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SSRQ ZH NF I/2/1 110-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Zweite Reihe: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur. Band 1: Die Rechtsquellen der Stadt Winterthur I, by Bettina Fürderer

Citation: SSRQ ZH NF I/2/1 110-1

License: CC BY-NC-SA

Urfehde des Winterthurer Bürgers Calixtus Hebstrit wegen blasphemischer Äusserungen

1479 October 20.

Der Winterthurer Bürger Calixtus Hebstrit, Bader, von Kempten, der wegen blasphemischer Äusserungen in der Gefangenschaft des Schultheissen und Rats von Winterthur gewesen war und auf Gnadenbitte freigelassen wurde, schwört Urfehde. Falls er den Eid nicht halten sollte, können sie ihn als meineidigen, ehrlosen Mann, der Leib und Leben verwirkt hat, richten. Er verzichtet auf alle Rechtsmittel. Auf Bitte des Ausstellers siegelt Rudolf Bruchli.

  • Shelfmark: STAW URK 1471
  • Date of origin: 1479 October 20
  • Transmission: Original
  • Substrate: Pergament
  • Format h × w (cm): 33.5 × 20.5 (Plica: 4.5 cm)
  • 1 seal:
    1. Rudolf BruchliPerson: , wax, round, sealed on a parchment tag, well-preserved
  • Language: German

Blasphemie zählte zu den «crimina mixta», die sowohl vor geistlichem Gericht als auch vor weltlichem Gericht zur Anklage gebracht werden konnten, vgl. Schwerhoff 2005, S. 127-129. In einem vermutlich zeitgenössischen Bussenverzeichnis der Stadt WinterthurPlace: wird zwischen im Affekt erfolgter und vorsätzlicher Gotteslästerung unterschieden. Im ersten Fall wurde ein Bussgeld von 5 Schilling verhängt, im zweiten Fall drohten Körperstrafen oder Vermögensstrafen (SSRQ ZH NF I/2/1 194-1). Auch in anderen Städten reichten die Strafen für anstössige Schwüre von Geldbussen und Ehrenstrafen bis hin zu Körperstrafen oder sogar der Todesstrafe, vgl. Schwerhoff 2005, S. 132-147.

Edition Text


Ich, Calixtus HebstritPerson: , der bader,1 von KemptenPlace: , burger zuͦ WintterthurPlace: , bekenn offenlich mit disem brieff:
Nach dem und ich in der
fu̍rsichtigen und wysen schultheiß und raǔtz zuͦ WintterthurPlace: Organisation: , miner lieben herren, vaͤnckniß und strǎff, umb daz ich gott gescholten und sin liden und gelider schantlich uffgehept hab, kommen bin,2 und aber durch min und andern miner lieben herren
und guͦtten fru̍nden ernstlicher pitt willen mich der vaͤnckniß ledig gelaǔssen hand, also hab ich darnach frys willens,
unbetzwungen einen eid mit uffgehepten vingern offenlich zuͦ gott und den heiligen gesworn, soͤlich gefangenschafft, und waz
sich darinn und dartzwu̍schen gemacht und erlǒffen hǎt, gegen minen herren von WintterthurPlace: und allen den iren und gegen
denenn, so daran schuld, raǔt oder getǎtt gehept und gethǒn haben, weder mit wortten noch mit wercken, heimlich noch
offenlich, in unguͦtt niemer mer zuͦ aͤfern noch zuͦ anden noch schaffen gethǒn zuͦ werden durch mich selbs noch yemann
anderem, in keinen weͣg, sunder dis urfeͣcht uffreͣchtlich und getru̍wlich zuͦ halten unnd niemer nu̍tz, das dawider sin
oder mich darvon geabsolvieren moͤcht, zuͦ werben oder zetuͦnnd.
Dann wo ich dis min eid unnd ere u̍berseͣh und nit
hielt, da gott vor sin welle, als dann sol ich ein meineider unnd erlǒser, verurteilter mann heissen und sin, der
besser von der welt gethǒn, dann daby verlaǔssen ist. Unnd moͤchten oǔch als dann die genantten min gneͣdig herren, oder
weͣr inn des helffen woͤlt, zuͦ mir richten als zuͦ eym u̍beltaͤttigen, erlǒsen, vertzalten und mit dem rechten verurteilten
man, der sin lib unnd leben mit untaͤtten verlorn und wol verschuldt haǔt. Davor mich gar nicht schirmenn sol deheiner ley freyheit, gleit noch gnad, gericht noch recht, geistlichs noch weltlichs, der herren, der stett noch der lender noch
sunst nicht u̍berall, so yemann her wider zehilff unnd schirm gehaben oder u̍berkommen moͤcht, in dehein wiß, ǒngeveͣrd.

Unnd des zuͦ warem urku̍nd so hab ich, obgenantter Calixtus HebstritPerson: , mit ernst erbetten den vesten junckher Ruͦdolffen BruchlinPerson: , minen lieben junckherren, das der sin eigen insigel, dǒch im und sinen erben ǒnschaden, fu̍r mich
unnd min erben offenlich gehenckt haǔt an disen brieff, der geben ist an mitwuͦch nach sant GallenPerson: tag, nach
Cristz gepurt gezalt vierzehenhundert sybentzig unnd in dem nu̍nden jarre
Date of origin: 20.10.1479
.
[fol. v]Page break
[Dorsal notation on the reverse side in a hand of the 15th century:]
Urfecht CalixtusPerson: ,
bader, von KemptenPlace:
[Dorsal notation on the reverse side in a hand of the 18th century:]
Urfehd Calixtus HebstritPerson: von WinterthurPlace: ,
wegen gottslästrung gethürnt, anno 1479Date: 1479

Notes

    1. 1477 wurde ihm für ein Jahr die obere Badstube in WinterthurPlace: verliehen gegen einen wöchentlichen Zins von 12 Schilling (STAW B 2/2, fol. 29r).
    2. Am 20. August 1479 wurde im Ratsbuch vermerkt, dass der Bader CalixtusPerson: 5 Pfund Busse zahlen sollte (STAW B 2/3, S. 410), die Gründe dafür werden nicht genannt. Am 12. November räumte man ihm ein, in der Stadt bleiben zu dürfen, solange er sich wohlgefällig verhalte, andernfalls sollte er die verdiente Strafe erhalten (STAW B 2/3, S. 417).