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SSRQ ZH NF I/2/1 222-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, by Bettina Fürderer

Citation: SSRQ ZH NF I/2/1 222-1

License: CC BY-NC-SA

Verurteilung der Adelheid Villand in Winterthur wegen Diebstahls

1520 July 30.

Adelheid Villand hat in der Haft gestanden, der Tochter des Jakob Matzinger Garn aus der Wäsche gestohlen zu haben, das der Frau des Berthold Matzinger gehörte, im Zeitraum von 16 Jahren mehrmals Garn von der Bleiche entwendet und mehrere Stücke gesottenes Fleisch an sich genommen zu haben, als sie die Matzingerin pflegte. Beide Räte der Stadt Winterthur haben ihr auf Bitten auswärtiger und einheimischer Personen die Todesstrafe erlassen und sie zur Abschreckung dazu verurteilt, den Lästerstein um die Stadt zu ziehen. Sie soll ferner öffentlich bekennen, Jakob Matzingers Tochter Unrecht getan zu haben, und darf keine Bleiche mehr betreten.

  • Shelfmark: STAW AG 95/1/16, S. 4-5
  • Date of origin: ca. 1522 – 1537 (Der Schreiber amtiert in diesem Zeitraum.)
  • Transmission: Abschrift, Heft (12 Blätter)
  • Substrate: Papier
  • Format h × w (cm): 22.5 × 33.0
  • Language: German
  • Scribe: Gebhard Hegner

Das vorliegende Urteil ist in einer Sammlung von Urteilen und Geständnissen in Blutgerichtsfällen überliefert, die der WinterthurerPlace: Stadtschreiber Gebhard HegnerPerson: zusammengestellt hat.

Die öffentliche Zurschaustellung delinquenter Personen hatte erhebliche Folgen für die Betroffenen, ihr sozialer Status war gefährdet, ihnen drohte Ausgrenzung. Wer einen Ruf zu verlieren hatte und über finanzielle Mittel verfügte, bemühte sich um die Umwandlung der Ehrenstrafe in eine Geldbusse. Oft versuchte auch das soziale Umfeld eine Begnadigung zu erreichen, um nicht selbst diskreditiert zu werden, vgl. Dülmen 1999, S. 72-76; Schwerhoff 1993, S. 174-176, 180-183.

Edition Text


Adelheitt VillandinPerson: vergicht,
actum mentag vor SixtyPerson: , anno xxoDate of origin: 30.7.1520


Alls Adelheit VillandPerson: in miner heren faͤngknus komen ist,
hat sy sich frig, ledig aller bandenn bekent, das sy des Jacob MazingersPerson: tochter habe verstolenn ijAmount: 2 unnder band garn uß der
woͤsch, die Berchtolds MatzingersPerson: frowen gewesen sind.

Item me hat sy sich bekennt, das sy by den xvj jarenDuration: 16 years lang
ungevarlich alle jarRepeated duration: 1 year insonder verstolenn hab ab der bleike
den lütenn an der zilenten sechsAmount: 6 underband garns, ungevarlich eins minder oder mer.

Item me hat sy sich bekent, als sy der MatzingerinPerson: pflegenn,
hab sy vjAmount: 6 malenn alle mall iren verstollen etwan drügAmount: 3
oder viereAmount: 4 stuck fleisch, die gesotenn gewesenn und iren nit geben sigent wordenn.

Uff soͤlich ir begangen diebstall unnd ouch uff das grose
mergkliche bit, uff hüt von geistlichenn, weltlichenn, froͤmbdenn und anheimschenn für sy beschaͤchenn, ist sy irs
lebens gesichert und habenn sich daruff mine heren, cleinnOrganisation:
und groß ratOrganisation: , uff ir eid und er erkent, das die arm frouw
an soͤlichem begangenn diebstal unrecht getan und sy
daruff der nachrichter zuͦ sinenn handenn nemenn,
irenn den lastersteinn an ein seil hefftten und irenn [p. 5]Page break
soͤlich seil an irn arm binden und den selben lasterstein umb die
stat ziehenn soͤlle, darmit mengenn ein erschrecken darab enpfahint.1 Witer habenn sich ouch mine heren erkent, das die arm frow
Jacob MatzingersPerson: tochter offenlich der zweyenAmount: 2 underband garns
halb glich von stund an in fuͦßstapffen ein widerruff thuͦn soͤlle mit
denen wortenn: Sy habe iren unrecht gethan und wissi nützet
dan liebs und guͦts von irenn und sig ein frome frow. Deßglichen
habent ouch mine herenn sich erkent, das die arm frow zuͦ ewigen ziten nit mer uff kein bleicke nit gan soͤlle, darmit biderblüt irs argwans gen ir absigennt.

Notes

    1. Zu der Ehrenstrafe des Steinetragens vgl. Dülmen 1999, S. 74-75; Gut 1995, S. 211; Schwerhoff 1993, S. 167, 171.