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SSRQ SG III/4 237-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der Region Werdenberg: Grafschaft Werdenberg und Herrschaft Wartau, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Hohensax-Gams, von Sibylle Malamud

Zitation: SSRQ SG III/4 237-1

Lizenz: CC BY-NC-SA

Weisung für die Landvogtei Werdenberg, wie sich die Wächter gegenüber Bettlern und Fahrenden verhalten sollen

1758 September 2. Schloss Werdenberg

Den Gemeindevorstehern wird befohlen, fremde Fahrende auszuschaffen. Nur noch alte, kranke, arbeitsuntaugliche Personen, Handwerksgesellen sowie Frauen mit Kleinkindern, die über obrigkeitliche Pässe verfügen, dürfen auf den Landstrassen betteln. Sie können jedoch nicht länger als eine Nacht in der Landvogtei Werdenberg bleiben. Arme aus benachbarten Orten (Wartau, Wildhaus, Gams etc.) dürfen einmal pro Woche auf den Landstrassen um Almosen betteln. Starken Bettlern, Männern oder Frauen, gestattet man keinen Aufenthalt. Alle Vorgesetzten sollen Acht geben, dass diese Ordnung beachtet wird. Die Wächter sollen täglich dem Landvogt Bericht erstatten. Ist ein Wächter in Not, soll man ihm zu Hilfe eilen. Die Vorgesetzten sollen schauen, dass nur taugliche Leute Wache halten.

  • Signatur: PGA Sevelen C15
  • Originaldatierung: 1758 September 2
  • Überlieferung: Aufzeichnung (Doppelblatt)
  • Erhaltungszustand: fleckig
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 21.5 × 36.0
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Joachim LeglerPerson: , Landschreiber

  • Signatur: PA Litscher Mappe
  • Originaldatierung: 1759 August 17
  • Überlieferung: Aufzeichnung (Doppelblatt)
  • Erhaltungszustand: fleckig, Löcher von Brand? (4.5 x 2.5, 4.5 x 3.0 cm)
  • Beschreibstoff: Papier
  • Format B × H (cm): 21.0 × 35.5
  • Sprache: Deutsch
  • Schreiber: Joachim LeglerPerson: , Landschreiber

Dieselbe Weisung an die WächterBegriff: über Bettler und Landstreicher wird ein Jahr später am 17. August 1759Datum: 17.8.1759 nochmals ausgegeben (PA Litscher Mappe). Sonst sind für WerdenbergOrt: kaum MandateBegriff: zum Bettelwesen erhalten. Einige Einträge befinden sich im sogenannten Verkündbuch (StASG AA 3 B 6, 11. Mai 1735).

Häufiger sind sogenannte Bettelmandate in Sax-ForsteggOrt: überliefert, die von Zürich für alle seine Untertanengebiete ausgestellt werden. So erlässt ZürichOrganisation: z. B. 1715Datum: 1715 ein gedrucktes MandatBegriff: an alle Untertanengebiete über die Jagd auf BettlerBegriff: : Darin heisst es, dass wegen der herrschenden SeuchenBegriff: und KrankheitenBegriff: das Land von fremdem Volk und BettlernBegriff: zunehmend überschwemmt werde, weshalb eine BetteljagdBegriff: nötig sei: Am 7., 8. und 9. August sollen in jedem DorfBegriff: die fremden Bettler mit Frauen und Kindern (ausgenommen ehrliche Personen mit Pässen) zusammengetrieben werden. Die VorgesetztenBegriff: sollen die einheimischen Bettler in ihre Gemeinde zurückführen lassen und ihnen nahelegen, sich bei wirklicher Not beim PfarrerBegriff: zu melden. Wer dies missachtet, wird mit ZwangsarbeitBegriff: (Schellenwerk) bestraft. Die übrigen fremden Bettler sollen durch bewaffnete Personen an den RheinOrt: oder andere GrenzenBegriff: geführt werden. Starke, verdächtige BettlerBegriff: sollen gefangen genommen und zur Abschreckung entweder in entfernte KriegsdiensteBegriff: oder auf Galeeren verschafft werden (EKGA Salez 32.01.42, Sicherheit und Ordnung, 20.07.1715; weitere Mandate über fremdes Bettelvolk siehe EKGA Salez 32.01.42, Sicherheit und Ordnung, 02.06.1676; 01.09.1762; 14.07.1779; 32.01.45, Wohlfahrt, 29.04.1713; 32.01.52, Handelswirtschaft, 07.08.1715; StAZH A 346.6, Nr. 231 sowie die Artikel in den Grossen MandatenBegriff: SSRQ SG III/4 153-1, Art. 23–24; SSRQ SG III/4 176-1, S. 12–13). BetteljagdenBegriff: werden auch nach dem Ende des Ancien Régime durchgeführt (PA  Hilty S 006/128 [1804]).

Editionstext

Hiermit wirdt den vorgeseztenBegriff: jeder gmeindtBegriff: oberkeitlich gebotten, befohlen und intimiertBegriff: , wie sich gegenwärtige wächterBegriff: zu verhalten haben, daß alles strolchenBegriff: und lumpen gesindtBegriff: , so in allhiessige graffschafft von zeit zu zeit ein zu schleichen sich erfrächen möchte, die abhelffliche maaß könte geschaffet werden und zum landt hinauß und zwaren meistens über den RheinOrt: sollendt geferketBegriff: , auch kein anderen alß hernach specificierten, daß bethlenBegriff: ald husierenBegriff: gestattet werden solle:

1mo, nemblich alten armmenBegriff: , zur arbeitBegriff: untauglichen, presthafftenBegriff: persohnen, insofehren selbe mit autenischen hoch oberkeitlichen genugsammen pässenBegriff: versehen.

2do, handtwercksgesellenBegriff: , die abermahls mit glaubwürdigen kundtschafftBegriff: und pässenBegriff: versorget.

3tio, armen, ellenden weiberenBegriff: mit kleinen kinderenBegriff: , auch etwann kleinen kinderen, die abermahls ein werdersAuffällige Schreibung kantlich in der nachbahrschafftBegriff: ald aber widermahls mit genugsamen pässenBegriff: versehen.

4to, dißeren solle gestattet werden, daß allmossenBegriff: zu forderen, jedoch daß solche einig und allein der landtstrassenBegriff: sich bedienen und sich der felderenBegriff: und nebendt wegenBegriff: gänzlich entmüessigen sollen. Zu dem endt ein jeder auff die felder und nebendt weg genauwe und fleissige achtung geben solle.

5to, mit dem klaren verstandt, daß selbe nit mehr alß ein nachtBegriff: in der graffschafft geduldet und beherbergetBegriff: werden sollen, wie dann solches letsten sontagBegriff: per mandatumBegriff: publiciert worden.

6mo, waß danethin veritable, arme persohnen auss der nachbahrschafftBegriff: alß WarthauwOrt: , WildthaußOrt: , GambßOrt: und underen herrschafften betrifft, denen solle zu gelaßen werden, wochentlichBegriff: ein mahl daß allmoßenBegriff: zu forderen, mehrers aber nit, abermahls in dem verstandt, daß sie der landtstraßenBegriff: sich bedienen und der felderenBegriff: und nebendt wegenBegriff: sich gänzlich entäußeren sollen.

7mo, starckenBegriff: , zur arbeitBegriff: tüchtigen, sowohlen mans alß weibs persohnenBegriff: , sie möchten sein von wanen sie wolten, wirdt mann kein auffenhalt gar nit gestatten, sonderen von allhiessiger graffschafft gänzlich abhalten. [fol. 1v]Seitenumbruch Durchpassierende deßerdeürsBegriff: solle mann biß auff die gränzenBegriff: begleiten.

Letstlich danne sollendt alle vorgeseztenBegriff: ein fleissige und genauwe aufsicht tragen, ob demme fleissig nachgelebt werde. Auch sollen die wächterBegriff: alle tagWiederholte Zeitspanne: 1 Tag in daß schlossBegriff: kommen und dem hochgeachten und gnädigen herr landtvogt anzeigen, waß sich selben tag zugetragen, damit danne die weitere befehle könen auffgetragen werden. Und so sich etwaß verdächtiges befunde und ein wächterBegriff: hilff von nöthen, solle ein jeder, der um und an ist, selbige leisten, nach auffhabender eydtspflicht, demme zu gehorsammen bey hoch erwartender straff und ungnadt.

Auch sollen die vorgeseztenBegriff: die verordnungBegriff: machen, daß niemandt alß taugliche leüthBegriff: auff die wachtenBegriff: gethan werden. Welchen dißer befehl alle zeit soll übergeben und, so einer nit selber lessenBegriff: könte, vorgeleßen werden.

Überigens behalten sich unßer hochgeachte und gnädige herr landtvogdt vor, fahls dißer ordinanzBegriff: nicht exact nachgelebt wurde, nach befindender dingen weitere und mehrere verfüegungen zu thun, welches zum verhalt dienen soll.

Actum schloss WerdenbergAusstellungsort: , den 2. 7ber anno 1758Originaldatierung: 2.9.1758. Joachim LeglernPerson: , landtschreiber

|Seitenumbruch
[Vermerk auf der Rückseite von Hand des 18. Jh.:] OrdinanzBegriff:
[Registraturvermerk auf der Rückseite:] a

Anmerkungen

  1. Streichung, unsichere Lesung: N 9; N 14.