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SSRQ ZH NF I/2/1 145-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, by Bettina Fürderer

Citation: SSRQ ZH NF I/2/1 145-1

License: CC BY-NC-SA

Verbot der Ausführung päpstlicher Mandate und Vorladungen seitens des Rektors der Pfarrkirche in Winterthur

1485 August 26.

Schultheiss und Rat von Winterthur haben auf Anordnung des Bürgermeisters und Rats von Zürich den Rektor der Pfarrkirche Winterthur angewiesen, künftig ohne ihre Erlaubnis keine päpstlichen oder anderen fremden Mandate und Vorladungen gegen Winterthurer Bürger auszuführen. Der Rektor hat dies zugesagt.

  • Shelfmark: STAW B 2/5, S. 143 (Eintrag 3)
  • Date of origin: 1485 August 26
  • Transmission: Eintrag
  • Substrate: Papier
  • Format h × w (cm): 23.0 × 34.0
  • Language: German
  • Scribe: Konrad Landenberg

Geistliche Gerichte beanspruchten nicht nur die Zuständigkeit in Rechtsstreitigkeiten mit und unter Klerikern sowie bei Vergehen geistlicher Personen, sondern auch gegenüber Laien in Eheangelegenheiten und bei Straftatbeständen wie Ehebruch, Bigamie, Ketzerei, Blasphemie, Meineid, Wucher, Fälscherei sowie bei Verstössen gegen kirchliche Gebote, vgl. Albert 1998, S. 40-46, 119-128. Verfahren gegen Laien wegen Vergehen gegen die kirchliche Ordnung oder wegen versäumter Zahlung von Zinsen und Zehnten an die Kirche wurden vor dem Sendgericht geführt, das in der Pfarrkirche im Beisein der Gemeinde abgehalten wurde. Diese Verfahren konnten weitergezogen werden bis an das bischöfliche Gericht, vgl. Arend 2003, S. 139. Darüber hinaus behielten sich die Bischöfe die Bestrafung von Delikten vor, die als schwere Sünde galten wie Brandstiftung, Inzest, homosexuelle Praktiken, Übergriffe auf Geistliche oder Totschlag, vgl. Neumann 2008, S. 32-33, 35, 37, 43-44. Im Bistum KonstanzPlace: war der Generalvikar für solche Reservatfälle zuständig. Die Pfarrer mussten ihm Gemeindemitglieder, die schwere Sünden begangen hatten, melden, wobei er seine Strafkompetenz delegieren konnte, vgl. Neumann 2008, S. 60-66. Die apostolischen Legaten, päpstliche Gesandte, waren ebenfalls mit richterlichen Kompetenzen ausgestattet und fungierten als Appellationsinstanz, vgl. Albert 1998, S. 106-107. Prinzipiell konnte jeder Fall an die apostolische KurieOrganisation: gezogen werden. Zu den Folgen der verhängten Kirchenstrafen, Exkommunikation, Ausschluss vom Empfang der Sakramente, Verweigerung der Bestattung auf dem Friedhof bis hin zu einem allgemeinen Kontaktverbot und der Verhängung der weltlichen Acht nach Jahresfrist, vgl. Albert 1998, S. 47-52, 65-68. Vgl. auch zusammenfassend zu diesem Thema Isenmann 2012, S. 611-614.

Um den Bürgerinnen und Bürgern Vorladungen vor auswärtige Gerichte und hohe Prozesskosten zu ersparen, schränkten die städtischen Obrigkeiten die geistliche Gerichtsbarkeit zunehmend ein. Zu entsprechenden Massnahmen des Bürgermeisters und Rats von ZürichPlace: Organisation: , die mit der Stadtherrschaft auch das Patronatsrecht über die WinterthurerPlace: Pfarrkirche innehatten, vgl. Morf 1970, S. 171-174, 179-181. Der konkrete Anlass für die vorliegende Anordnung ist nicht bekannt. Zum damaligen Zeitpunkt war die ZürcherPlace: Obrigkeit besorgt, ob das Vorschlagsrecht für Chorherrenstellen, das ihnen der verstorbene Papst Sixtus IV.Person: konzediert hatte (SSRQ ZH NF I/1/3 11-1), weiterhin Geltung besass, vgl. Meyer 1986, S. 141. Darüber hinaus war es zwischen Bischof OttoPerson: von KonstanzPlace: und der Geistlichkeit zu Auseinandersetzungen um die Zahlung von Subsidien gekommen, die im Juni 1485 auf der eidgenössischenOrganisation: Tagsatzung in BadenPlace: verhandelt wurden, vgl. Arend 2003, S. 154-158, ein Interessenkonflikt, der erst mit der Reformation endete, vgl. Bosshart, Chronik, S. 95-96; Niederhäuser 2020, S. 51-52. Im Februar 1488 forderten die ZürcherOrganisation: die WinterthurerOrganisation: zum Verzicht auf das geistliche Gericht auf (StAZH B II 13, S. 20).

Edition Text


Actum uff fritag vor PelagyPerson: Date of origin: 26.8.1485

habend mine herren uf bevelch miner herren von Zu̍richPlace: mit
dem kilcherrn geredt, das er fu̍rohin kein baͤpstlich noch ander
uslendig mandat unnd citation wider unnser burgere
ze exequieren nit annēmen sol dann mit wissen unnd
willen eins schulthaißen unnd rautzOrganisation: . Soͤlchs ze tuͦnd
haut der a kilcherr zuͦ gesagt.

Notes

  1. Deletion: st.