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SSRQ ZH NF I/2/1 9-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, by Bettina Fürderer

Citation: SSRQ ZH NF I/2/1 9-1

License: CC BY-NC-SA

Anweisung König Albrechts an die Stadt Winterthur betreffend Beweiserhebung und Urteilsfindung bei Vergehen

1302 August 2. Strassburg

König Albrecht, der Auseinandersetzungen und schlechte Gewohnheiten in der Stadt ausräumen möchte, weist die Räte und Bürger von Winterthur an, dass der Vogt oder der städtische Schultheiss den Täter bei Delikten innerhalb der Stadtmauern mit zwei zuverlässigen Zeugen überführen soll. Er kritisiert die bisherige Praxis, den, der das Delikt anzeigt, bei der Untersuchung als ersten Zeugen zu behandeln. Kann der Nachweis mit zwei zuverlässigen Zeugen nicht erbracht werden, soll der Beschuldigte sich mit einem Eid reinigen können. Der König warnt davor, sich dem Urteilsspruch eines anderen anzuschliessen, ohne den Fall zu kennen und die Bedeutung des Urteils darlegen zu können. Zuwiderhandelnde sollen ihre Hand, die sie zur Zustimmung erhoben haben, verlieren oder dem Stadtherrn 10 Pfund Pfennige Busse geben. Er droht weiter jedem seine Ungnade an, der innerhalb der Stadt unter den Untertanen der Herrschaft Kyburg Zwietracht stiftet.

  • Shelfmark: STAW URK 23
  • Date of origin: 1302 August 2
  • Transmission: Original
  • Substrate: Pergament
  • Format h × w (cm): 23.5 × 12.0 (Plica: 2.5 cm)
  • 1 seal:
    1. König AlbrechtPerson: , wax, round, sealed on a parchment tag, enclosed in a linen sack
  • Language: Latin
  • Edition
    • UBZH Bd. 7, Nr. 2661
    Regest

Gemäss dem 1264 durch Graf Rudolf von HabsburgPerson: kodifizierten städtischen Recht stand die Gerichtsbarkeit in WinterthurPlace: dem Stadtherrn zu (SSRQ ZH NF I/2/1 5-1, Artikel 9). Auch in der Aufstellung der Rechte und Einkünfte der Herzöge von ÖsterreichOrganisation: , dem sogenannten HabsburgischenOrganisation: Urbar, wird die Ausübung der hohen und niederen Gerichtsbarkeit in WinterthurPlace: der Stadtherrschaft vorbehalten (SSRQ ZH NF I/2/1 13-1). Die Rechtsaufzeichnung von 1264 räumte den Bürgern die Kompetenz ein, vor Gericht über die Schuld oder Unschuld eines Angeklagten zu urteilen, das Strafmass war jedoch vorgegeben (SSRQ ZH NF I/2/1 5-1, Artikel 4, 11). Nicht nur König AlbrechtPerson: , RudolfsPerson: Sohn, griff in seiner Funktion als Stadtherr von WinterthurPlace: in die städtische Praxis ein, Delinquenten zu überführen und zu verurteilen. Auch später konnten Schultheiss und RatOrganisation: strafrechtliche Bestimmungen nur gemeinsam mit dem Vogt von KyburgPlace: , dem Vertreter der Stadtherrschaft vor Ort, erlassen, beispielsweise 1324, als neue Bussgelder für diverse Delikte und Zahlungsmodalitäten festgelegt wurden (SSRQ ZH NF I/2/1 12-1, Artikel 4).

In einem WinterthurerPlace: Kopialbuch des späten 17. Jahrhunderts wird der Inhalt dieser Urkunde in deutscher Sprache paraphrasiert wiedergegeben (STAW B 1/32, S. 5).

Edition Text

AlbertusIn the original: AlbPerson: , dei graciaIn the original: gra RomanorumOrganisation: rex semper augustus, prudentibus viris .. consulibusOrganisation: et universis civibus in WinterturPlace: Organisation: , fidelibus suis dilectis, graciamIn the original: gram suam et omne bonum.
Volentes discordias et quasdam malas vestras consuetudines radicitus extirpare, fidelitati vestre seriose committimus et mandamus, quatenus in criminibus vel excessibus quibuscumque inquirendis et probandis, qui vrevendeLanguage change: German nuncupantur, hac studeatis uti consuetudine sive lege, ut advocatus1 vel scultetus vester, qui pro tempore fuerit, crimina vel excessus quoscumque infra muros civitatis WinterturPlace: perpetratos cum duobusAmount: 2 testibus ydoneis, quos producere voluerit, ostendere et probare valeat indistincte, vestra detestanda consuetudine, qua hactenus, ut nobis innotuit, voluistis, quod denunciator criminum vel excessuum huiusmodi in ipsis probandis primus testis esse debeat, non obstante, que crimina vel excessus si per eumdem advocatum vel scultetum duorumAmount: 2 virorum ydoneorum testimonio probati non fuerint vel ostensi, ex tunc is, cui sunt oppositi, solo suo sacramento de eisdem poterit se purgare.
Volumus eciam et districte precipimus, ut nullus vestrum in alterius sentenciam consenciat vel eidem aliquatenus acquiescat, nisi qui causamIn the original: cam et merita sentencie, in quam consensit, scit seu novit dilucide declarare. Contrarium faciens et in figura iudicii eo nomine, quod late sentencie acquievit, extendens seu levans iuxta consuetudinem manum suam, eandem manum ammittat vel domino civitatis in decem libris denariorumCurrency: 10 lb usualis monete sine remissione qualibet condempnetur. Si quis eciam vestrum inter homines dominii KiburchPlace: intra civitatem WinterturPlace: ope vel consilio scienter partes fecerit vel discordiam seminaverit aliqualem, nostram et domini sui indignacionem gravissimam se incurrisse noverit ipso facto.
Datum in ArgentinaPlace of origin: , iiiio nonas augusti, anno domini millesimo trecentesimo secundo, indictione xva, regni vero nostri anno quintoDate of origin: 2.8.1302.

[fol. v]Page break
[Dorsal notation on the reverse side in a hand of the 14th century:] Ein brief, daz deheiner ein fraͤfi sye verfallen, er werdi denn u̍berseit mit zwenAmount: 2, ob es nit sust kuntbar waͤr. Moͤcht er aber nit u̍berseit werden, swert er denn, so ist er ledig. Es sol oͤch nieman dem andern keiner urteil helffen, es sye denn, daz er daz erlu̍tren kunne und sagen, ob er gefragt wurdi. Koͤnd er aber daz nit, der ist verfallen x libAbbreviationCurrency: 10 lb . Welher oͤch unhellikeit und zweigung machti, der ist in des herren ungnad.
[Dorsal notation on the reverse side in a hand of the 18th century:] Anno 1302Date: 1302 a, von kayser AllbrechtPerson:

Notes

  1. Addition inline in a hand of the 19th century: 2 AugustIn the original: AugDate: 2.8.1302.
  1. Vermutlich ist hiermit der Vertreter der Herrschaft vor Ort, der Vogt von KyburgPlace: , gemeint, vgl. Niederhäuser 2014, S. 107.