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SSRQ ZH NF I/2/1 96-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, by Bettina Fürderer

Citation: SSRQ ZH NF I/2/1 96-1

License: CC BY-NC-SA

Urteil im Konflikt um die Wassernutzung zwischen der Gemeinde Hettlingen und dem Inhaber der Eichmühle

1469 June 28.

Schultheiss und Rat von Winterthur urteilen im Konflikt zwischen der Gemeinde Hettlingen, vertreten durch Bertschi Rappolt, Klaus Sulzer und Kueni Stocker, und Hans Müller von Eich um die Nutzung der Quellwasserleitung nach Hettlingen und des Bachs, der zur Eichmühle fliesst. Auf Seiten der Gemeinde wurde vorgebracht, dass Müller das Wasser zur Mühle leite, obwohl man mit Einwilligung der Inhaber der Güter, der Familie Hoppler, die Quelle gefasst und nach Hettlingen geleitet habe, und dass Müller sich weigere, den Bach zur Mühle dreimal am Tag nach Hettlingen zu leiten, damit man das Vieh tränken könne. Müller entgegnete, die Quelle auf seinem Grundstück liefere ihm seit jeher Trinkwasser und halte im Winter das Mühlrad in Betrieb, und berief sich auf die Konditionen, zu welchen ihm die Mühle gegeben worden sei. Den Anspruch der Gemeinde auf die Ableitung des Bachs wies er zurück, da in den zehn Jahren, seit er die Mühle in Besitz habe, noch nie derartige Forderungen an ihn gestellt worden seien. Nach Anhörung von Zeugen und Konsultation des Kaufvertrags über die Mühle sprechen Schultheiss und Rat das Urteil, dass Hans Müller das Quellwasser nutzen dürfe wie bisher und dass jeder Inhaber der Mühle den Bach dreimal am Tag nach Hettlingen leiten solle, sofern die Gemeinde nicht freiwillig darauf verzichten würde. Beide Seiten erhalten auf Wunsch eine Ausfertigung des Urteils. Die Aussteller siegeln mit dem Ratssiegel der Stadt Winterthur.

  • Shelfmark: PGA Hettlingen I A 1
  • Date of origin: 1469 June 28
  • Transmission: Original
  • Substrate: Pergament
  • Format h × w (cm): 44.5 × 21.5
  • 1 seal:
    1. Rat der Stadt WinterthurOrganisation: , slit with no seal, missing
  • Language: German

Die ausserhalb des Dorfes HettlingenPlace: gelegene Eichmühle war ein Lehen der Abtei ReichenauOrganisation: , die 1540 in das Hochstift KonstanzPlace: inkorporiert wurde. Seither war der Bischof von KonstanzPlace: Lehensherr der Mühle. Zwischen den Inhabern der Mühle und der Gemeinde kam es wiederholt zu Nutzungskonflikten, vgl. hierzu Kläui 1985, S. 103-105.

Edition Text


Wir, der schultheiß und der rǎt zuͦ WinterthurPlace: Organisation: , tuͦnd kunt allermenglichem mit disem brieff:
Als von der spēnn, stoͤß und uneinikeit wegen entzwu̍schen den erbern, unsern lieben getruwen, gemeinen nachpuren zuͦ HettlingenPlace: Organisation: , einer und Hansen Mu̍llerPerson: von EichPlace: der andern sydten uferstanden, antreffend den brunnen,
so gen HettlingenPlace: getu̍chlet ist, und den bach, so dann an die mu̍li zuͦ EichPlace: rindt, darumb sy dann vormaln vor uns inrecht gestanden und clag und widerred nach irem
benuͦgen gegen ein andern volfuͤren gewesen sind, und namlich die von HettlingenPlace: in ir clag vermeinten, HansDamage through ink blot, uncertain readinga Mu̍llerPerson: nēm inen den genanten brunnen und fuͦrti den
uff die mu̍li zuͦ EichPlace: , anders dann billich wēr, wǒn sy den selben brDamage through ink blot, uncertain readingbunnen mit tu̍cDamage through ink blot, uncertain readingchlen, stuben und andern nottdurfftigen dingen gen HettlingenPlace: geleittet hetten mit swaͤrem costen, als inn ouch soͤlichs von den HopplernOrganisation: , dero der brunn und die guͦtter gewesen weren, vor langer zitt vergu̍nst worden sig, dartzuͦ so soͤlti der bach, der uff
die mu̍li zuͦ EichPlace: gieng, alle tagRepeated duration: 1 day drystund durch den genanten Mu̍llerPerson: , und wer die mu̍li innhett, gen HettlingenPlace: zegǒn abgelaussen werden, namlich am morgenDuration: morning, zuͦ
mittagDuration: noon und zuͦ abentzDuration: evening, damit sy ir vich getrencken und des halben gehalten moͤchten, des sich der Mu̍llerPerson: ouch widroti, begerten, den selben Mu̍llerPerson: guͤttlich, und ob das
nit guͤttlich gesin moͤcht, rechtlich ze underwisen, sy an dem brunnen ungeirt und inen den genanten bach drystund des tags gen HettlingenPlace: gǒn zelǎussen, als
sy hofften billich sin, angesehen, das das dorff HettlingenPlace: nit wol ein dorff moͤcht sin, wo inn soͤlich wasser nit zuͦgelǎussen soͤlt werden, als es aber von billichem dahin gǒn soͤlt. Und ob sy dawider reden woͤlten, begerten sy kuntschafft darumb zeverhoͤren.
Dawider aber Hans Mu̍llerPerson: in siner antwurt reden ließ, er nēm inn den gedachten brunnen nit anders dann als von alterher zuͦ trinckwasser und imm winterDuration: winter an das rad, das im das nit gefru̍ri, als im die mu̍li ouch geben sig. Der brunnDamage through faded ink, uncertain readingd
lig ouch in dem sinen und truwt, er soͤlt den nuttzen und niessen, wenn er und die sinen des nottdurfftig weren zetrincken ald uff die mu̍li. Das er ouch schuldig
wer, den bach gen HettlingenPlace: zelaussen, als die von HettlingenPlace: vermeinten, getruwt er nit, dann er das wasser gǒn lǎussen oder schwellen moͤcht, weders er woͤlt.
Hett ouch die mu̍li inngehept by zehen jarnDuration: 10 years, das soͤlichs im rechtlich nie angesprochen wēr, getruwt wol, man ließ inn daby beliben. Und als die von HettlingenPlace:
kuntschafft botten hetten, begert er sin kouff brieff und ouch kuntschafft zeverhoͤren.
Und nach dem sy dis sach dotzemalen zuͦ bedersydt mit mer worten fu̍r uns
getragen, unnu̍ttz alle zemelden, zuͦ recht und unser erkantnu̍ß gesatzten und wir den genanten kouffbrieff, der da wist, wie die HopplerOrganisation: die mu̍li inngehept und
von vatter und muͦter ererbt hettint, das sy die dem Mu̍llerPerson: zekouffen geben habint, mit sampt der kuntschafft zuͦ bedenteiln dargepotten rechtlich verhoͤrdt, haben
wir uff das, so Bertschi RapoltPerson: , Clauß SultzerPerson: und Cuͤni StockerPerson: fu̍r sich selbs und gemein nachpuren zuͦ HettlingenPlace: Organisation: und Hans Mu̍llerPerson: zuͦ EichPlace: fu̍r sich selbs und sin erben
gelopt und versprochen hand, wes wir uns erkennen und zwu̍schen inen ussprēchen, das sy dem nachkomen und gnuͦg tuͦn wellen, yetz und hernach, uns uff
hu̍ttigen tag, datum dis brieffs, nach clag, antwurt, red und widerred, ouch uff verhoͤrung des genanten brieffs und der besseren kuntschafft von einem an das ander
gnuͤgsamklich usgemessen nach unser besten verstentnu̍ß zuͦ recht erkennt und sprechent yetz mit disem brieff:
Des ersten von des brunnen wegen, das Hans
Mu̍ller
Person:
wasser usser dem genanten brunnen zuͦ winterzittDuration: winter, so er des frostes halb zehaben bedoͤrffen ist, nach siner nottdurfft nēmen und sich sunst trinckwassers halb
daruß bewaͤsseren moͤg. So dann von des bachs wegen erkennen wir uns ouch zuͦ recht uff alle vorgemelt verhandlung, das ein yeder mu̍ller, so die genanten
mu̍li innhǎt, den geruͤrten bach alle tagRepeated duration: 1 day drystund gen HettlingenPlace: abe gon lǎussen sol, namlich am morgenDuration: morning, zuͦ mittagDuration: noon und des ǎbentzDuration: evening. Es sig dann sach, das ein
mu̍ller an den von HettlingenPlace: haben moͤge, das sy guͤttlich davon standint.
Dis unsers spruchs begerten bedteil brieff, die wir inen mit unsers rǎtsOrganisation: insigel,
gemeiner unser statt onschaden, besigelt geben haben an mittwuͦch vor sant PeterPerson: und PǎulsPerson: Organisation: , der heiligen zwoͤlffpotten, tag, nach Cristi gepu̍rt viertzehenhundert sēchszig und nu̍n jǎrDate of origin: 28.6.1469.1
[fol. v]Page break
[Dorsal notation on the reverse side in a hand of the 17th century:]
Betrift dUncertain readinge Gu̍lgPerson: Uncertain readingf brunnen zu EichPlace:

Notes

  1. Damage through ink blot, uncertain reading.
  2. Damage through ink blot, uncertain reading.
  3. Damage through ink blot, uncertain reading.
  4. Damage through faded ink, uncertain reading.
  5. Uncertain reading.
  6. Uncertain reading.
  1. Neben dem Eintrag zu dem Urteilsspruch im Ratsbuch ist vermerkt, dass zwei Urkunden ausgefertigt wurden (STAW B 2/3, S. 42). Dass sich das Gerichtsverfahren mit der Anhörung der Streitparteien, der Vernehmung der Zeugen, der Konsultation der Beweise sowie dem Fällen des Urteils über mehrere Sitzungen erstreckte, schlägt sich ebenfalls in entsprechenden Einträgen nieder. Der Eintrag über die Einreichung der Klage und die Klageerwiderung ist nicht datiert, aber vor dem 12. Juni 1469 anzusetzen (STAW B 2/3, S. 40).