SSRQ SG III/4 88-1
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der
Region Werdenberg: Grafschaft Werdenberg und Herrschaft Wartau, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Hohensax-Gams, par Sibylle Malamud
Citation : SSRQ SG III/4 88-1
Licence : CC BY-NC-SA
Schiedsspruch zwischen den Kirchspielen Buchs und Sevelen wegen der gemeinsamen Nutzung der Alpen Imalschüel (Malschüel) und Farnboden
1489 octobre 20.
Description de la source
- Cote : StASG AA 3a U 19
- Date : 1489 octobre 20 (uff den nechsten zinstag nach sant Gallen tag) Tradition : Original
- Support d’écriture : Pergament
- Dimensions l × h (cm) : 35.5 × 24.5
- 1 sceau :
- Hans Sonnenberg, Landvogt von WerdenbergPersonne : , attaché à une lanière en parchemin, absent
- Langue : allemand
Présentation de la situation de tradition
- Cote : OGA Buchs B 00.52, S. 114–119
- Date : 1819 Tradition : Abschrift, Buch (158 Seiten beschriftet) mit kartoniertem Einband
- Support d’écriture : Papier
- Dimensions l × h (cm) : 24.5 × 36.5
- Langue : allemand
Commentaires
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Bereits zu Beginn des 15. Jh.Date : 1401 – 1425 besitzen die Kirchgenossenschaften von BuchsLieu : und SevelenLieu : die Alp Malschüel (ImalschüelLieu : ) gemeinsam (vgl. SSRQ SG III/4 26-1). Trotzdem versucht Sevelen 1478Date : 1478 den Buchsern die Rechte an der AlpTerme : abzusprechen, da die Alp innerhalb der GrenzenTerme : des KirchspielsTerme : Sevelen liegt. Am 10. Juni 1478Date : 10.06.1478 sitzen deshalb fünf von Graf Wilhelm VIII. von Montfort-Tettnang, Herr von WerdenbergPersonne : , eingesetzte Richter aus VaduzLieu : , WartauLieu : , SaxLieu : und GamsLieu : im DorfTerme : BuchsLieu : zu GerichtTerme : , um im Streit zwischen den beiden Kirchspielen Buchs und Sevelen um die Alp Imalschüel zu urteilen. Da der Streit «in anhangenden rechten lyt, das dann die von BuxLieu : in die alp MartschuͤlenLieu : varen soͤllenn untz zuͤ ußtrag des rechte, wie si und ire vordern vormals darin gevaren sind» (StASG AA 3a U 9).
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Als 1533Date : 1533 die Grenzen zwischen den beiden Kirchspielen Buchs und Sevelen bestimmt werden, werden auch die Grenzen der Alp Imalschüel und die BestossungTerme : geregelt. Buchs soll den äusseren Teil mit 208 KühenTerme : bestossen und davon den ZinsTerme : abliefern, während Sevelen den «disshalb» Teil nutzen und das alte Säss mit 143.5Quantité : 143.5 Kühen bestossen darf (vgl. OGA Sevelen U 1533). Die Alp wird damit in zwei Teile geteilt. 1539Date : 1539 erscheint die Kirchgenossenschaft Buchs als alleinige Besitzerin der Alp Imalschüel. Der auf der Alp lastende Lehenszins von dem Ertrag dreier Tage MilchTerme : (VogelmahlTerme : ) wird auf Bitten der Kirchgenossenschaft Buchs vom Werdenberger Landvogt Hans BrunnerPersonne : abgelöst durch 36 Werd KäseTerme : und vier grosse Viertel SchmalzTerme : ([PA Hilty] Privatarchiv Kopialbuch von Johannes Beusch 1611). 1763Date : 1763 erneuern die beiden Kirchgenossenschaften Buchs und Sevelen ihre Grenzen, da es viel Steit zwischen den beiden Parteien gab um HolzTerme : , Feld und Grenzen in Berg und Tal. Dabei werden auch die Grenzen der Alp Imalschüel beschrieben (OGA Buchs U 08).
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Zur Alp Imalschüel vgl. auch SSRQ SG III/4 26-1; SSRQ SG III/4 53-1; SSRQ SG III/4 75-1 sowie die Buchser LegibriefeTerme : . Diese enthalten die NutzungsrechteTerme : auf den Alpen Imalschüel und Malbun, so z. B. im Legibrief von 1775 (OGA Buchs U 09).
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1666Date : 1666 werden die Grenzen zwischen der Alp FarnbodenLieu : und der MalbunaalpLieu : neu gesetzt (OGA Sevelen U 1666).
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NutzungsstreitigkeitenTerme : zwischen den Alpen in der Region WerdenbergLieu : (mit Ausnahme von WartauLieu : bzw. besonders PalfrisLieu : ) sind im Vergleich zum SarganserlandLieu : nicht viele vorhanden (zu den Alpen im Sarganserland vgl. die zahlreichen Stücke im SSRQ SG III/2; zu Wartau im Speziellen vgl. auch SSRQ SG III/2, Nr. 236; Nr. 238b; Nr. 332; Nr. 349; Gabathuler 1989, S. 68–70; Gabathuler 2004, S. 15–39; Graber 2005, S. 140–147; Graber, Urkundensammlung; Litscher 1919). Dies könnte in der Überlieferungsgeschichte liegen, d. h. viele Konflikte wurden entweder nicht verschriftlicht oder die Urkunden sind im Laufe der Jahre verloren gegangen bzw. wurden vernichtet. Da es sich in der Region Werdenberg jedoch mehrheitlich um Gemeindealpen handelt, müssten in den Archiven der Ortsgemeinden bzw. in deren Kopialbüchern mehr solcher Konflikte überliefert sein. Die Gemeinden hatten in der Regel grosses Interesse, bei solchen Konflikten ihre Rechte und Besitzansprüche festzuhalten und zu verschriftlichen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass es in der Region Werdenberg weniger Alpkonflikte gab. Die geringe Anzahl könnte in der Topographie liegen. Die einzelnen Alpen sind durch steiles Gelände, durch FelswändeTerme : oder dichte Wälder voneinander getrennt, so dass es weniger zu kollidierenden Rechten kam. SchriftlichkeitTerme : entsteht vor allem dort, wo unklare Rechte und verschiedene Besitzansprüche aufeinandertreffen. Bei nebeneinanderliegenden Alpen oder von verschiedenen Parteien genutzten Alpen führen die unterschiedlichen Ansprüche und Interessen eher zu Konflikten, so v. a. über Grenzen, ZäuneTerme : , Zugehörigkeit von Nutzungsflächen oder Holznutzung. Die fehlende Überlieferung könnte aber auch mit der Aufbewahrung der Alpladen im Zusammenhang stehen. Bei der Alp Arin z. B. wurde die Lade von den Alpvögten aufbewahrt und wechselte somit immer wieder den Besitzer. Allerdings ist die Alp Arin eine der wenigen Alpen, die nie einer Gemeinde gehörten (vgl. 2 Verweise im Kopialbuch Johannes Beusch im PA Hilty). Ob die Alpladen der Gemeindealpen ebenfalls von den Alpvögten aufbewahrt wurde, ist nicht mehr auszumachen.
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Viele der Nutzungs- und Grenzkonflikte wegen Alpen finden im 15. oder zu Beginn des 16. Jh. statt (vgl. dazu SSRQ SG III/4 77-1; StASG AA 3a U 9; PA Hilty S 006/006; OGA Grabs O 1477-3), also in einer Zeit, in der sich die Besitzverhältnisse und Rechte der einzelnen Gemeinden «auf der Mikroebene territorialisieren». Im 17. und 18. Jh. sind nur vereinzelt solche Konflikte überliefert (vgl. dazu SSRQ-SG-III_4-198-1), so z. B. zwischen SaxOrganisation : und GamsOrganisation : 1620Date : 1620, 1697Date : 1697 und 1698Date : 1695 (PA Hilty S 006/032; OGA Sax 26.11.1697; OGA Sax 2.2.1698). Am häufigsten streiten sich Gams und WildhausOrganisation : wegen der Alpen (StASZ HA.II.407 [1437]; OGA Gams Nr. 153 [1651]; StASZ HA.IV.404, o. Nr. [1776]). Zu Streitigkeiten innerhalb einer Gemeinde um die Nutzung der Alpen vgl. z. B. die Konflikte innerhalb der Gemeinde GrabsOrganisation : im 18. Jh. (SSRQ SG III/4 209-1). Zu den Alpen in der Region Werdenberg vgl. Litscher 1919; die verschiedenen Artikel im Werdenberger Jahrbuch 2/1989; Rüdisühli 1984, S. 120–124; Sonderegger 2003, S. 245–260; Stricker, Urbar, S. 93–97.
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Der vorliegende Schiedsspruch ist u. a. auch hinsichtlich der VerteilungTerme : der Bussen interessant. Je nach Verstoss bzw. Frevler werden die Bussen zur Hälfte unter den beiden Kirchgenossenschaften geteilt oder die Obrigkeit bekommt die Hälfte bzw. die ganze Busse.
Texte édité
Annotations
- Die Auflösung des Lemmas «reder» als «reid» (Idiotikon, reid II 6,587): gekräuselt, wellenförmig gezeichnet, ist unsicher.↩
- Nur noch das Buchser Original ist vorhanden.↩
- 1478Date : 1478 wurde wegen der Alp Imalschüel bereits ein Urteil gesprochen, siehe dazu den Kommentar.↩
Résumé
Die beiden Kirchgenossenschaften Buchs und Sevelen streiten sich wegen der Alpen Imalschüel und Farnboden. Junker Hans Sonnenberg von Luzern, Landvogt von Werdenberg, einigt die beiden Parteien, die von je vier namentlich genannten Gesandten vertreten werden, folgendermassen:
1. Sevelen und Buchs sollen die Alpen je zur Hälfte nutzen. Treibt eine Partei zu viel Vieh auf die Alpen, sollen die Sennen oder Knechte beider Kirchgenossenschaften herausfinden, wer zu viel Vieh aufgetrieben hat. Für jedes Stück Vieh soll man 1 Schilling Busse bezahlen. Die Bussen werden unter den beiden Kirchgenossenschaften geteilt und die Frevler beim Landvogt angezeigt.
2. Die Einzäunung des Waldes soll von beiden Kirchgenossenschaften bis Mitte Mai erfolgen. Falls eine dies nicht macht, zahlt sie von Mitte Mai an für jeden Tag fünf Schilling Busse. Diese Busse fällt je zur Hälfte an Luzern und an die gehorsame Genossenschaft. Wenn beide nicht zäunen, dann fällt die ganze Busse an Luzern.
3. Das Abschälen der Rinden von Bäumen wird mit drei Schilling pro Baum gebüsst. Die Busse fällt je zur Hälfte an Luzern und an die gehorsame Genossenschaft. Freveln beide Genossenschaften, so fällt die ganze Busse an Luzern und die Frevler werden dem Landvogt angezeigt.
4. Weil Buchs zwei Viertel Alpzins von der Alp Farnboden bezahlt hat und Sevelen nur einen Viertel, soll Sevelen denen von Buchs einen Viertel Schmalz wiedergeben.
5. Die Gerichtskosten werden halbiert.
6. Wegen der Buchen soll Sevelen denen von Buchs für den erlittenen Schaden 12 Gulden bezahlen.
Erbetener Siegler: Hans Sonnenberg von Luzern, Landvogt von Werdenberg.