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SSRQ ZH NF II/11 23-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, by Ariane Huber Hernández and Michael Nadig

Citation: SSRQ ZH NF II/11 23-1

License: CC BY-NC-SA

Schiedsspruch im Konflikt zwischen dem Grossmünsterstift und den Hausgenossen in Fluntern und Sankt Leonhard wegen Dienstpflichten

1424 April 9.

Im Konflikt zwischen Meister Leonhard Moschard, Propst, und dem Kapitel des Stifts Felix und Regula in Zürich einerseits und den Hausgenossen in Fluntern und Sankt Leonhard andererseits fällen die sechs Ratsabgeordneten folgenden Schiedsspruch: 1. Die Leute von Sankt Leonhard, die Pfründlehen innehaben, sollen wie die Hausgenossen im Hof Fluntern Tagwan und Dienste leisten und am Gericht im Hof Fluntern teilnehmen; 2. Entgegen der Annahme der Hausgenossen erhalten sie beim Tod eines Chorherren nicht dessen besten Rock, sondern 36 Schilling Zürcher Pfennig und somit mehr, als Propst und Kapitel ihnen bisher mit 12 Schilling gegeben haben. Nach altem Herkommen müssen sie den Verstorbenen zu Grabe tragen; 3. Zu Beginn der Weinlese muss der Herr seinem Lehenmann keine Kleider als Lohn geben, wie die Lehenleute vermeinen, sondern nur Wein und Brot zum Verzehr in angemessenem Umfang in die Trotte liefern. Ferner soll der Herr dem Lehenmann bei dessen letzter Weinlieferung zwei Hausbrote geben; 4. Werden die Reben durch Wettereinflüsse geschädigt, mag der Chorherr seinen Lehenmann unterstützen. Erhält der Lehenmann keine Unterstützung darf er für vier oder fünf Pfund das zur Pfründe gehörende Holz verkaufen, um die Ausbesserung zu finanzieren. Ansonsten dürfen die Lehenleute das Pfründholz nur für das Haus, als Brennholz oder für Stangen und Zäune verwenden; 5. Den Chorherren steht die Aufsicht über die korrekte Bewirtschaftung sämtlicher Güter zu. Für Schäden, die wegen schlechter Bewirtschaftung entstehen, sollen die Lehenleute selber aufkommen. Es werden zwei Urkunden ausgestellt. Die sechs Schiedsleute siegeln.

  • Shelfmark: StAZH C II 1, Nr. 532
  • Date of origin: 1424 April 9
  • Transmission: Original
  • Condition: Beschnitten
  • Substrate: Pergament
  • Format h × w (cm): 53.0 × 25.5
  • 6 seals:
    1. Jakob GlenterPerson: , wax, round, sealed on a parchment tag, fragmentary
    2. Heinrich MeissPerson: , wax, round, sealed on a parchment tag, well-preserved
    3. Felix ManessePerson: , wax, round, sealed on a parchment tag, well-preserved
    4. Rudolf BrunnerPerson: , wax, round, sealed on a parchment tag, well-preserved
    5. Johann BrunnerPerson: , wax, round, sealed on a parchment tag, well-preserved
    6. Jakob MeierPerson: , wax, round, sealed on a parchment tag, well-preserved
  • Language: German
  • Regest

Auf dieses Schiedsurteil wurde bei einem späteren Konflikt zwischen Lehenleuten des GrossmünsterstiftsOrganisation: und dem Propst betreffend die Hilfeleistung des Lehenherrn gegenüber seinen Lehenleuten verwiesen (StAZH G I 33 a, S. 1249-1252).

Edition Text


Wir, dis nachbenempten Jacob GlenterPerson: , burgermeister, Heinrich MeysPerson: , altburgermeister, Felix ManessPerson: , Ruͦdolff BrunnerPerson: , Johanns BrunnerPerson: und Jacob MeyerPerson: , burgere Zu̍richPlace: , tuͦn kunt menglichem mit disem brieff: Als die erwirdigen herren,
meister Lienhart MoschartPerson: , probst, die chorherrenOmitted in StAZH G I 96, fol. 250r-va und das capitel gemeinlich des gotzhuses Sant Felix und Sant RegulanPlace: ze der probstyeOrganisation: in unser statt ze einem teil und die erbern lu̍te, die husgenossen ze FluͦntronPlace: und ze Sant LienhartPlace: , vor unser
meren statt wonhaftig, ze dem andern teil, spenn und stoͤss mit enander gehept hand von etzwie maniger stuken wegen, als die hie nach in disem brieff gemeldet sind. Der selben stoͤss und spenn si aber u̍ns, obgenobgenanten sechsen, als wir darzuͦ von unsern
lieben herren, den raͤten der obgenobgenanten statt Zu̍richPlace: Organisation: , geben und gewiset sint, ze beider site gentzlichen ze entscheiden und darumb ze sprechen getru̍wet, und ouch da bi mit guͦten tru̍wen versprochen hand, wie wir si umb dieselben nachbegriffnen
ir stoͤsse entscheiden und was wir darumb zwu̍nschent inen sprechen, das si ouch da bi beliben, das alles war und staͤt halten und dawider nit tuͦn wellen, indehein wise aͧn alle geverde. Also haben ouch wir, obgenobgenanten alle sechs, u̍ns der sache von
enpfelhens wegen der egenegenanten unser herren der raͤtenOrganisation: und ouch von der vorgenvorgenanten beider teilen bette wegen angenomen und beider teil red und widerred, roͤdel und anders, das si dann fu̍r u̍ns brachtend, eigenlich verhoͤret und u̍ns daruff alle einhellenklich
erkennet und gesprochen:
b–Des erstenUnderlined in a later hand–b1 von der obgenobgenanten erbern lu̍ten wegen ze Sant LienhartPlace: , die der vorgenvorgenanten chorherrenOrganisation: pfruͦnd lehen hand oder daruff sitzent und aber inen von etzwas diensten wegen stoͤssig sind, das dero jeklicher von dem selben
lehen mit tagwan, mit zegericht gan und mit allen andern sachen dienen und tuͦn sol in den obgenobgenanten hof gen FluͦntronPlace: , als ander, die in dem selben hof ze FluͦntronPlace: gesessen und daselbs husgenossen sind, aͧne alle geverde.2
c–Und alsUnderlined in a later hand–c die egenegenanten husgenossen
meinden, wenn ein chorherre abstu̍rbe, so soͤlte man inen desselben abgangnen herren besten rok geben. Dawider aber die vorgenvorgenanten herren, der probst und das capitelOrganisation: , retten, si hetten bis her da fu̍r nit mer geben dann zwelff schilling Zu̍richer pfenningCurrency: 12 shillings of Zurich.
Darumb, so haben wir u̍ns ouch nach beider teil red und widerred einhellenklich erkennet und gesprochen, wenn und wie dik hinnanthin dehein chorherre zuͦ dem obgenobgenanten gotzhus von todes wegen in unser statt oder anderswa abgât und in
dem egenegenanten gotzhus begraben wirt, das dann desselben abgangnen chorherren erben den egenegenanten husgenossen fu̍r den rok und fu̍r allen andern kosten geben su̍llent sechsunddrissig schilling gewonlicher Zu̍richer pfenningCurrency: 36 shillings of Zurich. Und su̍llent ouch die egenegenanten
husgenossen da fu̍r gentzlich ein benuͤgen haben und den abgangnen herren dann zegrab tragen, als dz von alter herkomen ist, aͧn alle widerred, aͧne geverde. Wer aber, das deheinest kuntlich und bewiset wurde, daz den egenegenanten husgenossen von den
chorherren des obgenobgenanten gotzhusesOrganisation: , so dann bis her usserthalb unser statt abgangen und ouch anderswa begraben sind, dehein rok oder zwoͤlff schilling pfenningCurrency: 12 shillings dafu̍r je geben oder worden weren, sprechen wir ouch, das dann den vorgenvorgenanten husgenossen
hinnanthin ouch der chorherren erben, so dann usserthalb unser statt abgand und anderswa bestattnet und begraben werdent, inen fu̍r den rok und fu̍r allen andern kosten, als dik das zeschulden kunt, ouch usrichten und geben su̍llent sechsunddrissig
schilling der vorgenvorgenanten pfenning
Currency: 36 shillings
, alles aͧn geverde.3
Fu̍rerUnderlined in a later handd als dann die obgenobgenanten husgenossen ouch fu̍rgezogen hand, wie das ein herre in dem wimnot zuͦ sinem lehenman komen und da sinen beltz und rok an ein stageln henken soͤlte, haben wir ouch gesprochen und u̍ns einhellenklich erkennet, wenn deheiner der vorgenvorgenanten husgenossen oder lenlu̍ten mit sinem herren wimnon wil, das dann im der selb sin herre bi sinem schuͦler in die trotten win und brott, und das man dann essen sol, ungefarlich, als
das des herren ere und des lemans nutz ist, schiken sol und das da mit der herre des beltzes und des rokes an die stageln zehenken ledig sin und dem leman darumb nu̍t ze antwu̍rten haben sol. Wenne aber der leman dem herren den hindrosten
win heim bringet, als recht ist, dann so sol im der selb herre zwey husbrot in das vaß oder in den zuber geben, dar inn er im den win dann hein gefuͤrt hat, aͧn widerred.4
e–So dannUnderlined in a later hand–e von der hoͤltzern wegen, so zuͦ den chorherrenOrganisation: pfruͦnden gehoͤrent,
darumb si ouch ze beider site in stoͤssen gewesen sind, haben wir u̍ns ouch einhellenklich erkennt und gesprochen: Beschehe, das deheinest die reben, so zuͦ den selben pfruͦnden gehoͤrent, erfruren oder unwetter und ungewechst kaͤme, davon
die reben gebresten enpfiengen, woͤlte dann ein herre, dem die selben reben zuͦgehoͤrend, einem leman und husgenossen helffen, als ander erber lu̍te iren lenlu̍ten helffent, des su̍llent sich die husgenossen benuͤgen und inen dann die
hoͤltzer fu̍rbasser ungewuͤst lâssen. Woͤlte aber dann ein herre sinem leman nit helffen, so mag der leman usser dem holtz, das zuͦ der pfruͦnd gehoͤret, da ouch die reben hin gehoͤrend, holtz verkouffen umb vierCurrency: 4 lb of Zurich oder umb fu̍nf pfunt Zu̍richer pfenningCurrency: 5 lb of Zurich
und da mit dann die reben wider bringen und bessern, ungevarlich. Doch so mugent die egenegenanten husgenossen das holtz, so zuͦ den pfruͦnd lechnen gehoͤret, zuͦ iren hu̍sern, ze brennholtz, ze stagelholtz und ze zu̍nen bruchen, als si ungevarlichen notdurftig sind, und su̍llent das dann fu̍rbasser in alle wege ungewuͤstet lâssen.5
f–Als dannUnderlined in a later hand–f ze dem lestenNotable spelling die obgenobgenanten beid teil ouch etzwas stoͤssig gewesen sind von der bu̍w wegen zegeschôwen, haben wir u̍ns ouch einhellenklich
erkennt und gesprochen, daz die vorgenvorgenanten chorherrenOrganisation: ze allen bu̍wen, enkeinen usgelassen, in iru̍ guͤter senden mugen, die ze besehen, ob si in eren gehept und der buw dar in geleit werde, als dann die husgenossen von rechts wegen tuͦn
su̍llent. Und da wider su̍llent sich ouch die husgenossen nit setzen. Were dann, das der husgenossen deheiner deheinen mißbu̍w getan hette, den selben mißbuw soͤllent dann die husgenossen schaͤtzen, wie man den ableggen soͤlle, und wes sich
denn die husgenossen darumb erkennent, also sol man dann die mißbu̍w ableggen, als das von alter her ist komen, aͧne widerred und aͧn alle geverde.6
Diser u̍nser erkantnu̍ss, entscheidung und spruches ze urku̍nde, so haben wir, obgenobgenante
Jacob GlenterPerson: , Heinrich MeysPerson: , Felix ManessPerson: , Ruͦdolff BrunnerPerson: , Johanns BrunnerPerson: und Jacob MeyerPerson: , unsru̍ insigel, doch den vorgenvorgenanten unsern herren von Zu̍richPlace: und ir gemeinen statt an iren gesatzten und rechtungen und u̍ns und unsern erben
und nachkommen unschedlich und unvergriffenlich, offenlich gehenkt an disen brieff, dero zwen gelich geben sind an dem nu̍nden tag des manodes aberellen, do man zalt von Cristi gebu̍rt viertzehenhundert jar und darnach in
dem vierundzweintzigosten jare
Date of origin: 9.4.1424
.
[Sigillant’s notes on the plica:]
hrAbbreviation GlenterPerson:
[Sigillant’s notes on the plica:]
HrAbbreviation MeysPerson:
[Sigillant’s notes on the plica:]
ManeßPerson:
[Sigillant’s notes on the plica:]
RRuͦdolf BrunnerPerson:
[Sigillant’s notes on the plica:]
JohJohanns BrunnerPerson:
[Sigillant’s notes on the plica:]
Jacob MeyerPerson:
[fol. v]Page break
[Dorsal notation on the reverse side:]
Diffinicio inter colonos dictosLanguage change: Latin husgenoͧß
[Dorsal notation on the reverse side in a hand of the 15th century:]
Hec littera registrata est
in cclAmount: 250mo folio etcAbbreviation
Language change: Latin
.
[Dorsal notation on the reverse side in a hand of the 17th century:]
Copiert tomo 4, fol. 4647
[Dorsal notation on the reverse side in a hand of the 18th century:]
N. 19 Lehen zu FlunternPlace: in St. LienhardPlace:

Notes

  1. Omitted in StAZH G I 96, fol. 250r-v.
  2. Underlined in a later hand.
  3. Underlined in a later hand.
  4. Underlined in a later hand.
  5. Underlined in a later hand.
  6. Underlined in a later hand.
  1. Die Unterstreichungen im Text korrespondieren mit der ebenfalls wohl Ende des 16. Jahrhunderts angebrachten Nummerierung am linken Rand.
  2. Vgl. SSRQ ZH NF II/11 24-1, Art. 52.
  3. Vgl. SSRQ ZH NF II/11 24-1, Art. 26.
  4. Diese Bestimmung ist mit den entsprechenden Artikeln der Offnung von FlunternPlace: praktisch identisch. Neben dem Schüler wird als Option auch der «knecht» genannt und der Lehenmann soll seinem Herrn vorgängig melden, wann er mit der Weinlese beginnen will. Diese Ankündigungspflicht durch den Lehenmann wird auch in der späteren Ordnung festgeschrieben, wobei dort nur noch Naturalabgaben bei Auslieferung des letzten Weins genannt werden (SSRQ ZH NF II/11 24-1, Art. 23-24; SSRQ ZH NF II/11 72-1, Art. 7).
  5. Die gleiche Bestimmung wird in einem Urteil des Jahres 1492Date: 1492 wiederholt (StAZH G I 33 a, S. 1249-1252).
  6. Vgl. SSRQ ZH NF II/11 24-1, Art. 29.
  7. Verweis von Stiftsverwalter Hans Jakob FriesPerson: auf die Abschrift im Stiftsprotokoll (StAZH G I 32).