SSRQ ZH NF I/1/3 117-1
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die
Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich.
Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), by Michael Schaffner
Citation: SSRQ ZH NF I/1/3 117-1
License: CC BY-NC-SA
Verordnung der Stadt Zürich für das Grossmünsterstift
1523 September 29.
Metadata
- Shelfmark: ZBZ 5.110,3
- Date of origin: 1523 September 29 Transmission: Druckschrift, 4 Bl.
- Substrate: Papier
- Format h × w (cm): 24.0 × 19.0
- Language: German
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Edition
- Egli, Actensammlung, Nr. 426 (nach anderer Überlieferung)
- Bullinger, Reformationsgeschichte, Bd. 1, S. 115-119
Nachweis
- Moser 2012, Bd. 1, S. 183, Nr. 17
Comments
Die in der vorliegenden Ordnung erwähnten Anträge des GrossmünsterstiftsOrganisation: wurden dem Zürcher RatOrganisation: durch Huldrych ZwingliPerson: vorgetragen (StAZH G I.1, Nr. 78; Edition: Egli, Actensammlung, Nr. 425). Die daraufhin ausgearbeitete Verordnung händigte der RatOrganisation: an Stadtschreiber Kaspar FreiPerson: mit der Anweisung aus, sie anstelle einer Beurkundung in den Druck zu geben (Bächtold 1982, S. 113).
Den unmittelbaren Anlass zur Initiative des StiftsOrganisation: bildeten Zehntenverweigerungen in den stadtnahen Gemeinden ZollikonPlace: , RiesbachPlace: , FällandenPlace: , HirslandenPlace: , UnterstrassPlace: und WitikonPlace: , die allesamt gegenüber dem GrossmünsterOrganisation: abgabeflichtig waren (SSRQ ZH NF I/1/3 116-1). Die vorliegende Verordnung nahm einige Anliegen der Untertanen auf (namentlich bezüglich der Kostenlosigkeit kirchlicher Handlungen), schützte jedoch gleichzeitig die Ansprüche des GrossmünstersOrganisation: und begründete dessen Sonderstellung im nachreformatorischen ZürichPlace: . Als einzige geistliche Körperschaft wurde es nicht aufgehoben und vermochte seinen autonomen Status erfolgreich gegenüber dem RatOrganisation: zu behaupten. Seit sämtliche Gerichtsrechte im Jahr 1526 an die Stadt abgetreten worden waren, beschränkte sich diese Autonomie jedoch zunehmend auf die ökonomischen Belange des StiftsOrganisation: (SSRQ ZH NF II/11 53-1)
Die Verordnung für das GrossmünsterstiftOrganisation: skizziert bereits dessen kommende Neuausrichtung als Lehranstalt für die dem neuen Glauben verpflichtete ZürcherPlace: Pfarrerschaft. Zur Stärkung des StiftsOrganisation: als Bildungsinstitution wurden in den nachfolgenden Jahren prominente auswärtige Gelehrte nach ZürichPlace: berufen (SSRQ ZH NF I/1/3 149-1). Der RatOrganisation: stellte die ökonomische Selbstverwaltung des GrossmünstersOrganisation: jedoch verschiedentlich in Frage, besonders vehement nach der Niederlage ZürichsPlace: im Zweiten Kappeler Krieg. Von kirchlicher Seite wurde deshalb immer wieder mit Nachdruck auf die dem Stift in der vorliegenden Verordnung gegebenen Zusicherungen hingewiesen (SSRQ ZH NF I/1/3 152-1).
Allgemein zum GrossmünsterstiftOrganisation: vgl. HLS, Grossmünster; Dörner 1996, S. 25-55; HS II/2, S. 565-596; zur Entstehung der vorliegenden Verordnung sowie zum Fortbestand des StiftsOrganisation: in der Reformation vgl. Bächtold 2007; Bächtold 1982, S. 113-116.
Edition Text
Ein Christenlich ansehen und ordnung von den Eersamen Burgermeister und Radt und dem grossen Radt der statt ZürichPlace: Organisation: / ouch Propst und CapitelOrganisation: zum grossen münsterOrganisation: daselbst / von der priesterschafft und pfruͦnden wegen ermessen und angenommen / zuͦ lob gottes und der seelen heyl
Im M. D. XXIII. Jar Am 29. tag ersts HerbstesDate of origin: 29.9.1523.
[fol. 1v]Page break
[2] Item sy wellend und soͤllend uss iren zehenden und gülten enthalten alle die zuͦ der seel sorg hie in der stat zum grossen münsterOrganisation: / als zum gotzwort zuͦ verkünden der lütpriestery und helfern verordnet sind / und sol soͤliche versechung mit ratt und by sin zweyerAmount: 2 von einem Burgermeister und ratOrganisation: hier zuͦ bestelt / beschehen.
Item das so einen Sigristen bishar rechtlich als zins und verordnet gült gehoͤrt hat / laßt man im belyben / das überig so im abgangen ist sol man im gebürlich / da[fol. 2v]Page breakmit er ouch zimliche narung hab / ersetzen.
Die ob geschribnen Artickel sind jetz angangen.
Dem nach hat sy guͦt beduͦcht ein soͤmliche ordnung in künftigem an zefahen und wie hernach volget uff zerichten mit der zyt.
[5] Es sol ouch ein Eersame / wolgelerte / züchtige priesterschafft zuͦ der eere gottes / und unser statt und lands lob / ouch zuͦ heyl der seelen / by dem gotshuß sant FelixPerson: und RegulenPerson: Organisation: genempt / gefürderet und angenommen werden: also das man da selbend / so dick es not sin wurd / recht redlich geschickt lüt im gotswort und Christenlichem leben finde / die man den frommen underthonen in der Statt und uff dem Land / wol moͤge zuͦ selsorgeren pfarrern / oder lütpriesteren / fürsetzen.
Darzuͦ sol ein Schuͦlmeister rychlicher belonet werden dann bißhar / da mit er die jungen knaben moͤge flyßlichen anfuͤren und leyten / bis das sy zuͦ den vorgemelten letzgen ze begryffen / gemaͤß werdend / die ouch one iren kosten ze hoͤren. Umb das man die jungen in iro vaͤtter kosten / sy syend wie obstat / uß der statt ZürichPlace: oder iro landschafft / an froͤmbde ort zuͦ schuͦl unnd leer nit schicken muͤsse: Dann sy an dem ort vil mer und on iro vaͤtter bschwaͤrd / weder anderßwo in andren schuͦlen / erlernen moͤgend. Und zuͦ soͤlichem sol man mit der zyt zwoAmount: 2 kommlich wonungen und gemach erbuwen.
Und zuͦ beschluß obgeschribner ordnung: Die wyl dann die obgemelten artickel all geachtet werden / dz sy dem allmechtigen Got aller loblichest / der menschen seelen aller trostlichest syend / das es dann dar by blyben soͤlle. Es waͤre dann sach dz jemant die mit bewaͤrung des heiligen Evangelion und rechter goͤtlicher gschrifft abthuͦn und hin leggen moͤge.
Caspar FryPerson: Stattschryber a
[fol. 4v]Page breakNotes
- Addition inline in a hand of the 16th century: scripsitIn the original: st.↩
- Heinrich BullingerPerson: nennt als Verordnete drei Mitglieder des RatesOrganisation: , nämlich Marx RöistPerson: , Gerold EdlibachPerson: und Rudolf BinderPerson: , sowie zusätzlich Jos von KusenPerson: (Bullinger, Reformationsgeschichte, Bd. 1, S. 115).↩
- Die Stelle aus Matthäus 10,8 entstammt der Aussendungsrede ChristiPerson: an die Apostel.↩
- Die Anzahl der Chorherrenpfründen wurde im Jahr 1526 von 24 auf 18 herabgesetzt (Bächtold 1982, S. 118).↩
- Im Jahr 1479 war der RatOrganisation: durch Papst Sixtus IV.Person: befugt worden, die in den sogenannten päpstlichen (ungeraden) Monaten frei werdenden Pfründen zu vergeben, während die geraden Monate in der Verantwortung von Propst und KapitelOrganisation: blieben (SSRQ ZH NF I/1/3 11-1).↩
Regest