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SSRQ ZH NF II/11 70-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, by Ariane Huber Hernández and Michael Nadig

Citation: SSRQ ZH NF II/11 70-1

License: CC BY-NC-SA

Verleihung eines Hofes im Vogelsang an den Schwager des ehemaligen Inhabers, der nach einem Totschlag landflüchtig geworden ist

1545 September 15.

Hans Frank, der einen Hof im Vogelsang zu Lehen hatte, hat einen Totschlag an Heinrich Gugolz begangen und ist mit Frau und Kind in das Gebiet der Eidgenossen von Basel gezogen, wodurch die Hofstatt ledig wurde. Jörg Krut, Franks Schwager, und Elsbet Sprüngli, Franks Ehefrau, sind vor den Rechenherren erschienen und bitten darum, dass die Hofstatt Jörg Krut verliehen wird, da Franks Vorfahren dieses Gut schon etwa hundert Jahre bebauen. Krut werde das Gut bewirtschaften und Franks ältesten Sohn, Felix, erziehen, bis dieser volljährig sei. Dann wird Krut das Gut dem Knaben abtreten. Die Rechenherren kommen dieser Bitte nach und nehmen Jörg Krut als Lehenmann zu denselben Bedingungen an, die für Hans Frank galten. Doch wenn Felix Frank erwachsen ist und das Lehen antreten will, soll das nur mit Wissen und Erlaubnis der Rechenherren geschehen, die hierin nicht gebunden sein wollen, sondern sich vorbehalten, Felix Frank anzunehmen oder nicht, je nach Gefallen. Es wurden zwei Zettel gemacht, auseinander geschnitten und den beiden Parteien ausgehändigt.

  • Shelfmark: StAZH C II 10, Nr. 555
  • Date of origin: 1545 September 15
  • Transmission: Zeitgenössische Abschrift
  • Substrate: Papier
  • Format h × w (cm): 22.0 × 32.0
  • Language: German

Das Gut, das Hans FrankPerson: zu Lehen hatte, befand sich vor der Reformation im Besitz des Chorherrenstifts St. MartinPerson: Organisation: auf dem ZürichbergPlace: (StAZH C II 10, Nr. 554). Dieses war seit 1256 in OberstrassPlace: begütert, neben dem GrossmünsterOrganisation: (als Zehnt- und hauptsächlichem Grundherrn von FlunternPlace: , zu dem OberstrassPlace: ursprünglich gehörte) sowie dem FraumünsterOrganisation: und dem SpitalOrganisation: (Vögelin/Nüscheler 1878-1890, Bd. 2, S. 571). Mit der Reformation wurde St. MartinPerson: Organisation: aufgehoben und die Verwaltung der Güter zunächst einem eigenen ZürichbergamtOrganisation: übertragen. 1540 wurde dieses wieder aufgelöst und die Wälder der Verwaltung des neu geschaffenen BergamtesOrganisation: unterstellt, während die Verwaltung und Aufsicht der übrigen Güter und Einkünfte direkt dem ObmannamtOrganisation: oblag (SSRQ ZH NF II/11 65-1; SSRQ ZH NF II/11 69-1). Auch das Gut von Hans FrankPerson: im VogelsangPlace: wurde vom ObmannamtOrganisation: verwaltet, in dessen Bestand sich die vorliegende Urkunde heute befindet. Zuständig für die Vergabe von Lehen aus dem Besitz der Stadt waren aber die RechenherrenOrganisation: . Eigentlich als eine Art Rechnungsprüfungs- und Finanzverwaltungsinstanz entstanden, deren Ausbau und Institutionalisierung nicht zuletzt durch die Säkularisierung der Kirchen- und Klostergüter nötig geworden war, fiel auch das Lehenswesen in ihre Kompetenz, da es für die Stadt vor allem um die Überwachung der Einkünfte aus den Grund- und anderen Zinsen ging. Die RechenherrenOrganisation: verliehen alle sechs Jahre die Handlehen und die Erblehen, wenn sie freigeworden waren, und achteten auf die Zahlungsfähigkeit der Lehenleute. Zudem erledigten sie die sich aus dem Lehenswesen ergebenden Rechtsfragen (Sigg 1971, S. 105-106).

Hans FrankPerson: hatte nach seinem begangenen Totschlag schon vor dem 27. Juli das ZürcherPlace: Gebiet verlassen, weshalb er den Kauf von einem Mannwerk an seine Güter im VogelsangPlace: angrenzende Wiese nicht mehr abschliessen konnte. Seine Güter fielen aufgrund seines Verbrechens und seiner Flucht an den Lehensherren zurück, als welcher zunächst Meister Jörg MüllerPerson: in seiner Eigenschaft als Obmann der Klöster und Amtmann der Renten, Gülten und Güter auf dem ZürichbergPlace: auftrat. Das ObmannamtOrganisation: übernahm den Kauf und entrichtete den Kaufpreis von 76 Pfund (StAZH C II 10, Nr. 554). Für die RechenherrenOrganisation: bestand keinerlei Verpflichtung, die Güter einem Verwandten von FrankPerson: zu verleihen, zumal es sich offenbar um ein Hand- und kein Erblehen handelte. Auf Bitten seiner Angehörigen taten sie es trotzdem, wenn auch mit dem Vorbehalt, nicht daran gebunden zu sein und sich anders entscheiden zu können. Dies mag auch damit zusammenhängen, dass KrautPerson: ein angesehener Mann in der Gemeinde war, der 1569 auch als Untervogt von OberstrassPlace: genannt wird (StAZH C II 10, Nr. 705). Die Strategie der Familie, den Hof und damit ihre Investition so zu sichern, scheint aufgegangen zu sein: Auch im Lehenbuch von 1687 sind als Lehenleute im VogelsangPlace: noch Rudolf FrankPerson: und Heinrich KrautPerson: neben Hans Heinrich ZimmermannPerson: genannt (StAZH F II a 297, Inhaltsverzeichnis).

Edition Text


Alss Hans FrankPerson: im FogelsangPlace: an Heini GugelzenPerson: einen
todtschlag gethan, dess halb er nit mer uff miner heren
hofstat hat koͤnen beliben, ist gedachter FrankPerson: mit wib und
kind in unser eidgnossen von BaselPlace: piet gezogen. Daruf
habent min heren Joͤrgen KrutenPerson: dise hofstat raͤben
gelihen, wie dise nach folgende gschrift das uswist, darumb hat Joͤrg KrutPerson: und Hans FrankPerson: jetwedrer ein uss
geschnitnen zaͤdel.

Zuͦ wu̍ssen sige mengklichem mit diser gschrift, alss
Hans FrankPerson: , der uff miner heren hofstat im FogelsangPlace: gsessen,
sich leider mit einem dotschlag dermass fergangen, das er
sorgen und gfaren halb abtraͤtten und wichen muͤssen,
dardurch die hofstat ledig worden. Sind vor den raͤchen
heren
Organisation:
erschinen Joͤrg KrutPerson: , forgemelts Hans FrankenPerson: schwager, und Elsbet Spru̍nglinPerson: , dess selben FrankenPerson: ewirtin, die
erofnet, die wil sich der fal leider also zuͦ dragen, das
gemelter ir eman nit mer beliben moͤcht, und aber
sine foreltren dise hofstat nun talnne bis in die hundert
jar
Duration: 100 years
beworben, das da hin kein ander mentsch nie kumenn,
so were ir ganz demuͤtigs undertenig piten, das man ime,
dem KrutenPerson: , dise hofstat lihen, so welte er die guͤter redlich
und erlich bewerben, und darzuͦ dem FrankenPerson: sinen eltisten
sun, FelixPerson: genant, erzu̍hen, unz er uff sin statt und zuͦ
sinen manberen jaren und dagen keme. Als dann wer
er urpu̍tig, so es minen heren gefellig, widerumb ab
zuͦ draͤtten und den gemelten knaben ane widered an
die statt kumen zelassen etcAbbreviation.
Und als nun diser KrutPerson: obgedachten minen heren siner fromkheit und redlikeit
wol geruͤmpt, sy ouch gehoͤrt sin erpieten fu̍r ganz
erber und zimlich geacht, so sind sy inen setlicher irer
pit zewillen worden und habent daruf gemeltem KrutPerson:
zuͦ einem lehenman uff- und angenomen inn und
mit den gedingen, wie dem FrankenPerson: vornaher gelihen
ist, und fu̍rnaͤmlich nach hand lehens sit und gwanheit [p. 2]Page break
und nach der stadt recht, doch hierin heiter forbehalten,
so gennanter Felix FrankPerson: , dess HansenPerson: sun, dermass erwachsen sige, das er nume den KrutenPerson: , fermoͤg sines
zuͦ sagens, ab der hofstat zemanen und die selb zuͦ
besizen, doch das setlichs mit miner heren wu̍ssen und
willen beschehen und hinder den selben und ane iren
gunst und erlouben dess aͤnds nu̍zit gehandlet nach
fu̍rgenumen werden soͤlle, dan sy hierin nit gepunden
sin, sunder ir hand frig offen haben wellen, ine
an zenaͤmen oder nit, je nach irem gefallen. Alless
in kraft diser gschrift, darfan zwenAmount: 2 zaͤdel gmacht,
uss ein andren gschniten und jedem teil einen
gaͤben, des naͤchsten zinstags nach sant FelixPerson: und
RaͤglenPerson:
Organisation:
dag im 1545 jar
Date of origin: 15.9.1545
, vor den raͤchen herenOrganisation:
bschaͤhen und von Hans Jacob BigelPerson: , domal raͤchen
schriber, also uf zeichnet etcAbbreviation.

Dise hofstat hat huss und hafNotable spelling sampt eim garten und
hanfland, item fier juchert raͤbenArea: 4 jucharten vineyard und ein wisen,
ist ungefarlich fu̍nf manwerchArea: 5 mannwerk meadow , naͤmpt man die Ober
Wiss
Place:
. Dise guͤter ligent alle bim hus im FogelsangPlace: ,
darfan git er jerlichRepeated duration: 1 year xi Currency: 11 lb zinss.
[p. 3]Page break [p. 4]Page break
[Dorsal notation on the reverse side in another hand:]
FrankhPerson: imm FogelsangPlace: ist
wegen begangnen todschlags ußgetreten, und darauf Jörg KrautenPerson: ,
seinem schwager, das lehen gelichen
worden.
Datum dienstag1 nach StAbbreviation FelixPerson: und RegulaPerson: Organisation:
anno 1545 etcAbbreviation,15Correction overwritten, replaces: 11aten septembris
Date of origin: 15.9.1545

Notes

  1. Correction overwritten, replaces: 11.
  1. Das Marssymbol, das manchmal in Datierungen für den dies martisLanguage change: Latin, den Dienstag, verwendet wurde, steht über der Zeile; der Schreiber weist es irrtümlich auf die zweite Stelle des Satzes (also «nach dienstag» statt «dienstag nach»).