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SSRQ ZH NF II/11 140-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, by Ariane Huber Hernández and Michael Nadig

Citation: SSRQ ZH NF II/11 140-1

License: CC BY-NC-SA

Obrigkeitliche Bestätigung der Verpflichtung der Stiftslehenleute von Unterstrass gegenüber dem Grossmünsterstift

1682 August 30.

In einem Konflikt um verschiedene Verpflichtungen der Stiftslehenleute gegenüber dem Grossmünsterstift treten der Keller und der Kämmerer des Grossmünsterstifts einerseits und verschiedene in Unterstrass wohnhafte Stiftslehenleute andererseits vor Bürgermeister und Rat von Zürich. Nach Anhörung beider Parteien bestätigen Bürgermeister und Rat von Zürich die Rechte des Stifts im Dingrodel und bestimmen: 1. Die Stiftslehenleute sind zur jährlichen Abgabe der Hälfte der Weinernte verpflichtet. 2. Reben, die von ihnen oder ihren Vorfahren entfernt worden sind, müssen wieder eingeschlagen und der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt werden. 3. Die Trotten sind aus den Lehenhäusern zu entfernen. Wenn die Stiftslehenleute im Herbst mit der Weinlese beginnen wollen, sollen sie dies dem Lehenherren vorzeitig mitteilen. 4. Das Stift kann seinen Lehenleuten auch künftig aus Wohlwollen einen Viertel Kernen für das Tagewerk bezahlen. Ferner entscheiden sie, dass Ulrich Rämi bis zum darauffolgenden Abend im Neuen Turm gefangen zu setzen ist und dass er die Stiftsherren bezüglich seiner Schmähschrift um Verzeihung zu bitten hat. Bürgermeister und Rat befürworten ausserdem einen Vergleich der beiden Parteien in Bezug auf die Ablösung der jährlichen Weinabgabe durch einen Geldzins. Die Aussteller siegeln mit dem Sekretsiegel.

  • Shelfmark: StAZH G I 7, Nr. 200
  • Date of origin: 1682 August 30
  • Transmission: Original (Doppelblatt)
  • Substrate: Papier
  • Format h × w (cm): 20.0 × 31.5
  • 1 seal:
    1. Stadt ZürichPerson: , wax, round, applied, fragmentary
  • Language: German

Die genauen Hintergründe dieses Urteils sind der Weisung der Ratsabgeordneten zu entnehmen, die mit ihrer Anhörung der beiden Konfliktparteien auf der Chorherrenstube am 20. Juli 1682Date: 20.7.1682 () einen gütlichen Vergleich angestrebt hatten (StAZH G I 7, Nr. 195). Die Stiftslehenleute aus UnterstrassPlace: waren der Ansicht, dem Inhalt des Dingrodels (SSRQ ZH NF II/11, Nr. 72) und der Offnung von FlunternPlace: (SSRQ ZH NF II/11 24-1), die sie zu diversen Leistungen gegenüber dem StiftOrganisation: verpflichten, nicht Folge leisten zu müssen, da sie die Rebgüter als Erblehen innehatten. Ihren Unmut hatten die Lehenleute gemäss Aussage der Stiftsvertreter in der Stadt ZürichPlace: kundgetan und behauptet, das StiftOrganisation: halte sie ärger als Leibeigene. Ulrich RämiPerson: hatte ausserdem eine Schmähschrift verfasst, die auf der Chorherrenstube vorgelesen wurde und deren Inhalt die Stiftslehenleute aber offenbar nicht kannten. Bei der Lektüre der Kaufbriefe, auf die sich die Lehenleute in ihrer Argumentation beriefen, stellte sich heraus, dass die Bestimmungen der Offnung jeweils berücksichtigt worden waren.

Edition Text


Wir, burgermeister und rath
der statt ZürichPlace:
Organisation:
, urkhunden hiemit ofentlich, demmnach heüt endts-bemelts dato in unserer gewohnten raths-versammlung vor uns spännig gegen einanderen erschinnen die ehrsammen, wysen, unser besonders getroüwe, liebe burger und
mehrere raths-verwandte, Hans Jacob KollerPerson: , großkeller, und Hans Heinrich BodmerPerson: , cammerer der
stift zum Großen MünsterOrganisation: , innammen und von
wegen bemelter stiftOrganisation: an einem, danne unsere
besonders getröuwe, liebe angehörige, Ulrich SteinenmanPerson: , Hans Ulrich RemiPerson: , Rudolf KruthPerson: , Jacob PurPerson: ,
und Heinrich NötzliPerson: , allerseiths ab der Underen StraßPlace: ,
als besagter stiftOrganisation: hausgenoßen und erb-lehen leüthe an dem anderen theil, betrefend die jennigen
pflichten, so ermelte haußgenoßen gegen der
stifft zum Großen MünsterOrganisation: von ihrer lehengüeteren wegen tragen.
Da dan die herren
der stifftOrganisation: uns gebührendes fleißes ersucht, daß
wir sie bey denen hierumb habenden authentischen
offnung und ding-rodel gnädig schützen und
schirmen und den gegentheil dahin weisen wolten, daß er dem innhalt derselben gezimmender
maßen nachkomme und statt thüye, die haußgenoßen aber einständig gebetten, sie bey rühiger besitzung diser lehen-güetteren, wie solche
in erbs- oder kaufsweise an sie kommen weren,
fehrners verbleiben zulaßen und mit keinen nöuwerungen zubeschweren, und nun wir sie
beiderseiths in ihrem für- und widerbringen
wie auch die eingelegten brieff und gewahr[p. 2]Page breaksambenen der weitläufigkeit nach angehört, haben wir hierauf in reiflicher erduhrung der
sachen beschafenheit mit recht erkhendt, daß
es vorderst bey ermelter stifft zum Großen MünsterOrganisation: habender so genanter FluntererPlace: ofnung und
ding-rodel sein gäntzliches verbleiben haben und
krafft derselben mehr-gedachte haußgenoßen schuldig und verbunden sein, den herren der stifftOrganisation: den
halben wein: wine von allen ihren lehen-räben, darunder auch die rëblauben, bögen und strigel
begriffen, in allen tröuwen jährlichRepeated duration: 1 year abfolgen zulaßen, und wan der ein oder ander, so dergleichen lehen-güetter geerbt hete, oder auch
deßelben vor elteren von solchen räben etwas
zu wißwachs gemachet oder sonsten außgestoßen
heten, selbiges widerumb zu räben einschlagen
und in den alten stand richten, auch fürhin keine
räben mehr außschlagen, dannethin die trotten
förderlich auß disen lehen häußeren hinweg geschafet werden, und wan die haußgenoßen
in herbstDuration: fall wümmen wollen, sie daßelbe den
lehenherren zeitlich zuvor zuwüßen machen sollen.
So versehen wir uns auch, es werden die
herren der stifftOrganisation: den haußgenoßen das jenige,
so sie ihnen bißher jährlichRepeated duration: 1 year an einem viertheil
kernen
: 1 quarter spelt
gruber-tagwen oder dergleichen
gegeben, fürhin weiters abfolgen laßen. Darbey aber unsere meinung ist, daß solches für
kein recht, sonder als ein gutwilligkeit geachtet werden solle.
Und endtlich soll der Hans Ulrich RemiPerson: , welcher ein grobe schmach-schrift [p. 3]Page break
wider die herren der stifftOrganisation: aufgesetzt, von
solches fehlers wegen biß morn abendsDuration: evening gefänglich in den noüwen thurn verwahrt
werden und besagte herren umb verzeihung
biten. Wan aber beide partheyen etwan vermitelst eines außkaufs durch zuthun unserer, zu diser streitigkeit vormahlen
verordnet geweßter mit räthen sich sonsten
mit einanderen vergleichen wurden, hielten
wir solches auch für sie das rathsamest.1

Deßen zu wahrem und vestem urkhundt
haben wir unser statt ZürichPlace: secret-insigel
ofentlich hierauf getrukt mittwuchs, den
dreißigsten augusti von der gnadenreichen
geburt Christi, unsers lieben herren und heilands, gezahlt einthausent sechs hundert achzig und zwey jahre
Date of origin: 30.8.1682 ()
.
[p. 4]Page break

Notes

    1. Bürgermeister und RatOrganisation: bestätigten am 20. November 1682Date: 20.11.1682 () den durch die Ratsabgeordneten erzielten gütlichen Vergleich, wonach die Lehenleute des GrossmünsterstiftsOrganisation: ihre Abgaben an das StiftOrganisation: in Form eines Geldzinses entrichten sollten (StAZH G I 7, Nr. 204).