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SSRQ ZH NF I/2/1 233-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, by Bettina Fürderer

Citation: SSRQ ZH NF I/2/1 233-1

License: CC BY-NC-SA

Verzicht von Hans und Laurenz von Sal auf das Stiftungsvermögen ihrer Familie zugunsten einer Pfrund im Spital der Stadt Winterthur

1524 April 6.

Hans von Sal und sein Sohn Laurenz treffen wegen ihrer Forderungen folgende Vereinbarung mit dem Schultheissen und Rat von Winterthur als Schirmherren und Kastvögte über das Vermögen der Jahrzeitstiftung der Familie von Sal, von welchem jährlich Getreide an bedürftige Bürger ausgegeben wird. Schultheiss und Rat haben Hans von Sal aufgrund der Wohltaten, die er und seine Vorfahren der Stadt erwiesen haben, und ohne rechtliche Verpflichtung eine Herrenpfrund (Müssiggänger-Pfrund) im Spital am Tisch des Spitalmeisters sowie eine Leibrente überlassen gemäss Wortlaut des Pfrundvertrags. Dafür verzichten Hans von Sal und sein Sohn Laurenz für sich und ihre Nachkommen auf alle Forderungen betreffend die Stiftungen ihrer Familie zugunsten des Unteren und Oberen Spitals, der Kirche, des Siechenhauses, der Sammlung, des Bruderhauses und der Waldbrüder sowie der Pfründen der Kapläne an der Pfarrkirche und sonstige Zuwendungen. Alle Dokumente, auf deren Grundlage Forderungen gestellt werden könnten, sollen kraftlos sein. Es siegeln Hans von Sal und Sebastian von Rümlang für Laurenz von Sal.

  • Shelfmark: STAW URK 2120
  • Date of origin: 1524 April 6
  • Transmission: Original
  • Substrate: Pergament
  • Format h × w (cm): 52.0 × 31.5 (Plica: 6.5 cm)
  • 2 seals:
    1. Hans von SalPerson: , wax, round, sealed on a parchment tag, damaged
    2. Sebastian von RümlangPerson: , wax, round, sealed on a parchment tag, well-preserved
  • Language: German
  • Scribe: Gebhard Hegner

Im Zuge der Reformation beschlossen Schultheiss und Rat von WinterthurPlace: Organisation: , die Jahrzeitstiftungen zugunsten des Armenfonds einzuziehen (STAW AM 177/8), vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 236-1. Die Nutzung des Kirchenvermögens für karitative Zwecke stiess auf Widerstände, zumal man den Stiftern und ihren Erben einräumte, etwaige Ansprüche auf Rückzahlung zu verfolgen, vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 237-1. Auch seitens des Klerus erhob sich Protest. Der Rektor und die Kapläne an der Pfarrkirche beschworen in einem undatierten Schreiben die städtische Obrigkeit als «beschirmer u̍nnsers jarzitbuͦchs», man möge sie wie in ZürichPlace: bei ihrem alten Herkommen bezüglich Pfründen und Jahrzeit belassen, «dwil doch soͤllich gu̍lte erkoufft, bezalt unnd inn guͤter meinung gestifft unnd verordnet ist» (STAW AM 177/77). Die Pfründner des aufgehobenen Chorherrenstifts HeiligbergPlace: Organisation: beklagten sich im März 1529 bei der Stadt ZürichPlace: , dass WinterthurerPlace: Bürger sie bedrängten, das vor langer Zeit der Kirche gestiftete Gut herauszugeben (StAZH A 155.1, Nr. 87). Auch gegen die Ablösung von Grundzinsen wehrten sie sich mit Unterstützung ZürichsPlace: (STAW AJ 118/1/6).

Zu den Hintergründen dieser Entwicklung vgl. Niederhäuser 2020, S. 91-92; Niederhäuser 2014, S. 178-182; Walser 1944, S. 10-13; Ziegler 1933, S. 50-54; Hauser 1901, S. 112-113.

Edition Text


Wir, nach gemelten Hanns von SallPerson: und Laurentz von SallPerson: , sin elicher sun, bekenen und thuͦnd kund aller menglichem offenlich mit dissem brieve für unns,
unsser erben und nachkomen:
Alls dan wir an die fromen, ersamen und wissen schultheis und raͤte zuͦ WinterthurPlace: Organisation: alls schirmheren und castvͦegt des jartzit guͦtz, so
alle jarRepeated duration: 1 year in korn oder kernen iren armen burgeren ußteillt und geheissen wirt des von SallsPerson: jartzit1, ouch irs spitalls, des oberenOrganisation: und underenOrganisation: hussesOrganisation: , ir kilchen, kin
den am veld
Organisation:
, der samlingOrganisation: , bruͦder hußOrganisation: und bru̍eder im waldOrganisation: , aller ir pfru̍enden und gemeins capitel oder caplaͤnen prockarigOrganisation: , jartzit buͦch spenden und insoman aller stifftungen, gotzgaben und almuͦssen, so unsser vorderen und ouch wir an die jetz genanten ort verwent und geben, zuͦspru̍ch und vorderung gehept
haben, und aber wir soͤlicher zuͦspru̍ch und vorderung gu̍etlich mit inen vereint, gericht und betragen sind, nachvͦlgender meinung und gestallt, namlich
also, das mir, Hanns von SallPerson: , die obgemelten schultheis und raͤteOrganisation: zuͦ einer gu̍etenklichen gnad und gab alls von unsser vorderen und ouch unsser guͦttaͤten wegen, so wir gemeiner statt WinterthurPlace: bewissen und than, und gar von keiner gerechtikeit wegen nit, für alle obgemelten unsser anspraͤchen zuͦgesagt, versprochen, verschriben und geben haben ein mu̍esiggaͤnde pfruͦnd in dem gemelten irem spitallOrganisation: an des meisters tisch zuͦ sampt einem erlichen libting, wie
den das alles in min, Hanssen von SallsPerson: , pfruͦnd brieff vergriffen ist.2
Hierumb so sagen wir, obgemelten Hans von SallPerson: und Laurentz von SallPerson: , sin elicher
sun, gemeinlich und sonderlich für unns, unsser erben und nachkomen die obgemelten schultheis und raͤteOrganisation: und ir ewig nachkomen alls von wegen ir gemeiner statt WinterthurPlace: das jarzitt, den spitall, das under und ober hußOrganisation: , kilchen, kind am veldOrganisation: , die samlingOrganisation: , bruͦderhusOrganisation: und bru̍eder im waldOrganisation: , alle ir pfruͦenden, gemein capitaͤll oder caplaͤn prockarigOrganisation: , jartzitbuͦch spend und aller stifftung, gotzgaben und almuͦssen der bestimpten zuͦspru̍ch, vorderung und aller gerechtikeitt halb, so wir gehept haben, gantz und gar frig, qu̍tt, ledig und loß mit urkund in crafft ditz brieffs. Also das wir, unsser erben und nachkomen dhein
vorderung und ansprach an die gemelten schultheis und raͤteOrganisation: und ir ewig nachkomen, noch an gemeine ir statt WinterthurPlace: , an das jartzit guͦt, an den
spitall, das underOrganisation: und ober husOrganisation: Organisation: , kilchen, kind am veldOrganisation: , samlingOrganisation: , bruͦder husOrganisation: und bru̍eder im waldOrganisation: , an allen iren pfru̍enden, gemeinem capitell oder caplaͤnen
prockarigOrganisation: , jartzit buͦch spenden und an allen stifftungen, gotzgaben und almuͦssen der bestimpten zuͦspru̍ch und vorderung, ouch gerechtikeit halb, so wir
an sy gehept, fu̍rohin niemer mer haben soͤllen und wellen noch durch jemand anderen zeschaffen gethan werden, weder mit noch one recht, in
dheinen weg. Dan wir inen alle unsser brieff, copien, gerechtikeiten und gewer, so wir an den gemelten stifftungen, gotzgaben und almuͦssen gehept, hiemit ouch uiber geben haben also, das sy mit soͤlichem guͦt allem handlen, thuͦn und laussen mu̍gen alls mit anderem irem eignen guͦte, von unns
unsseren erben und nachkomen, ouch aller menglichem gantz ungesumpt und ungeirt. Were ouch, das uiber kurtz oder lang zite einigerley brieff, roͤdell, urber und copigen, so von soͤlichen obgemelten zuͦspru̍chen, vorderung und gerechtikeiten lutend, erfunden wurdint, so soͤllen doch die selbigen gantz
nu̍tzet mer gelten, sonder krafftloß, tod und ab sin, geverd und argenliste herine gentzlich abgescheiden.
Und des alesAddition above the linea zuͦ offem, warem urkund so hab ich,
obgemelter Hans von SallPerson: , min eigen insigell für mich, min erben und nachkomen gehenckt an disen brieffe. Und ich, obgemelter Laurentz von SallPerson: ,
die will ich eigens insigells nit enhab, so hab ich erpeten den edlen, vesten Bastian von Ru̍mlangPerson: , das er sin eigen insigell für mich, min erben und
nachkomen, doch im und sinen erben one schaden, ouch gehenckt haut an dissen brieffe, der geben ist an mitwuch naͤchst nach sant AmbrosiusPerson: ,
des helgen bischoffs, tag nach Cristy, unssers lieben heren und seligmachers, gepurt gezellt fu̍inffzechen hundert zwentzig und vier jare
Date of origin: 6.4.1524
.
[fol. v]Page break
[Dorsal notation on the reverse side in a hand of the 18th century:]
Verkomnus brief zwischen der stadt WinterthurPlace:
und denen von SalOrganisation: , daß letster wegen ihren und ihrer vorelteren stifftungen und vergabungen
eine müßiggehende pfrund an des spittalmeisters tisch im
spittahlOrganisation: Addition on the left marginb und ein ehrlich leibding, obwohlen nicht als eine gerechtigkeit, sonder nur aus obrigkeitlich gutem willen, haben und genießen sollen, anno 1524Date: 1524.

Notes

  1. Addition above the line.
  2. Addition on the left margin.
  1. Stiftung des Hans von SalPerson: in Höhe von 800 Gulden im Jahr 1428. Nach dem Willen des Stifters sollten unter anderem Getreidespenden an Bedürftige ausgegeben und die Insassen des Unteren SpitalsOrganisation: und des SiechenhausesOrganisation: unterstützt werden (STAW URK 650), vgl. Niederhäuser 2020, S. 16-18.
  2. Der undatierte Entwurf der seitens des Schultheissen und Rats von WinterthurPlace: Organisation: ausgestellten Pfrundurkunde weist Hans von SalPerson: ferner einen vierteljährlichen Zins von 6 Pfund Haller, zahlbar an den Fronfasten, jährlich ein Paar Hosen aus HorberPlace: Tuch, zwei Hemden, zwei Paar Schuhe und acht Lappen zum Flicken («bletz») sowie jedes dritte Jahr ein Paar Hosen «von guͦtem tuͦch» und einen gefütterten Rock aus HorberPlace: Tuch zu (STAW AC 28/2).