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SSRQ ZH NF I/2/1 261-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, by Bettina Fürderer

Citation: SSRQ ZH NF I/2/1 261-1

License: CC BY-NC-SA

Verfahrensordnung bei Versteigerungen in der Stadt Winterthur

1531 June 21.

Schultheiss und Rat von Winterthur regeln das Verfahren bei Versteigerungen, die jeweils samstags stattfinden. Auf Antrag des Klägers wird die Versteigerung der Pfandobjekte dreimal, mittwochs, freitags und samstags, ausgerufen. Hat der Schuldner den Kläger binnen sechs Wochen und drei Tagen nicht zufriedengestellt, kann dieser vor dem Rat die Beurkundung der Versteigerung beantragen. Sobald der Stadtknecht Auskunft über den Ablauf des Verfahrens und das Höchstgebot gegeben hat und der Rat über die Rechtmässigkeit der Versteigerung befunden hat, erhält der Kläger eine durch den Schultheissen gesiegelte Urkunde sowie die Verfügungsgewalt über das versteigerte Gut. Vorherige Verpfändungen und Zinsen bleiben davon unberührt. Bei der Versteigerung von beweglichen Gütern verkürzen sich die Fristen für die Ladung des Schuldners auf einen Tag und für die Begleichung der Ausstände auf drei Tage. Übersteigt der Erlös der Versteigerung die Schuldsumme, erhält der Schuldner die Differenz. Reicht er nicht aus, kann er weitere Pfänder beantragen. Des Weiteren haben beide Räte angeordnet und bei der Einsetzung des Schultheissen vor der Gemeinde verkünden lassen, dass die Ladungen zur Gant nicht persönlich, sondern nur in Haus und Hof des Schuldners verkündet werden müssen. Wenn der Gläubiger kommt, um zu pfänden, müssen ihm Pfänder gegeben werden, auch wenn der Schuldner nicht zu Hause ist. Ist niemand vor Ort, kann der Gantknecht sich Zutritt zum Haus verschaffen.

  • Shelfmark: winbib Ms. Fol. 27, S. 410-411
  • Date of origin: mid 18. c.
  • Transmission: Abschrift
  • Substrate: Papier
  • Format h × w (cm): 24.0 × 35.5
  • Language: German
  • Scribe: Johann Jakob Goldschmid

Die vorliegende Verordnung über öffentliche Versteigerungen ist im Kopial- und Satzungsbuch enthalten, das der WinterthurerPlace: Stadtschreiber Gebhard HegnerPerson: anlegte und das nur mehr abschriftlich überliefert ist. Das hier beschriebene Verfahren kam bereits in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts zur Anwendung, vgl. beispielsweise StAZH C II 13, Nr. 511; SSRQ ZH NF I/2/1 104-1. Zum Betreibungsverfahren in WinterthurPlace: vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 257-1.

Das Ausrufen unbeweglicher Pfandobjekte zur Versteigerung durch den Stadtknecht kostete einer Verordnung des Jahres 1406 zufolge 1 Schilling Haller. Bei beweglichen Pfandobjekten richtete sich die Gebühr nach dem Wert, waren sie maximal 5 Schilling wert, betrug sie 1 Haller, waren sie bis zu 1 Pfund Pfennige wert, betrug sie 1 Angster (STAW B 2/1, fol. 12r). Für die Beurkundung einer Versteigerung, den sogenannten Gantbrief, wurde gemäss einer Gebührenordnung von 1520 ein Betrag von 6 Schilling erhoben (SSRQ ZH NF I/2/1 219-1).

Edition Text


Ordnung und brauch der gant


Die gant soll also gebraucht werden: Namlich, so einer eim ganten
will, so soll der kläger dem schuldner an der mittwochenDuration: Wednesday darvor
durch den knecht, so die gant versicht, laßen zu der gant verkünden
und morndist durch den genempten knecht die gant laßen rüffen,
namlich den ersten ruff auff denselben gant tag an allen orten, da
der ruff zerüffen gebürt, deßglichen den anderen ruff auff den nächsten frytagDuration: Friday darnach und jeglicher wyß den dritten uff den samstagDuration: Saturday
darauff volgend thun und volgend sollich gant 6 wochen und 3 tagDuration: 6 weeks 3 days
in stiller ruh laßen bleiben auch stan. Und so also die zeit verschinnen
und der ankläger nit vergnügt worden, mag der mit dem stattknecht,
so den ruff gethan, für rathOrganisation: (so ihm echtUncertain readinga der schultheiß darfür zekommen tag geben) keren, der beschehen gant ein brieff erforderen,
darauff der schultheiß den stadtknecht befragen, wie die gant ergangen,
soll der stadtknecht anzeigen, wie es auff gant kommen, gerüfft worden,
wer darauff geschlagen, der gröst am pot gewesen und ob die gant
verschinnen sig oder nit. Und so der knecht sagt, wie ers gantet und es
ergangen, soll ein urtheill umfragen und darauff erkent werden,
so die gant nach unser stadt brauch und recht vollgangen und die gant
verschinnen, daß es alsdann darby bleiben und der ankläger mit solchem
vergantet gut solle und möge fürohin handlen, schalten und
walten als mit anderen sinen gütteren, doch vorigen versatzungen
und zinsen one schaden, auch daß im solcher gantbrieff verfolgen
und daß der schultheiß den von grichts wegen versiglen solle.

Jeglicher wyß soll mit verkünden der vahrenden pfanden halb gehandlet werden, außgenommen, daß mann uff den gantzen tag die
drigAmount: 3 rüff grad gmachsam, ungeeillet uff ein anderen thun und die
pfand dem schuldner die zulößen bis uff den dritten tagDuration: 3 days ze vesper
zeit
Duration: afternoon
warten und in stiller ruh ligen sollen.

Von altem her ist auch unser stadtrecht, so einer uß denen pfanden,
so er vergantet, fürglößt hette, daß er sollichs, so fürständig wer,
dem schuldner widerkeren solle, lößt aber einer hinder, daß er
witer klag um mehr pfand haben möge.

Der gant halb habend mhhAbbreviation bed räthOrganisation: fürohin zehalten angesehen
und das vor der gantzen gmeind, als mann den schultheißen gsetzt,
dem zegeleben laßen ußkünden, namlich daß in der gant gstrakh
der stadtrecht nachgangen solle werden. Und so einer eim zu der
gant verkünden will, soll es gnugsam sein, so einer eim zu huß
und hoff (und nit an seinem mund) zu der gant verkündt. Und [p. 411]Page break
so er morndist in deßen hauß, dem er hat laßen zu der gant verkünden,
um pfand komt und der schuldner schon nit anheimbsch ist, soll
nützet destominder deßelben schuldners hußvolkh dem kläger um
sin schuld pfand ze geben schuldig sein. Ob aber in deß schuldners huß
oder herberg gar niemand anhömisch were, so soll nützet destominder mhhAbbreviation gantknecht in deßelben schuldners huß und herberg gan
und, so der nit sonst one gespert möchte darein kommen, er darein
brechen und dem kläger um sin schuld pfand geben.
Actum AlbaniPerson: ,
anno xv c und xxxj
Date of origin: 21.6.1531
.

Notes

  1. Uncertain reading.