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SSRQ SG III/4 131-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, XIV. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons St. Gallen, Dritter Teil: Die Landschaften und Landstädte, Band 4: Die Rechtsquellen der Grafschaft Werdenberg, Freiherrschaft Sax-Forstegg und Herrschaft Gams, by Sibylle Malamud

Citation: SSRQ SG III/4 131-1

License: CC BY-NC-SA

Erbvertrag von Ulrich Philipp von Sax-Hohensax über die Hinterlassenschaft für seine zweite Ehefrau und seine Söhne und Töchter aus beiden Ehen

1553 May 20.

Bürgermeister und Rat der Stadt Zürich urkunden, dass ihr Bürger Ulrich Philipp von Sax-Hohensax mit seinem ältesten Sohn Hans Albrecht von Sax-Hohensax vorsprach, weil er sich von Anna von Hohenzollern, seiner ersten Frau, scheiden liess und kürzlich Regina Marbach heiratete, jedoch aus erster Ehe Kinder hat. Damit nach seinem Tod kein Streit unter den Erben entsteht, bestimmt Ulrich Philipp, wie sein Erbe unter seiner jetzigen Frau und den Kindern aus erster und zweiter Ehe verteilt werden soll:

1. Regina Marbach erhält bei seinem Tod ihr zugebrachtes Heiratsgut, ihr ererbtes Gut, ihre Kleidung, ihren Schmuck, ihre Heiratsgeschenke sowie weiteren Hausrat.

2. Als Morgengabe erhält sie das Schloss Sax, das er von Hans Bäbi gekauft hat, und gemäss Heiratsvertrag den Hof Sax, den er von Vitus Hewer erworben hat. Diese Güter kann sie lebenslänglich nutzen, wenn sie sich nicht mehr verheiratet.

3. Beim Tod der jeweiligen Mutter erben nur deren leibliche Kinder.

4. Die Freiherrschaft Sax-Forstegg soll an die Söhne seiner ersten und zweiten Frau übergehen, falls sie nicht vorher ausgesteuert wurden oder noch werden.

5. Die Töchter beider Ehefrauen, die gehorsam sind, sollen zu Lebzeiten des Vaters oder nach dessen Tod mit Rat der Verwandtschaft aus dem väterlichen Gut ausgesteuert und versorgt werden.

Der Aussteller siegelt.

  • Shelfmark: StAZH C IV 7.3, Nr. 5
  • Date of origin: 1553 May 20
  • Transmission: Original
  • Substrate: Pergament
  • Format h × w (cm): 49.5 × 27.0 (Plica: 9.5 cm)
  • 1 seal:
    1. ZürichOrganisation: , wax with margin, round, sealed on a parchment tag, damaged
  • Language: German
  • Regest

  • Shelfmark: StAZH A 346.1.1, Nr. 46
  • Date of origin: 2. half 16. c.
  • Transmission: Abschrift (Einzelblatt)
  • Substrate: Papier
  • Language: German
  • Shelfmark: StAZH A 346.1.5, Nr. 1
  • Date of origin: 2. half 16. c.
  • Transmission: Abschrift (Doppelblatt)
  • Substrate: Papier
  • Language: German
  • Shelfmark: StAZH A 346.1.5, Nr. 71
  • Date of origin: 1590
  • Transmission: Abschrift (Einzelblatt)
  • Substrate: Papier
  • Language: German

1552Date: 1552 erwirkt Ulrich Philipp von Sax-HohensaxPerson: die Scheidung von Anna von HohenzollernPerson: durch das EhegerichtTerm: von ZürichPlace: wegen EhebruchsTerm: mit seinem Halbbruder Mathis SaxerPerson: , dem er während seiner Abwesenheit in französischen Diensten die Verwaltung über die Freiherrschaft Sax-ForsteggPlace: übergeben hatte (StAZH C IV 7.3, Nr. 4, vgl. auch StAZH A 346.1.1, Nr. 44; C IV 7.3, Nr. 2; Zeller-Werdmüller 1878, S. 52). Kurze Zeit später heiratet er Regina MarbachPerson: . Seine Scheidung und Wiederheirat legitimiert Ulrich Philipp von Sax-HohensaxPerson: 1564Date: 1564, indem er zum reformierten Glauben übertritt und in seiner Herrschaft die Reformation einführt (SSRQ SG III/4 136-1; zur ersten und zweiten Reformation siehe Aebi 1963, S. 17–22; Bänziger 1977, S. 95–118; Staehelin 1958, S. 25–32; Sulzberger 1872; Zeller-Werdmüller 1878, S. 52–56).

Um künftige KonflikteTerm: um seine HinterlassenschaftTerm: zwischen seinen Kindern aus beiden Ehen zu vermeiden, stellt er 1553Date: 1553 den hier edierten Vertrag um sein ErbeTerm: und das LeibdingTerm: seiner zweiten Ehefrau auf: Die Söhne aus beiden Ehen erben die Herrschaft gemeinsam (sofern sie nicht in den geistlichen Stand treten und ausgesteuert werden), die Töchter werden ausgesteuert und der Besitz und die Nutzniessungsrechte seiner neuen Ehefrau werden festgehalten.

In den folgenden Jahrzehnten stellt Ulrich Philipp weitere Regelungen über seine Hinterlassenschaft auf (StAZH C IV 7.3, Nr. 6; Nr. 7; Nr. 8; Nr. 9; StAZH A 346.1.3, Nr. 46). Trotzdem kommt es nach seinem Tod 1585Date: 1585 zu langwierigen ErbstreitigkeitenTerm: zwischen den Kindern aus erster und zweiter Ehe (siehe dazu die umfassenden Dossiers in StAZH A 346.1.4 und StASG AA 2 A 01-07). Trotz des Erbteilungsvertrags von 1590Date: 1590 (Original: EKGA Salez 32.01.23, Besitzungen) und weiteren Erbverhandlungen (Dossier: StAZH A 346.1.5, Nr. 18; Dossier: StAZH A 346.2.1) schwelt der Konflikt weiter und führt schliesslich 1596Date: 1596 zum MordTerm: an Johann Philipp von Sax-HohensaxPerson: durch seinen Neffen Ulrich GeorgPerson: , Sohn von Johann Albrecht I. von Sax-HohensaxPerson: (Dossier: StAZH A 346.2.2; Literatur: Kessler 1996, S. 276–287; Reich 2006b, S. 52–65; Zeller-Werdmüller 1878, S. 49–138).

Edition Text


Wir, der burgermeister unnd rath der statt ZürichOrganisation: , thund khundt mengklichem mitt disem brief, das vor unns verschinnen ist der wolgeborn herr Uͦlrich Phillips, frygherr von der Hochensax, herr zu VorstegkPlace: Person: etcAbbreviation, unnser besonnders lieber herr unnd getrüwer burgerTerm: , mitt bystand syner gnaden eltisten sunsTerm: , Hanns Albrechten von der HochensaxPerson: , offnet unnd erscheint,
nachdem er by syner ersten gemahelTerm: , frow Anna, geborne grävin von ZornPerson: , etliche eeliche kinderTerm: überkommen unnd er aber sich jüngst mitt frow Regyna MarbechinPerson: widerumb vereelichetTerm: , mitt dero nach
cristenlicher ordnungTerm: zu kilchen unnd straaß gangenTerm: , welliche er der billigkeit nach mitt eynem hyratTerm: unnd gemechtTerm: zu betrachten vertröstTerm: . Harumb habe er inn bedenckung der sorgsamen unnd schweren loüffTerm: , ouch das nüdt gewüssers dann der todTerm: unnd nüdt ungewüssers dann die stund des tods, damitt nach synem sterben unnd abscheiden des zytlich unnd verlassnen gutz halb zwüschend den kinnden unnd
erben dhein irrung, widerwill noch mißverstand erwachse, sonnders fridlich unnd früntlich gehandlet werde, mitt wolbedachtem mut, guter zytlicher vorbetrachtung, gesunds lybs unnd vernünfftig der sinnen, gesetzt und geordnet, wie er das nach recht unnd gwonheit gethun kündt, solt unnd möcht:
Namlich des ersten, wänn er, vorgenannter, syner jetzigen eewirtin Regina MarbechinPerson: mitt tod abgiengeTerm: , so sölle dieselb anfangs umb ir zubracht unnd ererbt gut, so sy jetzt hatt oder künfftengklich überkompt, vernügt unnd abgefertiget werden. Demnach sy haben unnd nemmen ire cleiderTerm: , cleynotterTerm: , gestüchTerm:
unnd gebendTerm: zu irem lybTerm: gehörig. Item ein gebettet bettstattTerm: , daran er gwonlich lege, mitt sampt drygen annderen gebetteten bettstatten, dartzu eynen eerlichen hußrathTerm: , ouch sechsAmount: 6 silberineTerm: zimlich tischbecherTerm: und
die zweyAmount: 2 vergültenTerm: kelchliTerm: . Zudem solle iro plyben alles das, so iro uff die hochtzitTerm: gaabetTerm: unnd vereert were,1 deßglych er oder annder lüth iro noch ungevarlicher wyß schencken möchten, darumb die erbenn
sy unersucht unnd rüwig lassen solten.
Fürer als er gedachter syner hußfrowenTerm: ReginaPerson: zu rechter, fryger morgengabTerm: sin hußTerm: mitt zugehörigen gütteren zu SaxPlace: , wie er sollichs kurtzlich von Hannsen
Bebi
Person:
erkoufft, zugesagt unnd versprochen, das dann iro sollich morgengab zugehören unnd plyben nach morgengabs bruch unnd recht. Unnd über diß ir eegerechtigkeitTerm: , morgengabTerm: unnd annders, so iro, als
obstadt, gehört, schafft unnd vermachte er iro vermög beschehens hyrat zusagsTerm: verrer unnd wyter den hofTerm: zu SaxPlace: gelegen,2 wie er den von Vyt HewernPerson: seligen erkoufft hatt mitt huß, hofreiti, garten, acker, wisen, veldern unnd allen synen rechten, gerechtigkeiten, eigentschafften unnd zugehörungen, gantz unnd gar, nüdt ußbedingt. Also das sy nach synem tödtlichen hinscheiden, er verlasse by iro eeliche kinnder oder nitt, söllichen hofTerm: mitt aller rechtung unnd frygheit zu iren sicheren handen haben unnd nämmen, den innhaben, besitzen, nutzen unnd nyessen sölle unnd möge ir wyl unnd leben lang, von synen erben unnd nachkommen
ungesumpt unnd ungeirrt. Doch das sy, die frow, disen hof weder zu beschwerenTerm: , zu veränderen noch zu verkouffen gwalt noch macht haben. So aber sy sich annderwerth vereelichen unnd iren witwen stadtTerm:
enderen oder mitt tod abganTerm: wurd, es beschech über kurtz oder lange zyt, sölle als dann der obgedacht hof zu SaxPlace: gar unnd gantz sampt aller besserung, recht unnd gerechtigkeit nüdt ußgenommen, on alles
mittel widerumb an syne kinnderTerm: unnd erbenTerm: gmeinlich gefallen unnd zugehören. Unnd also sy, die frowTerm: , uß synem hab unnd gut für all vorderung unnd ansprach ußgericht unnd abgefertiget heyssen unnd syn.

Demnach zu verhütung künfftiger spännen zwüschent synen kindenTerm: unnd erben inn vätterlich unnd müterlichem erb unnd gut, were syn ordnungTerm: , will unnd meynung, diewyl göttlich, natürlich unnd recht, das
eyn jedes kinnd syn rechte, natürliche muterTerm: erben sölle, das nach abgangTerm: jeder kinnden muter söllichs beschehen. Unnd die kinnder, so er by syner ersten frowen Anna, geborne grävin von ZornPerson: , überkommen,
dieselb ir muter, deßglychen was kinnderen er by jetziger syner eewirtin hatt unnd sy verlaßt, dise ir muter alleyn als rechte, eeliche kinnder erben söllen, von den annderen kinden unnd mengklichem ganntz unnd
gar unverhindert. Unnd wiewol ime von vilgedachter frowen von ZornPerson: zweythusent guldinCurrency: 2000 guilders zu hyrat gutTerm: zugesagt, ouch irer frow muter gut unnd annder erbfälTerm: vorbehalten, so habe er doch weder haller noch
pfenning
Term:
an houptgut enpfangen, zu dem stünden im etlich jar zinnß davon unbezalt uß. Darumb was unnd wie vil denselben kindenTerm: von irer frow muterTerm: zugesagten hyratgutTerm: oder sonst inn erbswyß gefallen
wirt, das alles sölle inen, so es zu fal kompt, obgehörter maß gefolgen unnd plyben.
Sovil aber das vätterlich erb unnd gut belangt, satzte unnd ordnete er, diewyl die sünTerm: stammenTerm: unnd nammen erhielten, das dieselben, so er by voriger oder jetziger frowen gehept hatt oder noch überkompt (welliche sün nitt zu annderen stendenTerm: geordnet unnd ußgestürtTerm: sind oder noch werdent), by der herrschafft VorstegkPlace:
mitt hochen unnd nidern gerichten, ouch allen unnd jeden frygheiten, recht unnd gerechtigkeiten, mitt zinnß, zehenden, rennt, nütz, gülten unnd gütteren, was dartzu gehört, darinn nüdt ußgenommen one intrag und
widerred gentzlich plyben unnd denselben zugehören.
Dargegen söllind die töchterenTerm: von beiden frow mutern, so gefölgig unnd gehorsam sind, es syge by syn, des vatters, leben oder nach synem tod mit rath eyner
fründtschafftTerm: vätterlichemTerm: gut, eerlichen inn hyratswyß oder inn annder weg, ußgestürtTerm: unnd versorgtTerm: werden. Unnd umb was ald wievil jede tochterTerm: uff die bemelt herrschafft ald anndere gütter verwyßt,
söllen die sünTerm: , so die herrschafft unnd gütter innhabend, abzufertigen oder zu versicheren schuldig syn. Unnd dieselben sün die bemelt herrschafft unnd gütter mitt aller zugehördt ouch alles das, so über die ußstürung der töchteren oder sünen überig syn wirt, brüderlich unnd früntlich mitt eynannderen besitzen, nutzen unnd niessen, unverhindert der annderen geschwüstergiten unnd mengklichs alles getrüwlich, erberlich
und ungevarlich.
Diewyl nun das alles syner frowenTerm: , kindenTerm: unnd erbenTerm: zu wolfart, ruwen unnd gutem angesehen unnd dann er sampt der vermelten herrschafft VorstegkPlace: für sich unnd syn nachkommen
gegen gmeyner unnser statt mitt ewigem burgrechtenTerm: verpflicht unnd verbunden, so were syn gantz vlyssig unnd früntlich bitt unnd begeren, wir welten söllichs mitt briefflicher gwarsame bekrefftigen unnd bestetigen. Also habent wir des wolgenannten, unnsers burgersTerm: herr Uͦlrichen Phillipps, frygherr von der HochensaxPerson: etcAbbreviation, bittlich ansuchen nach gstalt unnd gelegenheit der sachen für zimlich unnd billich geacht
unnd daruff syner gnaden obgemelt hyratsTerm: unnd gemechtsordnungTerm: unnd verschaffung confirmiertTerm: unnd bestetiget unnd wellend, das dem inn allweg, wie har inn von wort zu wort begriffen stadt, jetz unnd hernach
getrüwlich gelept unnd nachgangen werde, von mengklichem ungesumpt unnd unverhindert.
Unnd des alles zu warem urckhundt unnd bevestigung, so ist unnser statt ZürichOrganisation: secret insigel offentlich gehenckt
an disen brief, doch wolgenannts hern von SaxPerson: gelten unnd unnser statt recht unnd gesetzt inn allweg one schaden unnd nachteil, der geben ist sambstags, den zwentzigisten tag meygens nach der
geburt ChristiPerson: gezalt fünfftzehenhundert fünfftzig unnd drü jar
Date of origin: 20.5.1553
.
[Dorsal notation on the reverse side in a hand of the 18th century:]
Herr freyherren von der Hochen Sax
testamentliche vermächtnus gegen frauw Regina
Marbech
Person:
, seiner gemahlin, 1553 etcAbbreviation.

Notes

    1. Am 17. Februar 1556Date: 17.2.1556 stellt Ulrich Philipp von Sax-HohensaxPerson: zur Vermeidung künftiger Erbstreitigkeiten eine Urkunde aus über die GeschenkeTerm: , die Regina MarbachPerson: von ihm und anderen Personen bekommen hat. Der Erb- und Leibdingvertrag vom 20. Mai 1553Date: 20.5.1552 soll von der Urkunde nicht betroffen sein. Die Urkunde enthält eine detaillierte Aufzählung über die Hochzeitsgeschenke an die Ehefrau, darunter Ketten und Ringe mit Saphiren, Diamanten, Amethisten oder Rubinen, silberne Becher und anderes Geschirr (StAZH C IV 7.3, Nr. 6; siehe auch das Verzeichnis über ihre Hinterlassenschaft an die drei Söhne von 1589: KA Werdenberg im OA Grabs Nr. 43–39 [Kopialbuch Schäpper], S. 93–95).
    2. Nachdem Ulrich Philipp von Sax-HohensaxPerson: die Herrschaft BürglenPlace: verkauft und 1560 die Burg UsterPlace: gekauft hat, setzt er 1560 seiner zweiten Ehefrau Regina MarbachPerson: anstelle von SaxPlace: die Burg Uster zu LeibdingTerm: (StAZH C IV 7.3, Nr. 7).