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SSRQ ZH NF II/11 170-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, by Ariane Huber Hernández and Michael Nadig

Citation: SSRQ ZH NF II/11 170-1

License: CC BY-NC-SA

Untersuchung nach einem Überfall auf einen Fremden zu später Nachtstunde

1767 May 2.

Im Fall des in der Ostermontagnacht in Höngg überfallenen Durchreisenden Claude Longeon wird den Nachgängern und den Obervögten von Höngg aufgetragen, zunächst Claude Longeon zu befragen, ihm obrigkeitlichen Schutz zu versprechen und ihn aufzufordern, bis zum Abschluss des Geschäfts hier zu bleiben. Danach sollen sie die beiden Ärzte, den Wirt von Höngg und seinen Knecht befragen. Schliesslich sollen sie auch die sechs Angeklagten verhören, die weiterhin im Oetenbach getrennt voneinander inhaftiert gehalten werden sollen.

Der ZürcherPlace: RatOrganisation: nahm diesen Vorfall sehr ernst. Am 29. April 1767 hatte er den verletzten Claude LongeonPerson: in ein Wirtshaus nach ZürichPlace: transportieren und ärztlich untersuchen lassen (StAZH B II 936, S. 161-162). Am 6. Mai liess er LongeonPerson: erneut befragen und trug dem Nachgangschreiber auf, LongeonPerson: mitzuteilen, dass er bis zum Abschluss der Sache nicht abreisen solle und für die Aufenthaltskosten nicht aufzukommen habe. Ausserdem sollten in HönggPlace: verschiedene Zeugen befragt werden, unter anderem der Zimmermann Rudi GrossmannPerson: , dessen Name in der Befragung LongeonsPerson: aufgetaucht war. Konrad NötzliPerson: und Rudi AppenzellerPerson: liess der RatOrganisation: unter Züchtigung an der Stud verhören und danach in zwei verschiedene Gefängnisse bringen, den WellenbergturmPlace: und den Neuen TurmPlace: , während die übrigen Verdächtigen weiterhin im OetenbachPlace: inhaftiert blieben (StAZH B II 936, S. 171-173).

Am 11. Mai liess der RatOrganisation: den Gesundheitszustand LongeonsPerson: untersuchen und wies die Nachgänger an, ihn zum Bleiben zu bewegen. Falls sich LongeonPerson: lieber in einem katholischen Ort aufhalten möchte, bot ihm der RatOrganisation: an, nach DietikonPlace: zu gehen, dessen Grundherrschaft und Gerichtsbarkeit dem Kloster WettingenOrganisation: gehörte (vgl. HLS, Dietikon), oder in das zum Kloster EinsiedelnOrganisation: gehörige Kloster FahrOrganisation: (HLS, Fahr) (StAZH B II 936, S. 178-179). Am 13. Mai wurde der Bitte LongeonsPerson: um Ausreise jedoch stattgegeben und ihm seine restliche Habe ausgehändigt, zusammen mit sechs Louisneuf als Schadenersatz (StAZH B II 936, S. 178-179). An diesem Tag sowie am 16. Mai gab der RatOrganisation: weitere Anweisungen zum Verhör und liess beispielsweise Sigmund AppenzellerPerson: und Rudolf GrossmannPerson: unter Vorstellung des Scharfrichters befragen (StAZH B II 936, S. 187).

Verschiedentlich ordnete der RatOrganisation: auch die Haft im «häuslein» im WellenbergPlace: oder im Neuen TurmPlace: an, womit vermutlich die sogenannten Blockhäuser gemeint sind; nach Nüschelers Beschreibung sowie der Darstellung von Hegi hat man sich darunter einen engen Bretterverschlag vorzustellen, der wohl zur Beugehaft verwendet wurde (Nüscheler 1838, S. 12-13, Kupfertafel V; Digitalisat: https://www.e-rara.ch/zut/doi/10.3931/e-rara-9335). Am 20. Mai liess der RatOrganisation: die in den «häuslein» Inhaftierten herausholen und beauftragte die Nachgänger mit einer Aufstellung aller im Prozess entstandenen Kosten (StAZH B II 936, S. 191-192).

Am 23. Mai 1676 fällte der RatOrganisation: sein Urteil: Konrad NötzliPerson: , Rudolf GrossmannPerson: und Sigmund AppenzellerPerson: wurden eine Stunde lang neben den Pranger gestellt und jeder mit acht Schlägen an der Stud gezüchtigt. Sie wurden für sechs Jahre von allen Gemeindeanlässen ausgeschlossen und über die bevorstehende Pfingstfeier exkommuniziert. Der Stadtknecht sollte sie nach HönggPlace: führen, wo sie zu ernstlicher Ermahnung vor den Stillstand gestellt werden sollten. Ausserdem wurden sie zur Bezahlung aller im Prozess angefallenen Kosten verurteilt. Der Stillstand sollte dieses Urteil öffentlich verkünden. Salomon WehrliPerson: , Heinrich AppenzellerPerson: und Hans Heinrich NötzliPerson: sollten mit der bereits im Gefängnis abgesessenen Zeit und der Bezahlung der Kosten genug bestraft sein. Nach dem flüchtigen Jakob GrossmannPerson: solle Ausschau gehalten werden, bei Ergreifung drohte ihm Gefängins im OetenbachPlace: .

Ausserdem hielt der Rat fest, dass Frau BodmerPerson: das Weinschenken in ihrem Haus ein für allemal verboten sei. Sie dürfe aber ihren Wein über die Gasse ausschenken. Wegen des Übersitzens in ihrem Haus wurde ihr eine Geldbusse von zwölf Mark Silber sowie eine Beteiligung an den Prozesskosten von 120 Pfund auferlegt (StAZH B II 936, S. 194-196). Dieses Urteil lässt vermuten, dass LongeonsPerson: Angreifer sich vor dem Überfall in Frau BodmersPerson: Haus aufgehalten und dort Wein getrunken hatten.

Jakob GrossmannPerson: , der geflohen war und sich seither im Exil aufgehalten hatte, wurde am 23. März 1772 auf Fürsprache seines Vaters Heinrich GrossmannPerson: teilweise begnadigt, so dass er nur noch eine Busse von 8 Mark Silber zu bezahlen und sich dem Pfarrer und dem Stillstand zu stellen hatte. Er blieb jedoch wie seine Mitangeklagten von den Gemeindeanlässen ausgeschlossen (StAZH B II 956, S. 77; StAZH B II 956, S. 85).

Zum Neuen TurmPlace: , auch Ketzer- oder Hexenturm genannt, sowie zum WellenbergturmPlace: vgl. KdS ZH NA I, S. 104, 121-122.

Edition Text

Sammstags, den 2. mayDate of origin: 2.5.1767, presentibusIn the original: prtbs herren burgermeister LeuPerson: und beyde rätheOrganisation:

[...]Editorially irrelevant

[p. 165]Page break Über die schrifft- und mundlich erstattete relation der herren obervögten zu HönggPlace: , auch vorlaüffig aufgenohmene examina und verhöre und ein[p. 166]Page breakgegebene visa et reperta, betreffende den an letzterem oster monntagDate: 20.4.1767 (floating holiday) nachtsDuration: night gegen 11 uhrTime: 23:00 auf der landstraß in der HönggerPlace: gemeind von etlichen schlimmen nachtbuben von HönggPlace: beschenen gewaltthätigen angriff und üble mißhandlung eines fremden durchreisenden nammens Claude LongeonPerson: , von St. SauveurPlace: aus der Franche ComtéPlace: , ist denen herren nachgängeren mit zuzug beyder herren obervögten zu HönggPlace: aufgetragen, forderest besagten Claude LongeonPerson: mit aller freündlichkeit, aber doch sorgfältig und nach allen umständen über die hargangenheit der sache, so wol was bey dem schlaghandel selbsten a als auch nachhero und biß auf jetzo mit ihme vorgegangen, zuverhören, und ihme unter versprechung alles oberkeitlichen schutzes und sicherheit anzusinnen, daß er ohne jemandem zuverschonen die wahren und eigentlichen umstände der sachen anzeigen und biß nach außtrag des geschäffts hier verbleibe.
Dannethin sollen beyde chirurgi wie auch der wihrt und sein knecht von HönggPlace: ebenfahls harbeschieden, über all- und jedes vorgegangene umständtlich befraget und constituiert und die reine wahrheit von demjenigen, so ihnen bewußt seye, anzuzeigen freünd ernstlich erinnert werden.
Was dann die inhafftierte 6 freche und boßhaffte [p. 167]Page break gesellen von HönggPlace: selbst anbetrifft, sollen selbige von den herren nachgängeren mit aller vorsicht und klugheit examiniert und zur geständtnuß der wahrheit angemahnet, b übrigens aber in ihren gefängnussen in dem ÖetenbachPlace: wol von einander abgesöndert gehalten werden.

Notes

  1. Deletion: auch.
  2. Deletion: werden.