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SSRQ ZH NF I/1/3 7-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Erster Teil: Die Stadtrechte von Zürich und Winterthur. Erste Reihe: Stadt und Territorialstaat Zürich. Band 3: Stadt und Territorialstaat Zürich II (1460 bis Reformation), by Michael Schaffner

Citation: SSRQ ZH NF I/1/3 7-1

License: CC BY-NC-SA

Ordnung der Stadt Zürich für die Genehmigung von Testamenten

1467 September 23 – 1475 June 27.

Nachdem bislang geistlichen und weltlichen Personen erlaubt gewesen ist, letztwillige Verfügungen ohne vorgängige Prüfung zu erlassen und dies Anlass zu Klagen gegeben hat, haben sich beide Hälften des Kleinen Rates der Stadt Zürich mit der Angelegenheit befasst und das Folgende beschlossen: Ehegatten können sich wie von alters her die Nutzungsrechte an liegenden Gütern sowie an Geldsummen übertragen oder sich gegenseitig zu Teilhabern machen, indem sie dies zwei Mitgliedern des Neuen Rats eröffnen, welche ihr Anliegen dem Kleinen Rat zur Bewilligung vorlegen. Geistliche und weltliche Personen, die künftig letztwillige Verfügungen erlassen wollen, haben alle Angaben zu vermachten Gütern und Begünstigten schriftlich dem Kleinen Rat einzureichen. Dieser kann gegebenenfalls Änderungen vornehmen. Wer die Bestimmungen seiner letztwilligen Verfügung zu Lebzeiten nicht offenlegen will, muss beim Kleinen Rat die Bewilligung erwirken, über eine bestimmte Summe frei verfügen zu dürfen. Nach dem Tod des Erblassers steht jedoch dem Kleinen Rat auch in diesem Fall ein Prüfungsrecht zu. Damit diese Ordnung eingehalten wird, haben die Herren von Zürich befohlen, sie in ihr Stadtbuch zu schreiben. Nachtrag von derselben Hand: Die oben stehende Ordnung wird dahingehend angepasst, dass es Geistlichen wie früher erlaubt sein soll, letztwillige Verfügungen über Geldsummen ohne vorgängige Prüfung durch den Rat zu erlassen.

Bereits das Konradsbuch enthält die Bestimmung, dass weltliche Personen ihre letztwilligen Verfügungen nicht vor einem Notar, sondern vor dem RatOrganisation: der Stadt ZürichPlace: , den städtischen Gerichten oder ihrem Lehensherrn zu eröffnen hätten (SSRQ ZH NF I/1/1, S. 219-220). Im Jahr 1424 nahmen Bürgermeister und RatOrganisation: die Befugnis zur Prüfung und Bestätigung von letztwilligen Verfügungen alleine für sich in Anspruch (Zürcher Stadtbücher, Bd. 2/2, S. 360, Nr. 176). Die vorliegende Ordnung dehnt diese Befugnis zudem erstmals ausdrücklich auch auf geistliche Personen aus. Der die Kleriker betreffende Passus wurde vom RatOrganisation: jedoch im Jahr 1475 insofern wieder eingeschänkt, als diese nun von der vorgängigen Prüfung befreit waren, sofern die letztwillige Verfügung nur Geldsummen zum Gegenstand hatte. 1485 schliesslich wurden testamentarische Vergabungen an Klöster, Spitäler und geistliche Personen untersagt, sofern sie erst auf dem Sterbebett getätigt wurden, wodurch der RatOrganisation: die sich aus solchen Vergabungen ergebenden kirchlichen Einkünfte aus Renten und Grundbesitz einzuschränken versuchte (StAZH B II 7, S. 66).

Im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts wurde die vorliegende Ordnung, zusammen mit weiteren Bestimmungen erbrechtlichen Inhalts, in das Satzungsbuch der Stadt ZürichPlace: übertragen (StAZH B III 6, fol. 133r-v). Der Zusatz betreffend teilweise Befreiung der Kleriker von der obligatorischen Prüfung ihrer letztwilligen Verfügungen wurde dabei weggelassen.

Für eine exemplarische Bestätigung einer letztwilligen Verfügung durch den RatOrganisation: vgl. SSRQ ZH NF I/1/3 51-1; zum rechtlichen Rahmen bei der Errichtung letztwilliger Verfügungen vgl. Weibel 1988, S. 64-65; Bluntschli 1856, Teil 1, S. 480-482; zur Einschränkung der geistlichen Einkünfte aus städtischem Grundbesitz und Renten vgl. Gilomen 1995, S. 344.

Edition Text

a–b–
Von der gemecht wegen
Addition above the line in another hand
–b
Text variant in StAZH B III 6, fol. 133r: Wie lu̍t ein ander gmecht thuͦn
sollend unnd mogentt
–a


Als bißher geistlichen und weltlichen personen von c–minen herrenText variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unns, dem–c burgermeister und
raͤtten
Organisation:
gegunnen und erloupt ist, sumen guͤtz durch gott und ere1 zegebent und davon
mengerleye klegten gewesen sind, habent d–min herrenText variant in StAZH B III 6, fol. 133r: wir–d beid raͤtteOrganisation: die sache fu̍r sichText variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unnse genomen und darumb ein soͤlich bekantnuͤße getaͧn, das elich personen ein andern zuͦ
lipting vor zweyenAmount: 2 den nu̍wen raͤttenOrganisation: machen moͤgent, namlich ligent guͦt oder
sumen golds ald geltz, wie das von alter herr beschechen ist, und welich elich personen
einandern zuͦ gemeindern naͤmen wellent, das soͤliche fu̍r f–min herrenText variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unns–f die raͤtteOrganisation: bracht
werden sol und ob es von denenText variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unnsg verwilget wirt, denn daby beliben, was erloupt
ist, durch gott und ere ze gebent, das es da by nach wisung der briefen beliben sol.

Und wer hinfu̍r durch gott oder ere geben wil, er sye geistlich oder weltlich, das die
selben personen in geschrifft setzen soͤllent, wie vil, oͧch weͣm, wohin und wie sy
das tuͤn wellint und denn das in geschrifft fu̍r h–min herrenText variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unns–h die raͤtte bracht werden
und dieText variant in StAZH B III 6, fol. 133r: wiri das hoͤren. Und verwilgend j–die denn dasText variant in StAZH B III 6, fol. 133r: das wir denn–j oder mindrent soͤlichsOmitted in StAZH B III 6, fol. 133rk oder
tuͤnd das ab, ald wie syText variant in StAZH B III 6, fol. 133r: wirl denn das ansechent, das es denn da by beliben und dem
nachgegangen werden sol.
Und ob jemant nit gern offenbaren oder erscheinen
woͤlte, wem, wie oder wohin er begerte das sin ze gebent, das sy an m–min herrenText variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unns–m
begeren moͤgent, inen sumen zu erloͧben, durch gott oder ere ze gebent und was
denen erloͧpt von inenText variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unnsn wirt, das doch das anders nit beschechen sol denn mit dem underscheide, wenn soͤlich personen von todes wegen abgangen sint, das denn ingeschrifft
fu̍r o–min herrenText variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unns–o die raͤtteOrganisation: bracht werden sol, wie, wem und wohin die soͤlich verwilget
guͦt geben hab und p–min herrenText variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unns–p die raͤtteOrganisation: denn das hoͤren. Und bedunckt denn dieText variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unnsq,
das es also verordnet und vergeben sye nach zimlichen, billichen dingen und laͧssent
es daby beliben, das denn das da by bestaͧn und also geben und ußgericht werden
sol.
Ob aber r–min herrenText variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unns–r beduͤchte, das soͤlichs nit nach mu̍glichen undOmitted in StAZH B III 6, fol. 133rs zimlichen dingen
vergeben und verordnet were, das syText variant in StAZH B III 6, fol. 133r: wirt denn das endern und mindren muͤgent,
wie syText variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unnsu bedunckt, das goͤttlich und billich sye und wie denn das von inen angesechen
wirt und woby die denn das lassent beliben, das dem also nachgegangen
werden sol.
Und umbOmitted in StAZH B III 6, fol. 133vv das es by soͤlichem belibe und das nun hinfu̍r, wie obstaͤt,
gehalten und dem also nachgegangen werde, soText variant in StAZH B III 6, fol. 133v: unnd demnachw habent x–die vorgenanten min herenText variant in StAZH B III 6, fol. 133v: wir–x
y–bevolhen, das uff irText variant in StAZH B III 6, fol. 133v: solichs inn unnser–y statt buͤch zeschribent.
Und ist dis Text variant in StAZH B III 6, fol. 133v: unnserz erkantnu̍sse beschechen
uff mitwuchen nach sant MaritzenPerson: tag anno domini mo cccco lxvijoDate of origin: 23.9.1467.
aa–ab–
Die obgenant erkantnu̍sse ist von der geistlichen wegen also geendert, das
min herren inen sumenn goldz oder geltz durch gott und ere erlouben
wellent ze gebent, als inen das vor diser erkantnuͤsse erloupt worden ist.

Actum uff zinstag nach sant JohannsPerson: tag ze singichten anno domini cccc lxxvDate of origin: 27.6.1475.
Addition below the line
–ab
Omitted in StAZH B III 6, fol. 133v
–aa

Notes

  1. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133r: Wie lu̍t ein ander gmecht thuͦn
    sollend unnd mogentt.
  2. Addition above the line in another hand.
  3. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unns, dem.
  4. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133r: wir.
  5. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unns.
  6. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unns.
  7. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unns.
  8. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unns.
  9. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133r: wir.
  10. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133r: das wir denn.
  11. Omitted in StAZH B III 6, fol. 133r.
  12. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133r: wir.
  13. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unns.
  14. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unns.
  15. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unns.
  16. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unns.
  17. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unns.
  18. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unns.
  19. Omitted in StAZH B III 6, fol. 133r.
  20. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133r: wir.
  21. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133r: unns.
  22. Omitted in StAZH B III 6, fol. 133v.
  23. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133v: unnd demnach.
  24. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133v: wir.
  25. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133v: solichs inn unnser.
  26. Text variant in StAZH B III 6, fol. 133v: unnser.
  27. Omitted in StAZH B III 6, fol. 133v.
  28. Addition below the line.
  1. Zur Formulierung «durch gott und ere» vgl. Weibel 1988, S. 75.