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SSRQ ZH NF II/11 95-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, by Ariane Huber Hernández and Michael Nadig

Citation: SSRQ ZH NF II/11 95-1

License: CC BY-NC-SA

Maiengerichtsordnung von Höngg

1581.

Geregelt wird der Ablauf des Maiengerichts: Besammlung im Meierhof und Verbannung des Gerichts (1). Wer sieben Schuh Land in Höngg besitzt, hat anwesend zu sein. Der Weibel ruft all jene namentlich auf, die ein Lehen vom Stift besitzen. Wer nicht anwesend ist, bevor die Offnung verlesen wird, muss eine Busse von drei Schilling entrichten (2). Die Offnung wird durch den Schreiber vorgelesen. Dies kann allerdings auch unterlassen werden, wenn es nicht gewünscht wird (3). Sofern die Offnung verlesen wurde, wird nach ihrer Gültigkeit und nach allfälligen Beschwerden zu einzelnen Artikeln gefragt (4). Der Hofmeier übergibt den Meierhof dem Propst und den Stab dem Obervogt und wird neu beliehen damit, sofern seine Amtsführung in Ordnung ist (5). Die Amtsträger begeben sich in die Stube und wählen die vier neuen Richter (6). Die neuen Richter werden der Gemeinde vorgestellt und schwören den Amtseid (7). Danach folgen die Rechtsgeschäfte. Beschlossen wird das Maiengericht mit einem Abendtrunk (8).

  • Shelfmark: StAZH G I 5, Nr. 123
  • Date of origin: 1600 (Undatiert)
  • Transmission: Abschrift (Einzelblatt)
  • Substrate: Papier
  • Format h × w (cm): 20.0 × 30.0
  • Language: German
  • Scribe: Hans Jakob Haller, Prädikant des Grossmünsterstifts
  • Shelfmark: StAZH G I 32, S. 654-656
  • Date of origin: 1648 (Die Maiengerichtsordnung ist undatiert, die Datierung auf 1538 bezieht sich auf den Zusatz zur Kostenteilung.)
  • Transmission: Abschrift (Grundtext)
  • Substrate: Papier
  • Format h × w (cm): 22.0 × 31.0
  • Language: German

Die Pflicht, jährlich zwei ordentliche Dinggerichte abzuhalten, ist schon in den Offnungen des 14. Jahrhunderts festgehalten (für HönggPlace: : ZBZ Ms C 10a, fol. 131r-133v, Digitalisat: e-manuscripta; deutsche Fassung: StAZH G I 102, fol. 16v-22v; Edition: Stutz, Rechtsquellen, Nr. 1, S. 4-22). Nach den üblichen Terminen wurden sie Maien- und Herbstgerichte genannt, manchmal auch «taͤding». Der Gerichtsherr oder sein Stellvertreter sprachen dabei Recht über Angelegenheiten der Grundherrschaft, die dörflichen bzw. grundherrschaftlichen Amtsträger wurden gewählt und vereidigt und die Offnung wurde verlesen. Dazu mussten alle Angehörigen der Grundherrschaft (oft umschrieben mit der bildhaften Formel, wer Land von sieben Schuh – also etwa 2.1 m, vgl. HLS, Fuss – lang oder breit besitze) zusammentreten, während sonst bei den Gerichtsverhandlungen des Meiergerichts nur die Konfliktparteien anwesend waren. Die Maien- und Herbstgerichte hatten somit auch den Charakter von Volksfesten, die mit einem Imbiss oder Abendtrunk beendet wurden. Vgl. zu den Imbissmählern oder Abendtrünken den Beschluss zur Kostenteilung (Stutz, Rechtsquellen, Nr. 7, S. 26-27), die Ratserkenntnis von 1592 (SSRQ ZH NF II/11 100-1) sowie die Abrechnung (SSRQ ZH NF II/11 101-1).

Während mit der Übergabe der hohen und niederen Gerichte des GrossmünstersOrganisation: an die Stadt 1526 die Gerichte von AlbisriedenPlace: , SchwamendingenPlace: und FlunternPlace: an das städtische StangengerichtOrganisation: übergingen, bestand das HönggerPlace: Gericht weiterhin, nur dass der Eid nun dem Obervogt statt dem Propst geleistet werden musste (SSRQ ZH NF II/11 53-1; vgl. auch Bauhofer 1943, S. 22). Allerdings wurde wohl mit der Zeit nur noch das Maiengericht abgehalten; wenn im 17. Jahrhundert Herbstgerichte erwähnt werden, dann meist mit einer Erklärung, weshalb das Maiengericht nicht abgehalten wurde (z.B. StAZH G I 6, Nr. 97, fol. 17r-24v: starke Inanspruchnahme der Stiftsherren durch Kirche und Schule, Feldarbeit wegen schlechten Wetters). Auch gab es manchmal zwischen den Gerichtsterminen Unterbrüche von mehreren Jahren. Das letzte Protokoll eines abgehaltenen Maiengerichts datiert von 1665 (StAZH G I 7, Nr. 87). Stutz vermutet, dass spätestens mit Aufhebung der Huberrechte 1704 (SSRQ ZH NF II/11 147-1) das Hofmeieramt und damit das HönggerPlace: Gericht abgeschafft wurde (Stutz, Rechtsquellen, S. 44 Anm. 1). Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich auch an anderen Orten, z.B. im Freigericht NossikonPlace: (SSRQ ZH NF II/3 23-1).

Auch die Offnungen von 1338 (vgl. oben) und 1539 (SSRQ ZH NF II/11 62-1) enthalten bereits nähere Bestimmungen zur Durchführung der Maien- und Herbstgerichte. In einer Zusammenstellung der Offnung, Amtseide und Ordnungen für Meierhof und Maiengericht von HönggPlace: von 1581 findet sich die untenstehende Maiengerichtsordnung, die den Ablauf des Gerichts festhält. Nur leicht abweichende Fassungen wurden teilweise in die Maiengerichtsprotokolle aufgenommen (SSRQ ZH NF II/11 113-1). Eine neue, ausführlichere Version (StAZH G I 6, Nr. 152, S. 20-25; Edition: Stutz, Rechtsquellen, Nr. 14, S. 43-51) wurde der erneuerten Stiftsoffnung von 1646 (StAZH G I 6, Nr. 152, S. 3-14; Edition: Stutz, Rechtsquellen, Nr. 23, S. 68-77) beigegeben.

Vgl. zu den Maien- und Dinggerichten allgemein HRG (2. Aufl.), Art. Meiergericht, Meierding, Bd. 3, Sp. 1405-1411; HLS, Hofrecht; Teuscher 2007, S. 73-85; zu HönggPlace: Stutz, Meiergerichtsurteile, S. 1-5.

Edition Text

a–
Ordnung unnd process dess meyengrichts zuͦ HönggPlace:
Text variant in StAZH G I 5, Nr. 123: Von dem meyengricht zuͦ HönngPlace: , mit was ordnung und process dasselbig in dem meyerhoff gehalten werde.
–a


1. So man zesamen kumpt inn den
meyerhoff, so setzt man sich zuͦ gricht,
unnd wirt b–das grichtText variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): dasselbig–b verbannen. Es fragt
aber ein bropstText variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): hoffmeyerc vorhin umm, ob es nun mee
tagzyt sige zrichten.
2. Fragt ein bropstText variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): hoffmeyerd, was nun das
erst syn sölle. Daruff von den richteren
der ruͦff erkännt wirt, das welicher siben schuͦchArea: 7 shoes wyt unnd breit zuͦ HönggPlace: habe,
das er da syge. Daruff der ruͦff durch den wweibel
bschicht unnd werdent mit nammen bruͤfft
alle die, so etwas vom gstifft ze eerb hand,
die muͤssent darnach erschynen oder iij Currency: 3 shillings
buͤssen, so sy nit verhanden sind, ee unndOmitted in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656)e
der rodel Text variant in StArZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): oder die offnungf verläsen wirt.
3. Fragt ein bropstText variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): hoffmeyerg, was nun das
erst. Daruff erkennt wirt, das man den
rodelText variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): gedinngrodelh oder die offnung laͤsen sölle, weliches
dann durch den schryber bschicht. Oder so[fol. 12v]Page break
man wil umb kürtze willen, mag dasselbig
underlassen werden. Jedoch gat ein frag vorText variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): vorhini,
ob man inn hören welle oder nit.
4. So die offnung j–oder der gedingrodelOmitted in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656)–j verläsen wirt, so gaat ein frag druff,
ob er recht stande oder ob jemantz an einichem
articel beschwärd habe. So dann jemantz beschwërd hatt, wirt das angezeiget.1
5. Wirt der meyerhoff von dem hoffmeyer uffgäben, der hoff einem bropst
unnd der stab einem obervogt, unnd wider
gelihen nach umbfrag miner herren unnd
der dorfflüten. Zevor aber wirt ein frag
umb in gehalten, ob er dem meyerhoff nütz
unnd guͦt sige oder nit.
6. So staat man uff unnd gaat
man hinuff in die stuben, allda werdent
die vierAmount: 4 nüwen richter genommen von den
vögtenText variant in StAZH G I 5, Nr. 123: oberAddition on the left margin in another handlvögtenk, pflägeren Text variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): und den verordneten vom gstifftm und zwölffenAmount: 12Text variant in StAZH G I 5, Nr. 123: . Text variant in StAZH G I 32 (S. 654-656): sechsenn2 dess dorffs.
7. o–Werdent die vierAmount: 4 nüw erwelten
richter vor der gmeind geoffnet, und schweerend sy den gwonlichen eid.
Text variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): Gaat man uss der stuben wiederumb hinab zuͦ der gmeind versammlung, allda werdent die nüwen richter durch den obervogt geoffnet und sy der gmeind fürgestelt, unnd schweerent ouch den gewonlichen eyd.
–o
[fol. 13r]Page break
8. So diss allsamen beschähen, hatt dann
jemantz etwas zerächten, der thuͦt es, doch allein
umb eerb unnd eigen, so von der gstifft harlanget. Daruff so aͤndet es sichText variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): allesp mit dem
Text variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): imbißmal oderq abendtrunck.3

Notes

  1. Text variant in StAZH G I 5, Nr. 123: Von dem meyengricht zuͦ HönngPlace: , mit was ordnung und process dasselbig in dem meyerhoff gehalten werde.
  2. Text variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): dasselbig.
  3. Text variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): hoffmeyer.
  4. Text variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): hoffmeyer.
  5. Omitted in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656).
  6. Text variant in StArZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): oder die offnung.
  7. Text variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): hoffmeyer.
  8. Text variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): gedinngrodel.
  9. Text variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): vorhin.
  10. Omitted in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656).
  11. Text variant in StAZH G I 5, Nr. 123: oberAddition on the left margin in another handlvögten.
  12. Addition on the left margin in another hand.
  13. Text variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): und den verordneten vom gstifft.
  14. Text variant in StAZH G I 5, Nr. 123: . Text variant in StAZH G I 32 (S. 654-656): sechsen.
  15. Text variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): Gaat man uss der stuben wiederumb hinab zuͦ der gmeind versammlung, allda werdent die nüwen richter durch den obervogt geoffnet und sy der gmeind fürgestelt, unnd schweerent ouch den gewonlichen eyd.
  16. Text variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): alles.
  17. Text variant in StAZH G I 5, Nr. 123; StAZH G I 32 (S. 654-656): imbißmal oder.
  1. Dieser Artikel ist in der Abschrift im Protokoll von 1623 gestrichen (StAZH G I 6, Nr. 20, fol. 5v). In späteren Fassungen wird nur noch gefragt, «ob die offnung noch stande und inhalte wie von alten häro» (vgl. SSRQ ZH NF II/11 115-1), nicht mehr nach Beschwerden zu einzelnen Artikeln.
  2. In StAZH G I 5, Nr. 123 stand ursprünglich auch «zwölffen». Dies wurde jedoch später gestrichen, vermutlich von Stiftsverwalter Johann Jakob UlrichPerson: (Amtszeit 1623-1638), von dessen Hand auch die Hinzufügung auf der letzten Zeile stammt.
  3. In der Abschrift im Stiftsprotokoll (StAZH G I 32, S. 654-656) folgt anschliessend noch eine Notiz zur 1538 beschlossenen Kostenteilung zwischen Obervögten und Stift (vgl. StAZH G I 103, fol. 31r; Edition: Stutz, Rechtsquellen, Nr. 7, S. 26-27). Der darunterstehende Vermerk «Actum den 23. may 1538» bezieht sich nur auf diesen Beschluss; es gibt keine Hinweise darauf, dass die Maiengerichtsordnung selbst an diesem Datum erlassen worden wäre.