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SSRQ ZH NF I/2/1 29-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, by Bettina Fürderer

Citation: SSRQ ZH NF I/2/1 29-1

License: CC BY-NC-SA

Befreiung der Stadt Winterthur und ihrer Bürger von Ladungen vor fremde Gerichte durch König Wenzel und Verleihung des Rechts, Geächtete aufzunehmen

1379 October 16. Prag

König Wenzel verleiht dem Schultheissen, dem Rat und den Bürgern der Stadt Winterthur angesichts ihrer Dienste das Recht, sich nicht mehr vor dem königlichen Hofgericht, dem Landgericht in Rottweil, anderen Landgerichten oder Gerichten verantworten zu müssen. Ansprüche an die Gemeinde oder einzelne Bürger und Bürgerinnen sind vor dem Richter und dem Rat in Winterthur auszutragen, sofern dem Kläger oder der Klägerin nicht dort das Recht verweigert wird. Ladungen vor fremde Gerichte und auswärts ergangene Urteile sollen keine Geltung haben. Der König verleiht den Winterthurern ferner das Recht, geächtete Personen aufzunehmen. Sie sollen denjenigen Recht verschaffen, die in der Stadt Forderungen an Geächtete stellen wollen, sind aber nicht verpflichtet, diese ohne Klage gerichtlich zu verfolgen. Wer gegen dieses Privileg handelt, zieht sich die Ungnade des Königs zu und muss 50 Pfund Gold Busse zur Hälfte an die Reichskammer und zur Hälfte an die Stadt bezahlen. Der Aussteller siegelt mit dem Majestätssiegel.

  • Shelfmark: STAW URK 247
  • Date of origin: 1379 October 16
  • Transmission: Original
  • Substrate: Pergament
  • Format h × w (cm): 48.0 × 27.0 (Plica: 7.0 cm)
  • 1 seal:
    1. 1 Siegel mit Rücksiegel: König WenzelPerson: , wax, round, sealed on a cord, damaged
  • Language: German
  • Edition
    Regest

  • Shelfmark: StAZH C I, Nr. 3151 (Insert 1)
  • Date of origin: 1420 August 26
  • Transmission: Abschrift (Insert)
  • Substrate: Pergament
  • Format h × w (cm): 53.0 × 37.0 (Plica: 7.0 cm)
  • 1 seal:
    1. Diethelm von WolhusenPerson: , wax, round, sealed on a parchment tag, well-preserved
  • Language: German
  • Shelfmark: STAW URK 1399b.1 (Insert 1)
  • Date of origin: 1476 July 30
  • Transmission: Abschrift (Insert)
  • Substrate: Pergament
  • Format h × w (cm): 29.0 × 69.0 (Plica: 9.5 cm)
  • 1 seal:
    1. Hofgericht RottweilPerson: , wax, round, sealed on a parchment tag, well-preserved
  • Language: German
  • Shelfmark: winbib Ms. Fol. 49, S. 10-13
  • Date of origin: 1629
  • Transmission: Abschrift
  • Substrate: Papier
  • Format h × w (cm): 21.0 × 32.5
  • Language: German
  • Shelfmark: STAW B 1/32, S. 7-8
  • Date of origin: 1667
  • Transmission: Abschrift
  • Substrate: Papier
  • Format h × w (cm): 22.5 × 35.0
  • Language: German
  • Shelfmark: winbib Ms. Fol. 27, S. 27-29
  • Date of origin: mid 18. c.
  • Transmission: Abschrift
  • Substrate: Papier
  • Format h × w (cm): 24.0 × 35.5
  • Language: German

König WenzelPerson: hatte den WinterthurernOrganisation: im März 1379 die von seinen Vorgängern verliehenen Privilegien bestätigt (SSRQ ZH NF I/2/1 28-1). Im Herbst befreite er die Bürgerinnen und Bürger von mehreren habsburgischenOrganisation: Städten im AargauPlace: und ThurgauPlace: , darunter auch WinterthurPlace: , von Ladungen vor auswärtige Gerichte, vgl. hierzu Stercken 2006, S. 142-143. Für die WinterthurerOrganisation: war das Privileg so bedeutsam, dass sie es 1420 und 1476 vidimieren liessen (StAZH C I, Nr. 3151; STAW URK 1399b.1). 1348 und 1366 hatte WenzelsPerson: Vater Karl IV.Person: den Herzögen von ÖsterreichOrganisation: für ihre Städte und Herrschaften in den Vorlanden bereits pauschale Befreiungen von Ladungen vor auswärtige Gerichte erteilt (STAW URK 102; STAW URK 186a; STAW URK 186b), auf die sich auch WinterthurerPlace: Bürger berufen konnten, wie beispielsweise ein Verfahren vor dem Hofgericht in RottweilPlace: Organisation: im Jahr 1371 veranschaulicht, das mit einem Freispruch endete (STAW URK 208).

Nicht immer bewahrten diese Privilegien vor Verurteilungen durch Hof- und Landgerichte. Einerseits mussten sie nach einem Herrscherwechsel erneuert und bestätigt werden, andererseits konnten sich die Konfliktgegner häufig auf eigene Privilegien stützen. So erklärte beispielsweise der Hofrichter von RottweilPlace: den WinterthurerPlace: Bürger Hans HopplerPerson: im Jahr 1390 auf Klage der Äbtissin des ZürcherPlace: FraumünstersOrganisation: in die Acht (StAZH C I, Nr. 1140; Regest: URStAZH, Bd. 3, Nr. 3445). Daraufhin klagte HopplerPerson: vor dem Landgericht im ThurgauPlace: Organisation: gegen das Urteil, das im Widerspruch zu den von Königen und Kaisern der Stadt verliehenen Rechten gefällt worden sei, und liess die Acht für ungültig erklären (StAZH C I, Nr. 1141; Regest: URStAZH, Bd. 3, Nr. 3470).

Zu den Formen der Befreiung von auswärtigen Gerichten vgl. Weitzel 1976, S. 118-123.

Edition Text


Wir, WentzlawPerson: , von gots gnaden RomischerPlace: kunig, zu allen zeiten merer des reichsOrganisation: und kunig zu BeheimPlace: , bekennen und tun kunt offenlichen mit diesem brieve allen den, die yn sehenText variant in StAZH C I, Nr. 3151: ansehenta
oder horen lezen, das wir haben angesehen stete, lautere trewe und auch nucze dienste, die uns und dem reicheOrganisation: der schultheizze, ratOrganisation: und burger gemeynlichen der stat zuOmitted in StAZH C I, Nr. 3151b WynterturPlace: Organisation: , unsere lieben getrewen, offte nuczlichen getan haben und noch tun sullen und mugen in kunfftigen zeiten, und haben sie dorumb mit wolbedachten mute, rate unsere und des reichsOrganisation:
fursten und lieben getrewen gefreyet und begnadet, freyen und begnaden sie auch mit craffte dicz brieves also, das sie nyemandes c–furbas merText variant in StAZH C I, Nr. 3151: me fu̍rbas–c ewiclichen, wer er sey und in welchen eren
und wurden er auch sey, die egenanegenanten burger mitenander oder besunder furtreiben, furdern, ansprechen, beclagen, bekummern, urteilen oder achten sulle oder muge vor unser kuniglich
hofegerichte oder an den lantgerichten zu RotweilPlace: oder an keynen andern lantgerichten oder gerichten, wo die ligen, d–gelegen und wie dieText variant in StAZH C I, Nr. 3151: oder gelegen sind oder–d genant seyn. Besunder wer den egenanteegenanten
burgern allen, ir eynen oder me, er sey man oder weip, zusprechen, zuclagen oder furdrunge hat oder gewynnet, der sal das tun vor dem richter und demOmitted in StAZH C I, Nr. 3151e rateOrganisation: doselbest und recht von
ym nemen und nyrgent anderswo, es were denn, das dem cleger oder clegerynne kuntlich und offenlich recht vorsaget wurde von dem egenanegenanten richter und rateOrganisation: in derselben stat
zu WinterturPlace: .
Ouch wollen wir von besundern gnaden, das dieselben burger mugen offen echter husen und hofen und alle gemeynschafft mit yn haben also, wer, das yemand
derselben echter eynen oder me, vil oder wenig, in irer stat zu WinterturPlace: anfellet, dem sal man eyn unvorczogen recht tun noch der stat gewonheit. Und als offte sie in die
egenanegenanteOmitted in StAZH C I, Nr. 3151f stat komen und wider doraus, das sie nymant ansprichet mit dem rechten, das sal den vorgenanvorgenanten burgern keynen schaden bringen von der gemeynschafft wegen.
Und gebieten
dorumb allen fursten, geystlichen und werltlichen, graven, freyen herren, dienstleuten, rittern, knechten, steten, gemeynden, dem lantrichter zu RotweilPlace: und allen andern lantrichtern und
richtern und den, die an den lantgerichten und gerichten zu dem rechten siczen und urteil sprechen, die yczunt seyn oder in kunfftigen zeiten werden, unsern und des heiligen reichsOrganisation:
lieben getrewen, ernstlichen und vesticlichen bey unsern und des Text variant in StAZH C I, Nr. 3151: heilgeng reichsOrganisation: hulden, das sie furbasme ewiclichen keynen der egenanegenanten burger eynen oder me, man oder weip, nicht fur
das egenanegenant lantgerichte oder ander gerichte eyschen, laden, furdern, furtreiben oder keyn urteil ubir ir liep oder uberOmitted in STAW URK 1399b.1h ir gut sprechen oder in die achte tun sullen noch mugen,
in dheineweis. Und wo das geschee wider diese obgenanobgenante unsere gnade und freyheit und gnade, die in diesem unserm Text variant in StAZH C I, Nr. 3151: fryheiti brieve seyn, so nemen und tun wir abe mit rechter wissen
und kunglicher mechte volkomenheit aller schulde, ladunge, eyschunge, furdrunge, ansproche, urteil und die achte und entscheiden, lautern, Text variant in StAZH C I, Nr. 3151: undj cleren und sprechen, das sie mitenander
und besunder alle unkrefftig und untuglich seyn sullen, und tun sie abe und auch vornichten sie genczlichen und gar an allen iren begreyffungen, Text variant in StAZH C I, Nr. 3151: undk meynungen und puncten, wie
sie darkomen, geben, gesprochen oder geurteilt werden oder wurden.
Und ob yemand, wer der were, der also wider diese obgenanobgenante unsere gnade und freyheit frevellichen tete,
der und die sullen in unsere und des heiligen reichsOrganisation: ungnade und darczu eyner rechten pene funffczig phunt lotigs goldesCurrency: 50 lb gold vorfallen seyn, als offte der do wider tut, die halb
in unser und des reichsOrganisation: camer und das ander halb teyl den obgenanobgenanten burgern zu WinterturPlace: , die also ubirfaren werden, genczlich undOmitted in StAZH C I, Nr. 3151l an alles mynnernuzze sullen gevallen.

Mit urkund dicz brieves, vorsigelt mit unsere kunglichen majestat ingsigel, der geben ist zu PragePlace of origin: , noch Crists geburt dreiczenhundert jar, dornoch in dem newnundsibenczigstem jare, an sand GallenPerson: tage, unser reiche des BehemischenPlace: in dem sibenczendenText variant in STAW URK 1399b.1: subendenm und des RomischenPlace: in dem vierden jarenDate of origin: 16.10.1379.
[fol. v]Page break
[Chancery notation on the right side of the plica:]
Per dominum magistrum curie
PPetrus JaurenJaurensisPerson: 1
[Registratur’s sign on the reverse side:] RmRegistratum Wilhelmus KortelangenPerson: 2
[Dorsal notation on the reverse side in a hand of the 16th century:]
Kung WentzelsPerson: frighait
brief, das kein burger anUncertain readingn
froͤmbde gericht furgenomen
wurden, ouch gmeine stat
offen aͤchter enthalten mug
[Dorsal notation on the reverse side in a hand of the 18th century:]
König WenceslausPerson: freyheit brieff,
das kein burger zu WinterthurPlace: für ein
frömbd gericht gefordert werden solle
bey straf der königlichen ungnad und
50  löthigen goldes, die helffte
der reichscammer und die ander helffte
der statt WinterthurPlace: ,
o anno 1379Date: 1379.

Notes

  1. Text variant in StAZH C I, Nr. 3151: ansehent.
  2. Omitted in StAZH C I, Nr. 3151.
  3. Text variant in StAZH C I, Nr. 3151: me fu̍rbas.
  4. Text variant in StAZH C I, Nr. 3151: oder gelegen sind oder.
  5. Omitted in StAZH C I, Nr. 3151.
  6. Omitted in StAZH C I, Nr. 3151.
  7. Text variant in StAZH C I, Nr. 3151: heilgen.
  8. Omitted in STAW URK 1399b.1.
  9. Text variant in StAZH C I, Nr. 3151: fryheit.
  10. Text variant in StAZH C I, Nr. 3151: und.
  11. Text variant in StAZH C I, Nr. 3151: und.
  12. Omitted in StAZH C I, Nr. 3151.
  13. Text variant in STAW URK 1399b.1: subenden.
  14. Uncertain reading.
  15. Addition inline in a hand of the 19th century: 16 OctoberDate: 16.10.1379.
  1. Zu Peter von JauerPerson: , Schreiber der Kanzlei König WenzelsPerson: , vgl. Hlaváček 1970, S. 191-192. Er fungierte als Ausfertiger dieser Urkunde. Der Ausfertiger konnte, musste aber nicht identisch mit dem Schreiber der Urkunde sein. Zum Fertigungsvermerk vgl. Lindner 1882, S. 105-106, 142-144.
  2. Zu Wilhelm KortelangenPerson: , Registrator der Kanzlei König WenzelsPerson: , vgl. Hlaváček 1970, S. 301-303.