check_box_outline_blank zoom_in zoom_out
SSRQ ZH NF II/11 66-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, by Ariane Huber Hernández and Michael Nadig

Citation: SSRQ ZH NF II/11 66-1

License: CC BY-NC-SA

Ordnung, die vor der Verleihung des grossen Zehntens vorgelesen wird

1541.

Geregelt werden die Versteigerung der Zehntpacht (1), die Bürgschaft (2), das Verhältnis des abzuliefernden Getreides, die Zehntenhühner (4), die Abgabetermine und Qualität des Getreides (5), das Verbot der Weiterverleihung des Zehnten und die Bussbestimmung (9). Der bei der Versteigerung gebotene Betrag ist verbindlich, eine Reduzierung gibt es nur bei Hagelschäden. In diesem Fall sollen die Pfleger den Schaden beurteilen; wer damit nicht einverstanden ist, kann den Fall durch je zwei von jeder Partei gestellte Schiedsrichter entscheiden lassen (3). Verschiedene Zehnten sind mit weiteren Abgaben verbunden für die Scheune (Oberhasli, Watt), Erntehelfer (Watt, Regensdorf, Dällikon) und den Pfarrer (Dällikon) (6). Für Stadelhofen und Fluntern wird präzisiert, welche Arten von Gütern zum grossen und welche zum kleinen Zehnten gehören (7). Aufgrund von Betrug und Missbräuchen werden die Zehntpächter ermahnt, sich an die vorliegende Ordnung zu halten und den vollen Betrag abzuliefern.

Die vorliegende Ordnung befindet sich als Eintrag von Hand des Propstes Felix FryPerson: im hinteren Teil des Kelleramturbars. Sie steht am Anfang einer Zusammenstellung von Ordnungen, Amtseiden des Schenkhofs, Abschriften von Ratsentscheiden und Aufzeichnungen von Ansprüchen an «simlen» (Semmeln), Brot, Wein und Schweinegeld. Unmittelbar nach der hier edierten Ordnung steht die bereits auf 1532 datierte Ordnung für die Verleihung des Zehnten in RorbasPlace: (StAZH G I 139, fol. 132r-v). Die Artikel 1, 2, 3 und 5 der beiden Ordnungen stimmen inhaltlich überein. Artikel 4 der RorbasserPlace: Ordnung hält abweichende Anteile der Verhältnisse der Abgaben von Kernen und Hafer für RorbasPlace: , TeufenPlace: und HinterteufenPlace: fest; abgesehen davon entsprechen die ersten fünf Artikel dieser beiden Zehntenordnungen des GrossmünstersOrganisation: auch den ersten sechs Artikeln der Zehntverleihungsordnung des FraumünstersOrganisation: (StArZH III.B.37., fol. 20r-v; Edition: Köppel 1991, S. 459-460), welche zusätzlich noch einen Artikel zur Abgabe von Stroh und Schmalsaat enthält.

Eine spätere Variante der Zehntverleihungsordnung aus dem 17. Jahrhundert (StAZH G I 8, Nr. 117) enthält zusätzlich einen erläuternden Artikel zur Abgabe der Zehnthühner, eine Präzisierung, dass nicht spezifisch die zehnte Garbe, sondern allgemein der zehnte Teil des Ertrags geschuldet ist, auch dort, wo der Ertrag insgesamt weniger als zehn Garben ausmacht, sowie einen Artikel zur Nutzung der Zehntscheune. Die Sonderbestimmungen zu den Zehnten mehrerer Orte in den Artikeln 6 und 7 der hier edierten Ordnung fehlen, während die übrigen Artikel in teilweise erweiterter Form und in leicht anderer Reihenfolge beibehalten wurden. Dies deutet auf eine Vereinheitlichung und Ausweitung des Gültigkeitsbereichs hin.

Zur Zehntverleihungsordnung des FraumünstersOrganisation: sowie einem Vergleich mit den Ordnungen der Klöster EinsiedelnPlace: , KappelPlace: und WettingenPlace: vgl. Köppel 1991, S. 459-463.

Edition Text

Dise nachgeschribne artickel list man, vor und ee man die grossen zehenden verliht


Unser herren eineß ersammen rateß und diser kilchen zur propsty ZürichPlace: Organisation: verordnete pfleger
wellend diser kilchen zehenden verlichen, alß diß nachgeschribnen puncten und artickel
uß wysend nach altem gbruch und unser herren ordnung und ansehen, also lutende:
Deß ersten, so wellend sy die zehenden usruͤffen und wer1 inen darumm gibt, daß sy benuͤgt,
wellend sy im usruͤffen. Benuͤgt sy aber nit, so wellend sy niemanß schuldig noch pflichtig
sin uszeruͤffen.
Zum andren, wer einen zehenden enpfacht, der sol inn in viij tagenDuration: 8 days vertroͤsten, daran die
pfleger ein benuͤgen habind, mit der heiteren lüterung, daß die bürgen hierumm gülten
und bürgen sin soͤllend, nach lut unser herren und obren erkantnuße.
Zum dritten, wie auch einer ein zehenden enpfacht, so vil stucken wellend mine herren pfleger
han und daran nüzit schencken nach ablassen, es sye von prunst oder diebstal, zuͤ welicher zit
daß bescheche, nach von keinerley sacchenNotable spelling2 wegen, so yemant wider diß enpfachen erdencken
oder fürziechen moͤcht in kein weg. Eß were dann, daß schinbarer hagel kaͤme, dar vor got sye,
denacht so sol niemant kein zehenden uf geben, aber dann sol man daß den pflegern kunt thuͦn,
daß sy den schaden deß hagelß lassind beschowen, und mag einer mit den pflegern nit einß
werden, so soͤllend die pfleger zwenAmount: 2 man, und der, so den zehenden enpfangen hat, ouch zwenAmount: 2 man geben
und weß sich die erkennend, daß einemUncertain readinga abgan soͤlle, dar by sol eß dann beliben.
Zum fierden, wie einer ein zehenden enpfacht, so soͤllent die ij stuck kkernenVolume: 2 pieces spelt und daß drit stuck
haber
Volume: 1 piece oat
sin. Und alß menig stuck, alß menig huͦn, und ann den selbigen huͤnern ist kein ablassen, von keinerley sacchen wegen.
Zum fünften, der kernen sol ane alleß verziechen uff sant GallenPerson: tagDate: 16. October (feast day (period)) und der haber uff sant
MartißPerson: tag
Date: 11. November (feast day (period))
gwaͤrtt sin. Man sol auch deß kernenß und haberß waͤren, so uff yedem zenden
wachsd, so ver der gelangen mag, und der kernen sel also sin, daß inn ein yeder pfister nemmen moͤge.
Zum sechsden, wer den zehenden ze OberhaslePlace: enpfacht, der git von der schür ze zinse ij tmütt kkernenVolume: 2 mütt spelt . Desglichen
wer den zehenden ze WattPlace: enpfacht, git auch von der schür vj vtlviertel kkernenVolume: 6 quarters spelt zinß.
Wer auch die zehenden ze WattPlace: , RegenstorffPlace: und TellikenPlace: enpfacht, sol denen gnuͦg thuͦn
umb ir lon und arbeit, so hoͤw und gersten ingefuͤrt hant. Und wer TellikonnerPlace: zehenden
enpfacht, der sol dem predicanten daselbigen jc garben strowVolume: 100 sheafs straw und j fuͦder hoͤwsVolume: 1 cartload hay vom
selbigen zehenden trüwlich usrichten. So hattend die WuͤstenOrganisation: ze StadelhofenPlace: in einfang daselbß,
der gehoͤrt nit in den zehenden zuͦ StadelhofenPlace: .
Zum sibenden, alle die guͤter, die in dem zehenden StadelhofenPlace: und FluͦntrenPlace: glegen sind und mit
dem pfluͦg gebuwen werdent, gehoͤrent in den grossen zehenden nit us genommen, und alleß daß,
waß gesaͤyt wird in die acker, garten und anderß, so in den grossen zehenden gehoͤrent, es werde
mit howen oder schufflen gebuwen, gehoͤrdend in den grossen zehenden. Wurde aber uß einer
wysen ein plaͤtz oder ein gartt mit schuflen oder howen gebuwen und hanff darinUncertain readingb gesaͤyt,
gehoͤrt in den kleinen zehenden, und wo man von alter har yemant by sinem huß hanff gesaͤyt
hat und deß in gewer ist, soͤlich gehoͤrt in den kleinen zehenden. Were auch üzit uf gebrochen
und uff dem BuzenbuͤlPlace: und ÜbelacherPlace: gebuwen, deß zehenden gehoͤrt der apty ZürichPlace: Organisation: .
Zum achtenden, alß bishar etlich den vorgeschribnen articklen, wie sy die in enpfachungen
der zehenden wüssencklich angenommen und gelopt hant, nit gelept, besonder allerley gefaͤrden und boͤsse gesuͤch gebrucht hant und einßAmount: 1, zweyAmount: 2, drüAmount: 3 mer oder minder stucken
eigenß muͤttwillenß ane recht und redlich ursachen understanden haben inen selbß inn
zehabenn, und daß sy fürgebent, inen werend etlich garben entwert, oder anderß, daß doch
für ein redliche ursach nit zerechnen waß, darumm, wie wolAddition above the linec soͤlichs in vorgemelten articklen gnuͤgsam [fol. 132r]Page break
begriffen ist, dennocht von merer lüterung und besserer verstennttnuß wegen, so fuͤgent
mine herren pfleger ze wüssen einem ydenCorrected: yedend, der einen zehenden enpfacht, daß er zuͦ allen und
yeden articklen in disem rodel begriffen, wie die offenlich gelaͤsen werdent, sich verbindt
und verbunden sin sol, und in alle stuck, dero er sich in der enpfachung begeben hat, alle
andren ursachen, uszüg und fürwort hindann gesetzt, ane allein schinbarer hagel,
wie obstat, gentzlich bezalen und inen darvon gentzlich nützit vorhan noch im selbß
inn han sol, alß daß einem yeden biderman zuͦ gehoͤrt, siner pflicht und zuͦsagenß
der eren nach, frommcklich und erbarlich zuͦ geleben, besonder sich ein yeder flisst,
sinen zehenden also inzeziehen, daß im nüzit entwert werde, wann von soͤmlichß
entwerenß wegen wellend die pfleger gantz unangezogen sin und desshalb gar nitt
nachlassen. Wo aber einem ein soͤmlichen intrag bescheche, den er nit gewenden moͤcht,
soͤlichß sol er angentz, so im daß begegnot, ane lengen verzug den pflegern kunt thuͦn,
daß sy soͤmlichß abstellind, und wenn imm durch soͤmlichen intrag etwaß stucken entzogen
werend, sol er die pfleger berichten, daß im die nachgelassen werdint, so fer die pfleger
erkennen moͤgent, daß er redlich ursach hab, und sol aber nieman sineß eigenß willenß
im selbß weder wenig noch vil innhaben.
Zum nündten und zum letsten, wer ein zehenden enpfacht, der sol inn selber behalten und
den nit witer ußruͤffen, auch darvon niemanß nüzit lichen, sonder den zehenden, wie er
den enpfangen hat, so die garben ufgestelt werdent, samlen und infuͤren nach sinem
vermoͤgen. Dann welicher geverd und list bruchte und daß (wie vorstat) übersehe,
der sol gmeiner stat ZürichPlace: ze buͦß verfallen sin j marck silberCurrency: 1 mark silver , dar nach wüsse sich ein
yeder zerichten.

Notes

  1. Uncertain reading.
  2. Uncertain reading.
  3. Addition above the line.
  4. Corrected: yeden.
  1. Der Schreiber setzt jeweils ein Kürzungszeichen hinter «wer», das hier ignoriert wurde.
  2. Der Schreiber benutzt teilweise «cch» für «ch».