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SSRQ ZH NF I/2/1 194-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, by Bettina Fürderer

Citation: SSRQ ZH NF I/2/1 194-1

License: CC BY-NC-SA

Bussgeldkatalog der Stadt Winterthur

ca. 1500 – 1535.

Das Verzeichnis der Bussgelder führt folgende Delikte auf: Friedbruch, verschiedene Arten von Körperverletzung, Bedrohung, Verweigerung des Friedens, Parteibildung, Verletzung von Grenzen, Blasphemie. Darüber hinaus wird festgelegt, dass Bussen bar bezahlt werden müssen.

  • Shelfmark: winbib Ms. Fol. 27, S. 418 a (Eintrag 1)
  • Date of origin: mid 18. c.
  • Transmission: Abschrift
  • Substrate: Papier
  • Format h × w (cm): 24.0 × 35.5
  • Language: German
  • Scribe: Johann Jakob Goldschmid

Der vorliegende Bussgeldkatalog ist in einer späten Abschrift des WinterthurerPlace: Kopial- und Satzungsbuchs enthalten, das Stadtschreiber Gebhard HegnerPerson: 1530 oder 1535 angelegt hat und von dem nur ein Fragment erhalten ist, vgl. die Angaben zur Überlieferung in der Einleitung, S. XXXVI-XXXVII. Aus diesem Grund ist eine Datierung aufgrund der Handschrift nicht mehr möglich. Die Strafwürdigkeit der Heiligenlästerung bietet ebenfalls keinen Anhaltspunkt für eine Datierung, denn auch nach Einführung der Reformation waren in ZürichPlace: blasphemische Äusserungen über Heilige zunächst noch verboten, vgl. Loetz 2002, S. 114-115.

Vor der Verleihung der Gerichtsbarkeit durch König SigmundPerson: an die WinterthurerOrganisation: im Jahr 1417 (SSRQ ZH NF I/2/1 51-1) standen die Bussgelder der Stadtherrschaft zu, die sie wiederholt der Gemeinde abtrat, um Baumassnahmen zu finanzieren, vgl. den Kommentar zu SSRQ ZH NF I/2/1 12-1. Das Ämterverzeichnis von 1406 listet unter anderem einen «fraͤffner» auf, der die Bussgelder einzog (STAW B 2/1, fol. 13r). Dieser legte der städtischen Rechnungskommission Rechenschaft über seine Einnahmen und Ausgaben ab, vgl. SSRQ ZH NF I/2/1 41-1. Entsprechend lautet die Eidformel, die in einem Eidbuch des frühen 17. Jahrhunderts überliefert ist: «Der buͦßen und frëffell amptman soll schweeren, sin ampt, so im bevolchen, am thrüwlichisten zuͦversehen, daß gelt mit flyß und ernst inziehen und kheinen verwëchsell damit zethuͦnd, sonder dem seckellmeister fürderlich ze überantworten.» (winbib Ms. Fol. 241, fol. 7r; ebenso: STAW B 3a/10, S. 18; erweiterte Eidformel: STAW B 3a/10, S. 57).

Personen, die zu einer Busse verurteilt wurden, mussten bis zur Bezahlung die Stadt verlassen. Versäumte jemand den Zahlungstermin, wurde er öffentlich ausgerufen. Wer ihn aufnahm, machte sich strafbar (STAW B 2/1, fol. 119r, zu 1452; STAW B 2/2, fol. 20r, zu 1470). Bussen unter 5 Pfund mussten binnen 14 Tagen, Bussen bis zu 18 Pfund binnen eines Monats und höhere Beträge innerhalb einer durch den Rat festgelegten Frist bezahlt werden (STAW B 2/6, S. 3, zu 1496). Bei den in Bussgeldverzeichnissen angegebenen Strafsätzen handelte es sich meist um Höchststrafen, im Einzelfall konnte die Geldbusse durchaus niedriger ausfallen oder nur ein Teil des Betrags erhoben werden, vgl. Ebel 1958, S. 112.

Edition Text


Rächt und satzung, wie die freffel gebüeßt
und gestrafft sollen werden


Erstlichs bar gen bar.

Item ein fridbruch um xviij Currency: 18 lb .

Item ein herdfahl1 um xv Currency: 15 lb .

Item welcher gen dem anderen ein stein erzukti und nit wurffti,
der ist verfallen xviij Currency: 18 lb . Und so er wirfft, wie dann der wurff
gerat, darnach soll er den freffel büeßen.

Item so einer frid versagt, ist verfallen x Currency: 10 lb .

Item stat einer mit eim in rächt2 und frefflet in solchem rechtstand mit im, so ist der zestraff verfallen x Currency: 10 lb .

Item ein parthygen soll gebüezt werden mit viiij Currency: 9 lb und ein schlecht
parthygen mit v Currency: 5 lb .

Item übereeren3, überschniden, überzünen und übergraben, als mengen
schu wit das beschicht, als vill iij Currency: 3 lb ist einer zebueß zebezahlen
verfallen.

Item ein blutruns4 v Currency: 5 lb .

Item ein zuken5 iij Currency: 3 lb .6

Item ein fußstreich x Currency: 10 shillings .7

Item ein unbedachtlich im zorn geschehen gottslästerung v Currency: 5 shillings und ein
helgen lästerung j Currency: 1 shilling , doch hierin vorbehalten die gotts oder heilgen
lästerend, so bedachtlich oder geflißenlich beschehen, die je nach beschehner that an lyb oder gut zestraffen.8

Und des fridbietens halb, so zweenAmount: 2 oder mehr miteinanderen uneins
werden und ihnen mit heiteren worten frid potten wirt, so soll von
ihnen der friden gehalten werden. Welcher aber den nit hielte, soll um
ein fridbruch oder nach größe der verhandlung höher gestrafft werden.9
Und ob der oder die, so frid forderen und machen, sich so ungeschikt
oder argwönig in irem fridnemmen hieltind, der oder dieselbigen sollen
auch gestrafft werden nach der sach und ihrem verhandlen.

Desglichen welcher sich fürohin mehr partheyet, den selbigen wollen
meine herren on gnad um die hohen bueß, und er möchte also faren,
an sinem lib und leben straffen. Darum so sige ein jeder im selbs vor
schaden.
[...]Editorially irrelevant10

Notes

    1. Niederstrecken (Idiotikon, Bd. 1, Sp. 741).
    2. Hier im Sinne eines Rechtsverfahrens, vgl. Idiotikon, Bd. 6, Sp. 256-263.
    3. Beim Pflügen eine Grenze verletzen (Idiotikon, Bd. 1, Sp. 386).
    4. Körperverletzung mit Blutvergiessen (Idiotikon, Bd. 6, Sp. 1151-1153).
    5. Im Sinne von zücken: Bedrohung mit einer Waffe.
    6. Gemäss der Rechtsmitteilung an die Stadt MellingenPlace: von 1485, die Bussgeldbestimmungen betreffend Friedbruch, Niederstrecken, Steinwurf, Fusstritt und Messerzücken enthält, führte die Verwundung der mit dem Messer bedrohten Person zu einer Strafverschärfung. In diesem Fall betrug die Busse 5 Pfund oder Verlust der Hand (SSRQ AG I/6, Teil II, Nr. 49, Artikel 1).
    7. Gemäss der Rechtsmitteilung an die Stadt MellingenPlace: von 1485 war für den Fall, dass dabei Blut floss, eine Busse von 1 Pfund vorgesehen (SSRQ AG I/6, Teil II, Nr. 49, Artikel 1).
    8. Die Unterscheidung zwischen vorsätzlicher und im Affekt oder in betrunkenem Zustand erfolgter Blasphemie lässt sich auch in der Argumentationsstrategie beschuldigter Personen beobachten. Tatsächlich waren blasphemische Äusserungen ein beliebtes Mittel der Provokation in verbalen Auseinandersetzungen und wurden vor Gericht oft auch so bewertet, für ZürichPlace: vgl. Loetz 2002, S. 194, 282-301, 330-340.
    9. Ein entsprechender Ratsbeschluss datiert vom 27. September 1469 (STAW B 2/2, fol. 17v; STAW B 2/3, S. 107).
    10. Es folgt der Ratsbeschluss vom 19. November 1489 (SSRQ ZH NF I/2/1 155-1).