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SSRQ ZH NF II/11 127-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, by Ariane Huber Hernández and Michael Nadig

Citation: SSRQ ZH NF II/11 127-1

License: CC BY-NC-SA

Ratsurteil der Stadt Zürich betreffend die Errichtung von Wuhren in der Sihl

1671 June 3.

Bürgermeister und Rat entscheiden im Streit zwischen den Gemeinden Wollishofen (vertreten durch Untervogt Rudolf Hausheer und die drei Geschworenen Hans und Georg Bleuler sowie Wilhelm Hausheer) und Enge (vertreten durch Leutnant Caspar Hausheer, Säckelmeister) einerseits, der Gemeinde Wiedikon (vertreten durch Hauptmann Gorius Koller, Untervogt, die beiden Richter Hans Ulrich Meyer, Säckelmeister, und Felix Hämiker sowie Weibel Heinrich Wetzel) andererseits und Conrad Asper und Jacob Kienast von Wollishofen dritterseits. Wollishofen und Enge haben ein Wuhr (Flussverbauung) bei der Wollishofer Allmend in die Sihl gesetzt, das Wiedikon eigenmächtig wieder entfernt hat. Wollishofen und Enge fordern dafür Schadenersatz, während Wiedikon vorbringt, dass das Wuhr bei Hochwasser nicht nur ihren Dämmen, sondern auch den obrigkeitlichen Wehren an der Sihl geschadet hätte, weshalb sie ihrerseits um Schadenersatz ersucht. Bürgermeister und Rat entscheiden, dass es bei den bisherigen Urteilen verbleiben soll und dass kein Teil ohne Wissen der Obervögte und der anderen Teile in der Sihl Wuhren errichten soll. Die Gemeinde Enge muss sich auch am Unterhalt der Wuhren beteiligen. Für diesmal soll Wiedikon das nötige Holz stellen. Die Obervögte sollen mit alt Sihlherr Zimmermann festlegen, wie das Wuhren in Zukunft gehandhabt werden soll. Die Aussteller siegeln mit dem Sekretsiegel.

  • Shelfmark: StArZH VI.EN.LB.A.3.:19
  • Date of origin: 1671 June 3
  • Transmission: Original
  • Substrate: Pergament
  • Format h × w (cm): 54.0 × 26.5
  • 1 seal:
    1. Stadt ZürichPerson: , wax in a wooden box, round, sealed on a parchment tag, well-preserved
  • Language: German

An der SihlPlace: kam es immer wieder zu Hochwasser und Überschwemmungen. Manchmal veränderte sich deswegen auch der Verlauf des Flusses. Da die SihlPlace: die Grenze zwischen den Gemeinden WollishofenPlace: sowie WiedikonPlace: und LeimbachPlace: bildete, kam es auch deswegen zu Auseinandersetzungen. Um den Wasserlauf zu stabilisieren, wurden Verbauungen und Dämme angelegt, die sogenannten «wuhren». Nicht nur um deren Anlage und Unterhalt gab es Konflikte; wie im vorliegenden Stück stritt man auch darum, dass das Umleiten der Strömung auf der einen Flussseite dafür die andere Flussseite schädigte.

Die Konfliktparteien verwiesen in diesem Streit auf zahlreiche ältere Urteile und Urkunden, die jedoch meist nicht überliefert sind. Von zwei Urteilen von 1606 und 1664 finden sich immerhin noch Regesten im 1833 angelegten Urkundenbuch der Gemeinde WiedikonPlace: (StArZH VI.WD.C.4., S. 58, Nr. 7; StArZH VI.WD.C.4., S. 58, Nr. 8). Bei der erwähnten Urkunde vom 10. Dezember 1663 handelt es sich möglicherweise um einen Kaufbrief, in dem auch eine Kies- oder Sandbank in der SihlPlace: von 135 Schritt als zum verkauften Land zugehörig erwähnt ist (StArZH VI.EN.LB.A.4.:41). Nicht erwähnt werden weitere Konflikte vom 4. Oktober 1621 (StArZH VI.WO.A.2.:10) und vom 16. November 1665 (StArZH VI.WO.C.4., S. 89-93).

In der angekündigten Regelung durch die Obervögte befanden diese, dass in Zukunft alle Parteien für den Unterhalt der Wuhren in ihrem Gebiet selber aufkommen müssten und dass die Grenzen beim derzeitigen Stand verbleiben sollten. Zudem erhielten die Geschworenen die Aufgabe, bei der jährlichen Kontrolle der Wege und Gräben auch die Wuhren zu kontrollieren (StArZH VI.EN.LB.C.4., fol. 52v-53v). Doch auch später folgten noch Auseinandersetzungen (StArZH VI.WO.A.2.:11), weshalb sich am 7. März 1708 eine Ratsdelegation der Sache annahm und detaillierte Vorschriften zu Anzahl, Ort, Höhe und Art der Wuhren erliess (StArZH VI.WO.C.4., S. 149-152).

Zur SihlPlace: und ihren Wuhren vgl. Etter 1987, S. 228-230; Meier/Winkler 1993, S. 60-62.

Edition Text


Wir, burgermeister und rath der statt ZürichPlace: Organisation: , thuͦnd khundt offentlich hiemit, demnach
uff den hüttigen tag vor uns spännig gëgeneinanderen erschinnen: Unßere allerseits liebe, gethreüwe angehörige, undervogt Ruͦdolff HußheerPerson: , HansPerson: und GeörgPerson: die BlöüwlerenOrganisation: und Wilhelm HußheerPerson: , gschworne
und als abgeordnete anwält einer ehrsammen gmeind WollißhoffenPlace: Organisation: , so danne leütenant Caspar HußheerPerson: , seckelmeister, sampt einem usschuß innammen auch einer ehrsammen gmeind EngiPlace: Organisation: , eins; deßglychen
hauptman Gorius KollerPerson: , undervogt, Hanß Uͦlrich MeyerPerson: , seckelmeister, und Felix HämickerPerson: , beid deß gerichts, wie auch Heinrich WetzelPerson: , weibel, von wëgen und als ebenmeßig abgeordnete anwält einer gantzen
ehrsammen gmeind WiedickonPlace: Organisation: , anders; dannethin Conradt AsperPerson: und Jacob KienastPerson: von WollißhoffenPlace: , dritten theils, von wëgen des wuͦrens beidersyts an der SilPlace: , insonderheit aber deß jënigen wuͦhrs
halber, so besagte beide gmeinden, WollißhoffenPlace: und EngiPlace: , jüngsthin by der WollißhofferenPlace: allmënt in die SilPlace: gesetzt, volgendts aber von der gmeind WiedickonPlace: Organisation: zuͦ ihren nit geringen nachtheil und schaden der enden
ihnen unwüßend wider hinweg gethan worden.
Deßen ermëlte beide gmeinden dan sich höchlich beschwert und dahar umb abtrag kostens und schadens underthenig angehalten. Eine gmeind WiedickonPlace: Organisation: hergëgen beweglich fürbringen laßen, wie das gëgentheil mit wuͦhren ihrer syts der SilPlace: die zyth har nit allein zimmlich sumsëllig verfahren, sondern angedütes wuͦhr auch so wyt in die SilPlace: gëgen ihrer landtsfeste
hereingemachet, daß bie entstandenem waldwaßer nit nur daß ihrige, sondern auch unßere oberkeitliche werck an der SilPlace: sëlbst dardurch leichtlich zuͦ grund gerichtet werden mögen, so daß sy eben dardurch
verursachet, ermëltes wuͦhr nothtrungenlich widrumb hinweg zuͦ thun; inmaaßen, daß, wylen sëlbiges ihnen dergestalten zuͦ schaden gereichet und sy damit in kosten gerathen, ihr glychmeßige underthenige pitt an uns seige, ihnen den gëgentheil umb ersatzung deßen gnädig einzuͦkennen.
Und nun wie sy samptlichen in ihren klägten und antworten gnuͦgsamm verstanden, auch allersyts eingelegte brieff
und sigel und verträg, als mit nammen deren von WiedickenPlace: vom sibenden herpstmonat tusendt fünffhundert sëchs und nüntzigDate: 7.9.1596, den dritten augstmonat tusent fünffhundert nün und nüntzigDate: 3.8.1599, item
den dryzëhenden decembrisFont change tusendt sëchshundert und sächseDate: 13.12.16061, zesampt einem kauffbrieff von den GlaserenOrganisation: allda gëgen der gmeind vom acht und zwantzigsten wintermonat anno tusent sëchs hundert vier
und sëchtzig
Date: 28.11.1664
2; so danne deren uß EngiPlace: und WollißhoffenPlace: von annoFont change tusent fünff hundert und sëchstzigDate: 1560, item den zëhenden christmonat tusendt sëchs hundert drü und sëchstzigDate: 10.12.16633; dannethin von den KienastenOrganisation:
einer vom zëhenden aprellen tusendt sechs hundert sëchs und viertzigDate: 10.4.1646 wol erduhert; und solchem nach auch unßerer uff dem augenschyn gewästen lieben mitträthen mehreren mundtlichen bericht darüber
nachrichtlich vernommen; daß wir daruf, in ryffer erwëgung der sachen beschaffenheit ein hellig erkhëndt:
Nammlich, umb so vil vordrist angeregte brieffliche gwarsamminen deß wuͦhrens halb anbelangend; daß
es by den sëlbigen einfaltig nach fürbas verbleiben und solliche dißfahls zuͦ krefften erkëndt syn, in dem heiteren verstand und meinung, daß krafft sëlbiger fürhin kein theil ohne vorwüßen des anderen wuͦhren
mögen; und eine gmeind in EngiPlace: , sy habe glych an der SillPlace: auch gmeind- oder nur sonderbare güeter, ihrer syts zuͦ erhaltung der landts veste nit minder als die von WiedickonPlace: und WollißhoffenPlace: , da es allwëgen in jeder gmeind
eignem costen, auch mit eines jewyligen regierenden obervogts wüßen, beschähen, nach nothdurfft zewuͦhren schuldig syn solle. Widrigen fahls, da der ein ald andere theil deme künfftig nit nachgahn, sondern etwan zuͦwiderhandlen wurde, der fehlbare allwëgen gebürend abbüest und gstrafft werden. Unßeren dißmahligen obervögten beider orthen anby überlaßende, in zuͦzühung alts silherr ZimbermansPerson: , mit den partheyen die fernere nothwendigkeit hierüber zereden und zetrachten, sëlbige widerumb mit- und gëgen einanderen zuͦversüenen, und zuͦ glych grad zuͦ befehlen, wie anjetzo gewuͦhret werden;4 in der meinung, daß die gmeind WiedickhonPlace: Organisation: den anderen
daß hierzuͦ erforderliche holtz und studen für dißmahlen darzegëben und den nothwëndig befundenen fuhrt über die klingen abhin, auch nur dißmahlen, mitzemachen haben solle.
Imm übrigen danne der in wärendem
handel uffergangne umbcosten, zesambt den ein- und andersyts gefloßenen zuͦred und schältungen zwüschent beiden theilen, von oberkeits wëgen umbs besten willen uff gehebt, also daß die schältungen niemandem
ins gemein ald sonderbar an synen ehren, guͦten lümbden und nammen, jetz nach künfftig, nichta über al praejudicier-, uffheb- nach schädlich, sondern hiemit alles ein ußgemachte sach heißen, und sy aller syts fürbas
guͦte, liebe fründt und nachbauren gëgen einanderen syn und blyben.
In krafft diß brieffs, daran wir zuͦ gezügknus deßen unßer statt ZürichPlace: gewohnliches secret-insigel offentlich haben hënckhen laßen.
So gëben sammbstags, den dritten brachmonaths, nach der geburth Christi gezelt ein thusendt sëchs hundert sibentzig und ein jahrDate of origin: 3.6.1671 ().
[fol. v]Page break
[Dorsal notation on the reverse side in a hand of the 19th century:] Wuhren an der SihlPlace: betrbetreffend

Notes

  1. Deletion: s.
  1. Ein Regest dieses Urteils findet sich im Urkundenbuch der Gemeinde WiedikonPlace: (StArZH VI.WD.C.4., S. 58, Nr. 7).
  2. Ein Regest dieses Urteils findet sich im Urkundenbuch der Gemeinde WiedikonPlace: (StArZH VI.WD.C.4., S. 58, Nr. 8).
  3. Möglicherweise handelt es sich um StArZH VI.EN.LB.A.4.:41.
  4. Die Obervögte von EngePlace: und WollishofenPlace: erliessen am 14. Dezember 1671 weitere Bestimmungen zum Wuhren in der Sihl (StArZH VI.EN.LB.C.4., fol. 52v-53v).