nochmahln darby zebelyben lassen und irs
furnamen gutlichen abstan. Wo aber sy, die landtlud, sollichs nit thun
woltend und uff irem furnamen der ansprach belybenn, hofftend sy, die
burger, ein gericht und recht solte sy, die landlutt, darzu wysen, damit sy
by iren alten bruch und langer besytzung geschutz und geschirmet blyben
mogendt etcAbbreviation.
Dargegen aber der landlutten botten obgemelt durch iren mit recht
erloupten fursprechen antwurtten und witter reden liessend glich wie vor, sy
werend irem gegenteil, den burgern, des alten bruchs und langer besytzung
nit ab, vermeintend aber, unbillicher wyß beschechen sin,
dan vill jar unrechtTerm: syge kheins recht, sy, die
landlud, syend ouch des bruchs uber beschwert gsin, sy habend ouch mengmall
von den burgern sollichs und fryheid von iren hern und obern brieff und
sygel zeverhern begertt. Daruff inen allwegen von den burgern geantwurt, sy
habend sollichs bruchs brieff und sygell, so etwas hierum zugebe, das sy
sollichs ze thuͦn recht habend. Dorum sy, die landtludt, die
sach also lang anstan lassen habend und nudt witters byß uff jetz kunfftige
zidt darzu gethuͦn. Sy, die landludt, syend ouch uß beschwernuͦs darzuͦ
genöttigodt, nachfrag ze haben und des bericht, das die burger nutz
gruntlichs hierumb habend und begerttend die landlut abermaln an ir
gegenteil der burgern, so ver sy vermeintendt, solliche burgerschafftTerm: , als obstad in der clag gemeltet,
von jedem anzenämen darzuͦ recht haben, das sy brieff und sigell dem
rechten gnugsam darthun seltend ald darvon abstan wie recht were und furer
keyner mer in der burgersturTerm: anlegen, er
syge dan ein alter ererbter burger, sonders in der landlutten stur wie
ein anderen landtman belyben lassen. Es syge dan sach, das ein oberherTerm: zu WerdenbergPlace: einen fur ein burger uffnaͤmeTerm: oder genomen hette, dorum eyner oder mer, so in ansprach
des rechten gsyn, brieff und sygel hette, demselbigen
konnends noch wellend sy nutz in sin burgrechtTerm:
reden, sonders sy darby belyben lassen. Wie woll sy, die landlut, ouch
vermeintend, welliche burger vermeintend, burger ze sind und werend, soltend
sich der statTerm:
enthaltenTerm: und darin hußhäblichTerm: sytzen blyben. Sy, die landtlutTerm: , gebend aber das selbig iren heren und
obern heim zeermessen, dorum zeerkhennen, was billich und recht syge.
Nun uff sollichs der bürgeren botschafft obgemelt witter antwurtten
und reden liessend glich wie vor und begerttend so vil witter an ir
gegentheil der landtlutten, das sy usser lassen und inen anzöygen soltend,
wellichs nit recht alt ererbt burger waͤrend und ires burgrecht erwybetTerm: und wider verwybetTerm: hettend. Ouch uff das ir gegenteyl,
die landlut, vermeintend, die burger vermeintend ze sin und burger waͤrend,
soltend sich der stadtTerm:
enthaltenTerm: und darin hußhablichTerm: blyben sytzen, vermeintend die burger, sy hettend
desselbigen recht dan an ettlichen andern ortten und stetten, da burger
warend, ouch bruchtend, das einer uff dem landTerm:
ald in der stad möchte sytzen, weders eim gefellig fugklich und eben were
etcAbbreviation.
Also nach vill und mengerley reden und wyder reden, hie zu melten nit
nodt, satztend beid theil die sach zu recht. Also nach dem rechtsatzTerm: ward uff min, des richters, umbfrag uff
den eyd zu recht erkhend, das die obgenanntenIn the original: obgntten der landlutenTerm:
bottschaft usser lassen soltend und die mit namen anzeygen, welliche ir
burgerschaftTerm: in mansdenckenTerm: erwybet und wyder verwybet hettend und welliche sy
jetzmall nit indenck waͤrend und aber noch ettlich fundend, die in glicher
gestalt, als obstatt, burger worden. Soltend die landlutten glich als
die sy antzoygten im rechten vorbehalten sin. Und wellicher dan ludt ald
brieff und sygel hette, dem rechten guͦngsam, das einer von einem oberherenTerm: zuͦ WerdenbergPlace: synes burgrechtzTerm:
gefryetTerm: und inen darfur angenomen, solte sich
im rechten genyessen. Welcher aber nutz darumb hatt, solle ein recht ouch
witter dorum walten, was recht sye etcAbbreviation.
Also uff erkhanntnisIn the original: erkhann des rechtenn nampten die genanntenIn the original: gntten der landtlutten gwaltzbotten durch iren fursprechen Hans SchlegelPerson: zu SevelnPlace: , Crysten
SchlegelsPerson: sun, JörgPerson: und
Jacob die LitscherPerson: , gebruͦdern,
Uly WintznouwerPerson: , Jorg ForerPerson: , JoͤrgPerson: und Felix die
MaderPerson: , GebhartPerson:
und Ulrichen die HyltinPerson: ,
Claus ThyßhusserPerson: und Jerg SchachlysPerson: seelgen sunPerson:
etcAbbreviation. Hieruff der landlutten gwaltzbotten ouch anzoͤygten,
wannenhar insonders ir harkomen were, wie und in wellicher gestalt sy ir
burgrecht erwybetTerm:
und wyder verwybetTerm: hette, hie als ze
melden nit nodt.
Dargegen der burgeren botten durch iren fursprechen von wegen ir selb und
aller deren, so ir gegenteyl, die landtlut genempt, die ir burgrecht erwybet
b–und widerAddition above the line–b verwybet haben soltend, jetlicher
insonders veranttwurtten liessend, onnodt zemelden. Darby der burgern botten
witer in recht tragen liessend, wie sy ein brieff vor etwas jaren in handen
gehept, der dan ettwas umb das burgrechtTerm: und landtrechtTerm: , wie man
dasselbig gegen einandern bruchen, ußgewysen und zu geben habe. Nun habend
sy den selbigen brieff ettlichen iren nachpurenTerm:
in rechtz hendlenTerm: gelichen, daselbs er inen
verlorn und nye wyder worden were. Vermeintend ouch, wo sy nit ein
sollichen brieff also ghebt, das inen solich burger anzenamen nit so lang
nach gelassen noch vergundt were von iren hern und obern, so sy bißhar
ingehept. Glicher gestalt von irem gegentheil, den
landlutten, hofftend wol, sy soltend desselbigen nit engelten, sonders by
irem alten bruch und langer besytzung geschutz und gehandthabet werden. Und
so aber ir gegenteil, die landluͦt, nit glouben woltend, das sy ein
sollichen brieff gehept, der heitter umb jetzigen iren spanTerm: des burgrechtz und landtrecht halber zuͦ geben habe,
begertten sy byderb lud und brieff, denen dorum zewussen, ouch ettwas hierum
zu gabendt, darzestellen und zeverhören, damit die warheit an tag keme
und mengklich sechend und bericht werde, das sy sollichen alten bruchTerm: nit uß ir selbs einem gwalt gethon, sonders
dasselbig ze thuͦn recht gehept.
Uff solichs der vilgemelten landtluttenTerm:
gwaltzbotten durch iren fursprechen antwurtten und reden liessend, sy
gloubtend nit, das ir gegenteil, die burger, kein sollichen brieff gehept
oder noch habend, der heytter zugeben habe, das sy sollich burger
anzenamen recht habend. Sy, die burger, habend aber wol inen, den
landlutten, sollichs furgeben. Nun so sy, die landlut, aber bericht, das die
burger, ir gegenteyl, nutz gruntlichs dorum habend, das sy sollich
burger anzenamen recht habend, dorum sy, die landlut, uß sollichen und
andern ursachen und beschwerdungen darzu verursachet, sollichem mit recht an
ein end ze khomen und satztend darmit abermahlen beydt theil die sach
zu recht.
Also ward uff ir rechtsatzTerm: und min, des richtersTerm: , umbfragTerm: uff
den eyd zu recht erkhend:
So ver die burgerTerm: darbringen wellend durch
unparthygig lud ald brieffen, das sy ein sollichen brieff gehept oder
noch habend, der heitter zu geben habe, das die burger also burger anzenamen
gwalt gehept, deßglichen die landlut gwalt gehept, landlut anzenamen one
anzeygung und verwilgung eines oberheren zu
WerdenbergPlace: , das aldan beschechen
solt, was recht waͤre. Wo sy, die burger, es aber nit also darbringen noch
darthuͦn woltend, als obstad, durch unparthygig lud ald brieffen, solle dan
aber ein recht witter dorum walten und erkhennen, was recht sy.
Also uff dyse erkhannus des rechten liessend der vilgemelten burgern
gwaltz botten ussen, das syAddition above the linec nutz anders witters
darbringen woltend, dan die, so sy vermeintend, etwas hierinn ze wussen
were, syend in der unsern herschaft WerdenbergPlace: geseßen, die dan landlut und burger zuͦ beyden
teillen parthygig werend, doch so zeygtend der burgern botten ettlich brieff
und rodelTerm: mit pit und beger, dieselbigen wir
zuverhoren, das wir nun gethan.
Also nach vil und mengherley reden und wyderreden, so von der sach im
rechten gebrucht, hie als ze melden nit nodt, ward die sach hin zuͦ beyden
theillen zuͦ der beschlus urtell gesetzt. Also nach dem rechtsatzt,
frag ich, obgemelter richter, einer urtel des rechten umb. Also nach klag,
antwurt, red und wyderred ouch uff verhorung ingelegter brieffen und nach
allen furwand des rechten gnugsam verhort und verstanden, ward uff min,
des richters, umbfrag uff den eyd zu recht erkhend und gesprochen:
[1] Das die burgerTerm: weder durch lud noch
brieff so vil darbracht, das sy kein gwalt gehept, jemandtz fur ein
burger anzenaͤmenTerm: in kheynigen weg und sollend
ouch weder burger noch landtlutTerm: furer kein
gwalt haben, weder burger noch landtlud anzenaͤmen, sonder des bruchsTerm: , so sy gebruch, gantz entsetzt und
beroubt sin, dan sollichs eynem hern zu WerdenbergPlace: zu gestanden. Harumb, so sollend die, so dise
herschaft WerdenbergPlace:
rettlichNotable spelling in handen haben, sollichen gwalt furer haben. Und fur
das sych eyner oder mer int stadtTerm: ald
landschaftTerm:
WerdenbergPlace: ingesetzt, inen fur ein
burger ald landmannIn the original: l zenaͤmen, wie inen das gfellig und ebenn ist.
[2] Und umb das die burger sollichen bruch, dorum sy in recht
gestanden, ein lange zidthar on inredTerm:
gebrucht und die landtlut inen nye nutz darin geredt biß uff jetz dato ditz
brieffs, so soͤllend die, so im rechten von den landtlutten angesprochen,
als obstadt genempt, ouch die, so inen im rechten vorbehalten, so in
mansdenckenTerm: burger worden und ir burgrechtTerm:
erwybetTerm: und wyder verwybetTerm: habend, so ver derselbigen einer oder mer in jar und tagTerm: in die stad WerdenbergPlace: zuchend und sych darin hußhaͤblichTerm: setzend, deßglich ob deren ettlich, so
in ansprach des rechten vorhin in der stadTerm:
werend und sy furhin in der stadt hußhablich blybend, dieselbigen all, als
obstad, sy und ire nachkhommen sollend aldan burger sin und blyben und
in der sturTerm: und andern genyeßTerm: , wie ein anderen burger geachtet und gehalten
werden.
[3] Welcher aber in obbemelten zid nit in die stad zugge und uff dem
landTerm: belibe sytzen, die selbigen all
sollend dan landtlutTerm: heyssen, sin und blyben
und in der landtlutten stur wie ein anderen landtman gelegt und gehalten
werden.
[4] Und wellichs aber alt ererbt burger synd, sy sytzen in der
statt ald uff dem land und die so brieff und sygel habend, das sy von einem
ober heren zuͦ WerdenbergPlace:
gefriettTerm: , die selbigen all soͤllend burger
blyben, so lang sy in der herschaft WerdenbergPlace: gesessen und hußhablich synd
etcAbbreviation.
[5] Welcher burger aber nun hinfur nach dato ditz brieffs uß der stattAddition above the lined
WerdenbergPlace: zugge, der jetzmal in der
stad hußhablich were oder die noch uber kurtz oder lang zidt darin kunfftig
wurden, die selbigen sollend ouch aldan ir burgrechtTerm: verzogen haben und nit mer burger sind noch blyben, es
were dan, das einer von einem oberhern zuͦ WerdenbergPlace: witters fur ein burger ald landtman angenomen
wurde, der selb sol sich dan halten, wirt er ein burger, wie ein
burger, wirt er landtman, sol er sich halten wie ein landtman, wie dan die
brieff, so ein her zuͦ WerdenbergPlace:
inhadt, zuͦgebend und ußwisend etcAbbreviationAddition above the linee.
Dyser urttlen und rechtvertigung der sach begerttend beid theil
brieff und urkhund, dero min gunstig lieb heren zu
GlarusOrganisation: zu iren selbs handen ouch einer zebehalten begertten,
dieselbigen inen uff min umbfrag mit urtel und recht zegeben erkhend
sind, aldry glich ußwysende luttend.
Unnd des zuͦ eynem waren, vesten urkhund, so hab ich, obgeseitter
Johans AeblyPerson: , landtamman zu
GlarusPlace: , als ein richter myn eygen
insygel von erkhannus wegen des grichtz offenlich zu end der gschrifft
an dysen brieff thuͦn hencken, doch mir, minen erben und nachkhomen one
schaden. Der geben ist uff mitwuchen nach dem
sontag reminissere, als mann zalt von der geburt Crysty, unsers
lieben hern, dussend funffhundert dryssig und sechs jareDate of origin: 15.3.1536
etcAbbreviation.
[Dorsal notation on the reverse side in a hand of the 18th
century:]
Verglich
zwüschend den landtlüthen und den burger zuo Wärdenbarg,
1536.
Regest
Der Glarner Landammann Hans Aebli schlichtet zusammen mit dem Rat und den neun geschworenen Rechtssprechern einen Streit zwischen Bürgern und Landleuten von Werdenberg um das Bürgerrecht. Da ein Schlichtungsversuch scheitert, wird ein Rechtstag in Glarus angesetzt. Es erscheinen Ammann Marx Pfiffner von Werdenberg, Hans Steinheuel, Andreas Gasenzer und Heinrich Beusch als Vertreter der Landleute und Kläger einerseits und Klaus Tischhauser, Hans Schwarz, Valentin Gulis und Jörg Mader als Vertreter der Bürger von Werdenberg andererseits.
Die Kläger bringen vor, dass Landleute, die eine Bürgerin heiraten, das Bürgerrecht bekommen. Wenn diese Bürger nach dem Tod ihrer bürgerlichen Ehefrauen eine Landfrau heiraten, wollen sie Bürger bleiben. Die Landleute würden diese Praxis akzeptieren, wenn sie durch eine besiegelte Urkunde offiziell bestätigt würde. Die Bürger berufen sich auf alte Gewohnheiten und wünschen, darin geschützt zu werden. Die Landleute bezeichnen diese langjährige Übung als Unrecht, da Bürger auf dem Land wohnen, jedoch nicht mit den Landleuten die Abgaben entrichten, sondern mit den Bürgern. Sie wollen, dass die Bürger ihren Anspruch schriftlich belegen. Sie akzeptieren nur denjenigen als Bürger, der sich durch eine Urkunde vom Herrn von Werdenberg ausweisen kann. Wer nicht alteingesessener Bürger ist, sondern sein Recht durch Heirat erworben hat, soll das Bürgerrecht verlieren.
Schliesslich wird entschieden,
1. dass weder Bürger noch Landleute die Befugnis haben, Bürger oder Landleute anzunehmen. Das Recht obliegt allein dem Herrn von Werdenberg.
2. Wer sein Bürgerrecht durch Heirat erworben hat und sich innerhalb «Jahr und Tag» in der Stadt niederlässt, soll Bürger bleiben.
3. Die Ausbürger, die in dieser Zeitspanne auf dem Land bleiben, gelten als Landleute.
4. Wer ein altes Bürgerrecht urkundlich belegen kann, soll Bürger bleiben, solange er in der Landvogtei Werdenberg wohnt.
5. Bürger, die aus der Stadt ziehen, verlieren das Bürgerrecht, ausser Glarus entscheidet anders.
Der Aussteller siegelt.