check_box_outline_blank zoom_in zoom_out
SSRQ ZH NF II/3 100-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 3: Die Landvogtei Greifensee, by Rainer Hugener

Citation: SSRQ ZH NF II/3 100-1

License: CC BY-NC-SA

Herrschaftsordnung von Greifensee (Artikelbrief)

1669 January 4.

Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich beurkunden, dass es zu einem Konflikt gekommen war, weil die Vertreter der Gemeinde Greifensee die Rechnungslegung vor dem Vogt, Hans Jakob Schwerzenbach, verweigert hatten. Obwohl die Gemeinde für ihren Ungehorsam eine namhafte Busse verdient hätte, will es der Rat dabei bewenden lassen, dass die Gemeinde der Obrigkeit und dem Vogt ihre daraus entstandenen Kosten erstattet. Um dergleichen Konflikte fortan zu vermeiden, schreibt der Rat der Herrschaft Greifensee eine neue Ordnung vor. Diese sieht vor, dass künftig alle Gemeinden in der Herrschaft Greifensee jährlich oder zumindest alle zwei Jahre ihre Gemeinderechnung vor dem Vogt ablegen müssen (1). Das Gleiche gilt für das in der Kirche gesammelte Almosen, das sogenannte Säckligeld, das für die Armen bestimmt ist (2). Die Nutzung von Holz aus den Gemeindewäldern muss vom Vogt ausdrücklich genehmigt werden, ebenso der Verkauf von gemeindeeigenen Gütern und Obst (3). Gemeindeversammlungen dürfen nur mit Zustimmung des Vogts einberufen werden (4). Der Amtshauptmann und die übrigen Offiziere sollen weiterhin durch die Herrschaftsleute gewählt werden, jedoch ohne die bisherigen grossen Unkosten (5). Damit diese fünf Artikel künftig eingehalten werden, soll der Vogt die Ordnung allen Amtsangehörigen zur Kenntnis bringen. Die Aussteller siegeln mit dem Sekretsiegel.

  • Shelfmark: StAZH C III 8, Nr. 141
  • Date of origin: 1669 January 4
  • Transmission: Original (A 1), Heft (6 Blätter)
  • Substrate: Pergament
  • Format h × w (cm): 18.5 × 28.5
  • 1 seal:
    1. Stadt ZürichPerson: , wax, round, sealed on a lace, well-preserved
  • Language: German

  • Shelfmark: PGA Greifensee I A 25
  • Date of origin: 1669 January 4
  • Transmission: Original (A 2), Heft (6 Blätter)
  • Substrate: Pergament
  • Format h × w (cm): 19.0 × 29.0
  • 1 seal:
    1. Stadt ZürichPerson: , wax, round, sealed on a lace, well-preserved
  • Language: German
  • Shelfmark: StAZH A 123.5, Nr. 213
  • Date of origin: 1669 January 4
  • Transmission: Entwurf, Heft (4 Blätter)
  • Substrate: Papier
  • Format h × w (cm): 21.5 × 31.0
  • Language: German

Der hier erwähnte Konflikt zwischen dem Vogt und der Gemeinde GreifenseePlace: Organisation: über die Rechnungslegung, der zu den vorliegenden Regelungen geführt hat, hatte im Verlauf des Vorjahrs begonnen. Wiederholt meldete der damalige Vogt Hans Jakob SchwerzenbachPerson: dem Zürcher RatOrganisation: , dass die Vertreter der Gemeinde, der Säckelmeister und der Dorfmeier, sich geweigert hätten, die Rechnung vor ihm abzulegen, wie es von allen Vögten auf der Landschaft verlangt worden sei (StAZH A 123.5, Nr. 203, 205 und 206). Ausserdem sei gegen seinen Willen eine Landsgemeinde zur Wahl eines neuen Amtshauptmanns organisiert worden (StAZH A 123.5, Nr. 212). Eine Delegation des Rats stellte daraufhin die Vertreter der Gemeinde zur Rede, die beteuerten, dass sie sich keinesfalls der Obrigkeit hätten widersetzen wollen; jedoch empfänden sie die Rechnungslegung auf dem Schloss als ungebührliche Neuerung, welche der Gemeinde höhere Kosten verursache (StAZH A 123.5, Nr. 202). Um den Respekt vor der Obrigkeit wiederherzustellen, forderte der Vogt drakonische Strafen; der Rat liess es indessen bei einer Ermahnung bewenden und stellte stattdessen die vorliegende Ordnung auf, deren Grundzüge unter dem gleichen Datum auch im Ratsprotokoll festgehalten wurden (StAZH B II 545, S. 4-5). 1743 wurde die vorliegende Herrschaftsordnung erneuert und erheblich erweitert (Edition: Pretto 1986, S. 15-20).

Edition Text


Einer ehrsammen gmeind
und burgerschafft zuͦ
GreiffenseePlace:
Organisation:

artickel-briefe,
anno 1669Date of origin: 1.1.1669 – 31.12.1669.

[p. 2]Page break [p. 3]Page break
Wir, bu̍rgermeister und râth
der statt ZürichPlace:
Organisation:
, verkhu̍ndent hiemit offentlich, nachdemme wir uß nit ohnzytiger sorgfalt
und oblCorrection overwritten, replaces: baiggender pflichten halber zuͦ üffnung
und vermehrung deß gemeinen guͦts nothwendig befunden, dem ehrsammen und wysen,
unßerem besonders getroüwen lieben burger
und vogt unßerer herrschafft GryffenseePlace: ,
Johann Jacoben SchwertzenbachPerson: , den befelch zuͦertheillen, daß in seiner ambtsverwaltung die
rechnungen deß gemeinen guͦots vor ihmme
gebührender maßen abgelegt und gegëben
werden thuͦeynd, worbey wir dann in der
ohnzwyfenlichen hoffnung gestanden, es wurde
solch unßerem wolmeinlichen hochoberkeithlichem ansëhen gehorsammlich und ohn einiche verweigerung stat geschëchen. Wann wir aber
wider unßer gëntzliches versëchen mit bedauren
vernëmmen muͦesen, daß unßere angehörige
der gemeind GryffenseePlace: Organisation: sich dißer unßer
wolmeinung widersezt und ihre gemeind rëchnung vor obangeregt unßerem vogt zuͦe GryffenseePlace: abzuͦleggen verweigeret, und die selbige
allein under ihnen sëlbsten abgelegt, auͦch darby ohnnothwendige cösten gemachet, habend
wir hierab ein nit geringes mißfallen empfangen und eineß uß schußes von ihnen begëhrt,
umbe ihre verantwortung solcher verweigerung [p. 4]Page break
durch etwelliche uß unßerem mitell verordnete
miträth mit mehrerem vernëmmen und mit
denen sëlben fehrnern nothwëndigkeith reden
zelaßen. Wann nun ein solches erforderlichermaßen beschëchen und wir uß der abgelegten
relation und bericht gedachter unßerer verordneten ersëhen, daß sie sich eben schlächtlich verantworten können etcAbbreviation.1 Deß nacher und
by solch der sachen beschaffenheit wir gnuͦgsamme ursach gehabt heten, die besagte gmeind
GryffenseePlace:
Organisation:
und insonderheit die urheber dißes
ohnwësens von wëgen der hardurch erzeigten
ohngehorsamme mit einer nammhafften, wol verdienten buͦoß zuͦbeleggen, uß sonderbahren
gnaden aber, und in ansëhen ihrer underthenigen entschuldigung, auͦch anerbotener
künfftiger gehorsamme, habend wir soͤlliche uff
zuͦsëhen hin für einmahlen yngestelt, ihnen
darby aber ufferlegt, daß sy uß ihrer
eignen sekhlen alle über diße handlung so wol
allhin alß auͦch zuͦ GryffenseePlace: ergangnen umbcösten, deßglychen auͦch die jennigen, so obangeregter unßer vogt zuͦ besagtem GryffenseePlace: deßhalber erliten und uß seklen muͦesen,
alßo bahr entrichten und bezahlen sollind.
Und damit ins künfftig derglychen nicht
wyters beschëchen thuͦege, habend wir [p. 5]Page break
unßer herschafft GryffenseePlace: hernach volgende
ordnung fürgeschriben, benantlichen unnd
deß
ersten ist unßer will und meinung, daß
alle und jede gemeinden gedachter unßer
herrschafft GryffenseePlace: fürohin und ins
künfftig alle jahrRepeated duration: 1 year, und eines jeden jahrs
besonders oder wenigest zuͦ zweyen jahrenRepeated duration: 2 years
umb, je nach dem es sowol unßer dißmalige
alß auͦch die jewylige vögt unßer herrschafft
GryffenseePlace: guͦt und nothwendig erachten werdend, schuldig und verbunden seyn söllind, vor ihnen
in dem schloß die gmeindrëchnungen gebührend und gehorsammlich abzuͦlegen, und alleß
ordenlich und specificierlich zuͦ verzeichnen, in
der heiteren und ußtrukenlichen meinung,
daß by ablëgg- und ynnemmung dersëlben
weder in dem schloß nach in dem wirthshuß nach auͦch in denCorrection overwritten, replaces: mb gmeindhüßeren einiche
umbcösten, weder mit ëßen, trinkhen nach
in andern wäg gemachet, sondern mann sich
aller müglichesten sparsamme und hußlichkeith beflyßen solle.
[p. 6]Page break
Waß demmenach daß sekhligëlt, so von
zythen zuͦ zythen in den kirchen zuͦ trost
und erquikhung der armen gesammlet wirt, ist
unßere meinung, daß auͦch darmit ehrlich und
getroüwlichen verfahren, und nienen anderst
alß under die armen vertheilt, an die kirchen
verwëndt und darumb vor unßerem jewyligen vogt zuͦ GryffenseePlace: , pfahreren und
geordneten stillstand uff jewylige guͦtbefindtnuß ehrbahre und getroüwe rëchnung erscheint
werden solle.
Und wylen dann für daß dritte wir auͦch
berichtet worden, daß die gemeind GryffenseePlace: Organisation: etwaß eignen holtzes, guͦeter und
opses, so wollend wir, daß solches so vill
müglich gesparth und ohne vorwüßen unßers jewyligen vogts zuͦ GryffenseePlace:
nützid darinnen gefehlt und ußgetheilt,
sondern, im fahl die nothurfft erforderte,
etwaß holtzes zefellen, solle er, der
vogt, darumb befraget und alß dann amCorrection overwritten, replaces: bc
minst schädlichsten orth gehauͦwen, die [p. 7]Page break
guͦeter und daß opß vor ihmme, dem vogt,
im schloß verlichen und verkauͦfft werden.
Viertens dann belangend daß halten der
gemeinden, da etwaß zyths anhëro underschidenliche, ohne vorwüßen unßers vogts zuͦ GryffenseePlace: gehalten worden, welches aber in allwëg
ohnanstëndig und dem oberkeithlichen ansëchen
nit wenig nachtheillig, so wöllend wir, daß ins
künfftig ohne vorwüßen und verwilligen unßerer jewyligen vögten zuͦ GryffenseePlace: kheine
gemeinden nit gehalten. Wann aber etwaß
nothwëndiges fürfiele und ein gemeind gehalten werden muͦeßte, solle allwegen ein solches
unßerem vogt geoffnet und er darumb
gebührender maßen befraget werden.
Und diewylen für daß fünffte unß auͦch für
kommen, daß vor dißerem by erwehlung deß [p. 8]Page break
amptshauͦbtmanns und übriger officieren und
befelchshaberen in unßer herrschafft GryffenseePlace: große und ohnnothwëndige umbcösten
ergangen und grad anjezo derglychen mahlen
obhanden, so wellend wir zwahren ihnen
die den herrschafftleüthen und sonderlichen mit
zuͦthuͦnn unßers jewyligen vogts solliche wahlen, wie es von altem har gebrauͦcht und geuͦebt
worden, nach fehrners überlaßen, jedoch daß
so wol dißmalen als auͦch zuͦ allen anderen
zythen der amptshauͦbtman und alle manglende
befelchshabern in dem schloss an einem tagDuration: 1 day, mit
wenigstem costen und müglichster bescheidenheit
erwehlt und bestelt werden sollind.
Damit nun obgeschribene ding alle fürohin und
ins künfftig gebührend und gehorsammlich beobachtet werdind, so ist unßere meinung,
daß unßer vogt zuͦe GryffenseePlace: synen
amptsangehörigen dißere unßere wolmeinliche oberkeithliche ordnung wüßenthafft machen und jeder mengklichen [p. 9]Page break
zuͦ gebührender gehorsamme vermahnen und
verleiten solle.
Dessen zuͦ wahrem urkhunth habend wir
dißeres libell mit unßer statt ZürichPlace of origin: Organisation:
angehënktem secret insigell bekrëfftigen
und verwahren laßen, montags den
vierten tag jenners, von der gnadenrychen
geburth Christi unßers lieben herren
und heilandts gezehlt einthußent sëchshundert sëchzig und neün jahre
Date of origin: 4.1.1669 ()
.
[p. 10]Page break [p. 11]Page break [p. 12]Page break

Notes

  1. Correction overwritten, replaces: b.
  2. Correction overwritten, replaces: m.
  3. Correction overwritten, replaces: b.
  1. StAZH A 123.5, Nr. 202.