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SSRQ ZH NF I/2/1 217-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, by Bettina Fürderer

Citation: SSRQ ZH NF I/2/1 217-1

License: CC BY-NC-SA

Verpflichtung des Simon Mäglin als Inhaber der Pfründe St. Petrus, St. Paulus und St. Andreas und der Prädikatur an der Pfarrkirche in Winterthur

1517 November 14. Winterthur

Vor Josua Landenberg, Notar und Stadtschreiber von Winterthur, und den Zeugen Hans Bosshart und Jakob und Jörg Frei, Brüder, alle Bürger von Winterthur, sowie dem Dekan verpflichtet sich Simon Mäglin, dem der Schultheiss und Rat von Winterthur die Pfründe St. Petrus, St. Paulus und St. Andreas in der Pfarrkirche, verbunden mit der Prädikatur, verliehen haben, die Bestimmungen der Dotationsurkunden einzuhalten, sich seinem Stand entsprechend zu verhalten und nicht mit einer Konkubine oder Dienstmagd zusammenzuwohnen. Liegt die Bestätigung des Generalvikars von Konstanz vor, dass Mäglin diese Bestimmungen nicht eingehalten habe, soll ihm die Pfründe entzogen werden und wieder an den Rat fallen, der sie einem anderen Priester verleihen kann. Mäglin soll das Pfründhaus instand halten. Der Notar beglaubigt das im Auftrag des Schultheissen und Rats erstellte Instrument mit seinem Notarzeichen.

  • Shelfmark: STAW URK 2027
  • Date of origin: 1517 November 14
  • Transmission: Original
  • Substrate: Pergament
  • Format h × w (cm): 55.0 × 35.0 (Plica: 4.0 cm)
  • Language: German
  • Scribe: Josua Landenberg, Notar (Schuler 1987, Nr. 757)

Zeitgleich mit der Ausfertigung des vorliegenden Notariatsinstruments präsentierten Schultheiss und Rat von WinterthurPlace: Organisation: dem Bischof von KonstanzPlace: Simon MäglinPerson: als Nachfolger des verstorbenen Prädikanten Johannes LöwPerson: (STAW URK 2028/1). Am 1. Dezember 1517 beauftragte der Generalvikar den Dekan des Dekanats WinterthurPlace: mit der Einsetzung MäglinsPerson: (STAW URK 2028/2). In der Folgezeit kam es zu Differenzen zwischen dem Prädikanten und der ZürcherPlace: Obrigkeit, die ihn zunächst vor dem Schultheissen und Rat von WinterthurPlace: Organisation: anklagte, worauf diese den Fall an den Bischof von KonstanzPlace: wiesen. Im Dezember 1522 verzichtete MäglinPerson: auf seine Pfründe und verpflichtete sich, ohne Erlaubnis der ZürcherOrganisation: ihr Gebiet nicht mehr zu betreten. Zu den Hintergründen vgl. Gamper 2020, S. 64-76; Lengwiler 1955, S. 75-76; Ziegler 1933, S. 50-51; Hauser 1918, S. 19-26; Ziegler 1900, S. 73-76.

Die Pfründe blieb mehr als zwei Jahre vakant, bis sie am 22. Februar 1525 mit dem ersten reformierten Prädikanten Heinrich LüthiPerson: besetzt wurde. Entsprechend veränderte sich das Formular des Notariatsinstruments über die Aufgaben und Pflichten des Pfründeninhabers. Dieser sollte das Gotteswort verkünden und «nu̍tzet anders dan das helig evangelium oder das, so er mit altem und nu̍wem testament bybringen oder erhalten moͤg, bredigen». Er sollte niemanden aus Neid oder Hass anprangern und keinen Unfrieden zwischen der Obrigkeit und der Gemeinde von der Kanzel aus stiften, sondern sich an den Schultheissen und RatOrganisation: wenden, falls ihm «ethwas angelaͤgen» wäre. Rechtsstreitigkeiten hatte er vor dem Kleinen RatOrganisation: und dem Grossen RatOrganisation: als Appellationsinstanz auszutragen und durfte sie nicht weiterziehen. Er musste die Pfründe persönlich versehen und durfte sich nur mit dem Einverständndis der städtischen Obrigkeit vertreten lassen. Deren Anordnungen und Verboten hatte er Folge zu leisten. Sollte er sich «ungebu̍rlich [...]Editorially irrelevant halten, es sige mit wiberen, doͤchteren oder anderer namhafftiger ursachen oder stucken halb», konnten ihn Schultheiss und beide RäteOrganisation: bestrafen oder absetzen. Mit dem Einkommen, das sie festlegten, sollte er sich begnügen und das Vermögen der Pfründe verantwortlich verwalten, ferner das Pfründhaus nach Rat der Bauherren instand halten und die Zahlung des Zehnten nicht verhindern (STAW URK 2139).

Edition Text


In namen des heren amen.
Durch ditz gegen wirtig offen instrument sige kund allen denen, so das ansehent, lesend oder hoͤrent lesen, das in dem
jare von der gepurt Cristi gezelt fu̍nffzehenhundert und sibenzehen jare, in der fu̍nfften RoͤmerPlace: zins zal, zuͦ latin indicion genant, bapsttuͦmbs des aller heiligisten in gott vatters und heren, hern LeoPerson: des zehenden also genant, an dem vierzehenden tag des wintermonats
Date of origin: 14.11.1517
umb die dritt stund nach mittag ziteTime: 15:00 im rathusPlace:
zuͦ WinterthurPlace of origin: in der mindren ratstuben, ist vor mir, offen notarien, und den nachgemelten gloubhaftigen zu̍gen gegen wirtikeit personlich erschinen der ersam,
wolgelert priester hern meyster Simon MegeliPerson: , ertzellende, als die ersamen, wysen schultheis und rate zuͦ WinterthurPlace: Organisation: als lehen heren inhalt beider dotation der
pfruͦnd sant PeterPerson: , sant PaulsPerson: , sant AndreasPerson: in der pfarkilchen daselbs, deren die predicatur angehenckt ist,1 im durch gottes predigen, singen und lesens willen gelihen,
das er demnach us frigem guͦten willen sich gegen den obgemelten schultheis und raͤtenOrganisation: begeben habe des ersten all und jegklich pu̍ncten und artickel nach inhalt
beider dotationen mit allem begriff getru̍wlich zehalten, zum andern das er fu̍rohin sin wesen in allen zu̍chten und erberkeit priesterlichen, als einem fromen
priester zimpt, sich halten, ouch kein offen concubin noch dienstmagt oder ander arwenig wiplich personen nit by im haben noch enthalten, sonder der bedachten kilchen
alt loblich gewonheiten mit singen und lesen halten welle.
Und in welchen gemelten stucken er sich selbs u̍bersaͤhe und nit hielte und das kuntlich uff in nach ordnung
der rechten gebracht und gnuͦgsam von einem vicari des bischofflichen hern zuͦ CostantzPlace: erkent wurde, als dann sol und wil er gemelter pfruͦnd entsetzt und beroubet,
also das die widerum einem ratOrganisation: ledig heimgefallen sin und demnach soͤlich pfruͦnd einem andern priester mit sampt der predicatur verlihen werden sol, wie sich das
inhalt bedachter beider dotationen gepu̍rt, daran von dem gemelten heren meyster SimonPerson: und allermengklichem von sintwegen ungesumpt und ungeirt. Dargegen er
sich ouch als dann aller geistlicher und weltlicher rechten, fryheit und erzu̍g, schirm und behelfs in und usserthalb rechtens gentzlich verzigen haben wil.
Zum dritten so
welle er ouch der gemelten pfruͦnd huse in wesenlichem gebuw halten unzergengklich, als er dan das alles sampt den obgeruͤrten stucken zuͦ gott und den heilgen mit uffgelegten fingern vor sinem techan zevolstrecken und zehalten vor mir, nachgemelten notarien, sampt den gezu̍gen geschworn haut, getru̍wlich, on all geverde.
Uff
das haben die obgemelten schultheis und rate zuͦ WinterthurPlace: Organisation: an mich, notarien obgeruͤrter, heren meyster SimonsPerson: frig williger begebnu̍s und zuͦsagung und aller vorgeschribner
dingen glouplich zu̍gnu̍s und instrumenten, eins oder mer inen not wurde, inen darum zemachen und zegeben, aller flissigest erfordert und begert.
Beschaͤhen sind diß ding
in dem jar, RoͤmerPlace: zins zal, bapstuͦmbs regierung, monat, stund, tag und an den enden obegriffen in gegen wirtigkeit der erbern Hans BoshartzPerson: , JacobPerson: und Jerg der FrigenPerson: , gebruͤdere, allen drigenAmount: 3 burgere zuͦ WinterthurPlace: , als gloubwirdig gezu̍gen hartzuͦ sonderlich erfordert und gebetten.
[Signature:] Notarial sign
Unnd wan ich, Josue LandenbergPerson: , stattschriber zuͦ WinterthurPlace: , keyserlichs gwaltz offner notarius, obgemelter frigwilliger
begebnu̍s, zuͦsagung und aller vorgemelter dingen eins mit den gezu̍gen, hiervor bestimbt, gegen wirtig gewesen bin, die also ergangen
und beschaͤhen gehoͤrt, hierumb hab ich ditz offen instrument in ditz form gesetzt mit min selbs hand geschriben und gewonlichem notariatz
namen und zeichen, hie unden beschriben und gezeichnet, zuͦ urkund und gezu̍gnu̍s hertzuͦ erfordret unnd mit flis erbotten.
[fol. v]Page break
[Dorsal notation on the reverse side in a hand of the 18th century:]
Instrument
meister Simon MäglinPerson: e eeinem ersamen raht der statt WinterthurPlace: Organisation: ,
welche ihme die caplaney StAbbreviation PeterPerson: , StAbbreviation PaulPerson: , StAbbreviation AndreasPerson:
und angehenckte praedicatur verliehen hat,
anno 1517Date: 1517

Notes

    1. Stiftung der Kaplaneipfründe: SSRQ ZH NF I/2/1 54-1; Stiftung der Prädikatur: SSRQ ZH NF I/2/1 103-1.