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SSRQ ZH NF II/11 120-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, by Ariane Huber Hernández and Michael Nadig

Citation: SSRQ ZH NF II/11 120-1

License: CC BY-NC-SA

Kundschaft betreffend den Gemeindebeschluss in Höngg, dem neuen Obervogt wegen ausstehender Soldzahlung nicht zu huldigen

1657 August 22 – 26.

Die Nachgänger Scheuchzer und Werdmüller zum Kindli befragen alt Sihlherr Horner, Hans Jakob Manz, Wirt zum Affenwagen, Ludwig Kramer und Hans Frey, wo und von wem sie gehört hätten, dass die Gemeinde Höngg an einer Versammlung beschlossen habe, dem neu gewählten Obervogt Hans Konrad Grebel nicht zu huldigen, solange ihre ausstehenden Soldforderungen nicht beglichen seien. Manz, Kramer und Frey werden am darauffolgenden Mittwoch ein zweites Mal befragt.

  • Shelfmark: StAZH A 126, Nr. 117
  • Date of origin: 1657 August 22 – 26 (22. August 1657 (Bericht); 26. August (Ratsentscheid) Im Dokument steht irrtümlich 21. August und 24. August; Datierung aufgrund der Einträge in den Ratsmanualen korrigiert.)
  • Transmission: Aufzeichnung (Doppelblatt)
  • Substrate: Papier
  • Format h × w (cm): 20.5 × 32.0
  • Language: German

Der Antritt einer Herrschaft war üblicherweise mit einer Huldigung verbunden, der Anerkennung der Herrschaft und Entgegennahme eines Treueeides durch die Untertanen. Auch den Obervögten wurde bei ihrem Amtsantritt gehuldigt. Die Verweigerung einer solchen Huldigung konnte von den Untertanen zum Protest genutzt werden, um Ansprüchen oder Beschwerden Nachdruck zu verleihen oder auch um Partei zu ergreifen in den Konflikten verschiedener Herren um dieselben Herrschaftsrechte.

Im vorliegenden Fall forderte die Gemeinde HönggOrganisation: die Auszahlung von Sold aus dem Ersten Villmergerkrieg, den ZürichPlace: zusammen mit BernPlace: und SchaffhausenPlace: im Jahr zuvor verloren hatte und der die Stadt bereits eine enorme Summe Geld gekostet hatte. Eine Verweigerung der Huldigung hätte die Legitimität der Herrschaft in einem öffentlichen und symbolischen Akt in Frage gestellt. Der Rat liess daher die Angelegenheit untersuchen, sobald Gerüchte aufkamen, dass eine Verweigerung geplant war (StAZH B II 498, S. 29). Die Ratsverordneten vernahmen diverse Zeugen, deren Aussagen im vorliegenden Bericht rapportiert werden. Schliesslich scheint die Obrigkeit es dabei belassen zu haben, den neun identifizierbaren Bürgern von HönggPlace: nahezulegen, in Zukunft vorsichtiger zu sein mit solchen unguten Reden. Gleichzeitig hielt der Rat jedoch fest, dass eine Besoldung der Miliz «in solchen daß gemeine liebe vatterlandt betreffenden sachen» nicht vorkomme und für die Stadtkasse auch gar nicht erschwinglich sei, auch wenn einige etwas anderes behaupteten (StAZH B II 499, S. 54-55). Dass die Huldigung schliesslich wie geplant stattfand, zeigt die Abrechnung über die dabei entstandenen Kosten (StAZH A 126, Nr. 119).

Zur Huldigung vgl. Holenstein 1991, zur Huldigungverweigerung besonders S. 385-432; zu den entstehenden Kosten bei einer Huldigung SSRQ ZH NF II/11 102-1; zum Ersten Villmergerkrieg HLS, Villmergerkrieg, Erster; Sigg 1996, S. 343-345.

Edition Text

Sambstags,1 den 21ten augustIn the original: augst, anno 1657Date of origin: 21.8.1657 (), hrAbbreviation rathsherr SchüchzerPerson: und hrAbbreviation zunfftmeisterIn the original: zunfftmr Werdtmüller zum KindliPerson:

Obstehende herrenIn the original: h nachgengëre habend nach vollgende persohnen für sich bescheiden, von den sëlbigen zu vernämmen, wo und von wem sy gehört, daß ein ehrsami gmeind zu HönggPlace: ein gmeind gehalten und darinen erkändt, daß sy dem nöüw erwelten a–obervogt gen HöngPlace: Addition on the left margin by insertion mark–a, junkerIn the original: jr zunfftmeisterIn the original: zunfftmr und landtvogtIn the original: landtv GrebelPerson: , bis so lang sy umb ihren kriegs costen zuͦ friden gstelt seigind, nit huͦldigen wöllind. Und nach dem sy inen ernstlich zu gesprochen, die warheit zu endteken, habend sy vollendeCorrected from: vollgendeb andtwort von sich geben. Und erstlich sagt:

Alt sillherr HorrnerPerson: , nach dem verschiner tagen die wirt wëgen deß umb gëlts uf dem RathuͦsPlace: vor den hnAbbreviation umbgëlteren erschinen, habe sich syn sohn HeinrichPerson: , näbet dem wirt zuͦm AffenwagenPlace: , auch alda yngestelt, und under anderen gesprechen sage der wirt zuͦm AffenwagenPlace: zuͦ gehörtes zügen sohn, die HönggerOrganisation: habind ein gmeind gehalten und erkëndt, dem nöüwen obervogt nit zehuͦldigen, biß sy umb ihren soldt bezalt seigind, mit vermälden eintwäders habe er sölliches hAbbreviation zuͦnfftmeisterIn the original: zuͦnfftmr NötzliPerson: schon gesagt oder daß ers im eroffnen wolle, und alß der sohn heimkommen, habe er, züg, ime solliches niemandem zesagen verboten. Nach dem aber züg verschiner tagen vor dem korn huͦs sich by dem huͦßmeister KnöüwlUncertain readingcPerson: , in by syn hAbbreviation landtvogtsCorrection in a hand of the 18th century on the left margin, replaces: zuͦnfftmeisterIn the original: zuͦnfftmrd SpöndlisPerson: befuͦnden, habe haubtman KnöüwlUncertain readingePerson: gesagt, goldtschmidt WerderPerson: habe nit ein guͦtes schryben von synem thochterman ußm ThuͦrgäwPlace: ëmpfangen, habe ine, WerderPerson: , auch vermanet, sëlbiges by der oberkeit abzelegen, er aber habs nit thuͦn wöl[len]Damage through clipping (on the leaf margin), restored by analogyf. Unlang herrnach ersähe züg den gsellen wirt von HönggPlace: , dene er gefraget, ob sy ein gmeind verschin[en]Damage through clipping (on the leaf margin), restored by analogyg sontag gehalten habind h–und ob es nüt ungradtsUncertain readingi abgëbenAddition on the left margin by insertion mark–h. Darüber der gsellen wirt geandtwortet, ja, sy habind uß befelch unser g hAbbreviation die compagneien, und die, so noh nie gedient, ergentzt und yngeschriben, mit vermälden, warumb züg inne befrage, er aber hab widerumb gesagt nienenrum.

[p. 2]Page break

Hanß Jacob MantzPerson: , wirt zum AffenwagenPlace: , berichtet, eß habe ine mrAbbreviation Luͦdwig KramerPerson: , der grämpler, vor synem laden zuͦ sich berüefft und gefraget, ob ime syn gfater, mrAbbreviation Hanß FreyPerson: , der pfister, nüt gesagt, die HönggerOrganisation: sollind ein gmeind gehalten und darinen erkändt, daß sy nit huldigen j–oder obedierenAddition on the left margin by insertion mark–j wöllind, biß man sy umb den kriegs costen betzalt habe. Und dises habe ein schuͦmacher von HönggPlace: gedachtem mrAbbreviation Hanß FreyenPerson: gesagt.

MrAbbreviation Luͦdwig KramerPerson: sagt, er habe nie nüt von der gantzen gmeind geredt, sonder daß uß befelch unserer g hAbbreviation ein gmeind zuͦsammen berüefft worden, damitAddition on the left margink die, so noch nie gedienet, under haubtlüth yngeschriben, und die, so ermanglind, anderwerts widerumb ergentzt werdind. In währender gmeindhaltung aber solle geredt worden syn, sy wöllind gern mit unseren g hAbbreviation züchen, ja wan man sy auch umb den alten sold bezahle. Dises aber habe er von mehr gehörtem synem nachpuren mrAbbreviation Hanß FreyenPerson: .

MrAbbreviation Hanß FreyPerson: , der pfister, mäldet, eß habe der schuͦmacher zu HöngPlace: (gschlëchts halber seige er synes vermeines ein FlachmüllerPerson: , ob dem see abhin) mit sampt syner frauͦwen erst spat uf den abendtDuration: evening by ime ein stotzen mit wyn getrunkhen, welcherCorrection on the left margin, replaces: er habel synem bruͦder oder schwâger, so zuͦ ime zu dorff kommen, daß gleit bis hie har gëben, die ursach aber, daß er noh so spath in der statt seige, die wyl sy uß befehlch unser g hAbbreviation ein gmeind gehalten, darinen er umb 12Uncertain readingm auch nach gsyn seige, in welicher man auch die compagneien wideruͦmb ergëntzt, und die, so mannbahr, aber noh nie gedienet, yngeschriben. Da seygind zwahr etliche willig gsyn, etliche aber habind uf den sold geschrouwen, mit vermälden, wan man inen den sold gëbe, seigend sy wol zefriden, wo aber nit, werde eß noh allerlëy murrens abgëben. Eß seye [p. 3]Page break aber weder der huͦldigung, vill weniger deß nöüw erwelten obervogts bim wenigisten nit gedacht worden. Eß habe wachtmeisterIn the original: wachtmr SuterPerson: , der tägenschmidt, unlangst auch einen Höngger gefraget, ob eß etwas an der gmeind der glychen geret worden seige mit dem sold, habe er geandtwortet, ja, eß seige ettwas antzogen worden. Enden damit all ihre ußsagen.

Mittwuchs, den 24 augustIn the original: augstDate of origin: 24.8.1657 ()2

Habend yngangs ehrengemälte herrenIn the original: hr zu eigendtlicher erkundigung, wer daß jënige, daß man dem nöüw erwelten junkerIn the original: jr obervogt GrebelPerson: zu HönggPlace: , biß so lang sy um ihren kriegs costen nit befridiget seigind, nit huldigen wollind, uf die bahn gebracht und ersinet habe, vorgedachte 3 persohnen wideruͦmb für sich berüefft, und einen jetlichen by synen buͦrgerlichen pflichten die warheit an zu zeigen vermanet. Warüber dan vollgende andtwort erfolget:

Hanß Jacob MantzPerson: , wirt zum AffenwagenPlace: , sagt, daß er von mrAbbreviation Luͦdwig KrammerPerson: , synem nachpuͦren, gehört, daß die HönggerOrganisation: nit mehr obedieren oder gehorsamen wöllind, berüeffe sich deßwägen uff hAbbreviation zunfftmeisterIn the original: zunfftmr NötzliPerson: , der solches eben so wol von gedachtem mrAbbreviation KramerPerson: gehört habe. Aber daß etwas von dem junkerIn the original: jr obervogt geredt worden, seye ime gantz nit in wüßen. Er sëlbsten habe auͦch weder gëgen dem jungen OchsenPlace: wirt noch jemand anderem von ehrengedachtem junkerIn the original: jr obervogt nie kein mäldung gethan, dan ime dazuͦmahlAddition on the left margin by insertion markn nit bewußt, daß junkerIn the original: jr stallherrIn the original: stallhr GrebelPerson: obervogt naher HönggPlace: worden seige.

MrAbbreviation Luͦdwig KramerPerson: mäldet, daß er niemahlen zu dem wirt zuͦm AffenwagenPlace: noh anderen von der HönggerenOrganisation: wëgen geredt, daß sy nit gehorsamen wollind, wüße auch nit, waß daß wort obedieren bedüthe, berüeffe sich auch glychsfahls uff ehren gedahten hAbbreviation zunfftmeisterIn the original: zunfftmr NötzliPerson: .

MrAbbreviation Hanß FreyPerson: blybt allenklich by syner gethanen ußsag.

[p. 4]Page break
[Dorsal notation on the reverse side:] Bericht, ein ehrsammi gemeind HönggPlace: beträffend o Hierüber ist erkhendt, die beide verordneten herrenIn the original: h sollend den 9 hierinn vermeldeten burgeren die nothdurfft nachmalen fürhalten, iren eigentlichen bericht vernemmen und ihnen zusprechen, inn derglychen reden fürhin gewahrsammerUncertain readingp ze fahren.3 Actum mitwuchs, den 26sten augustIn the original: aug 1657Addition above the lineqDate of origin: 26.8.1657 (), presentibusIn the original: prnt her RahnPerson: , statthalterIn the original: statth, und beid rethOrganisation: .
[Dorsal notation on the reverse side in a hand of the 18th century:] Ußagen etlicher burgeren alhier, woher sie wüßend, daß die HönggerOrganisation: in einer gehaltenen gemeind erkennt, daß sie dem neüwen obervogt nit huldigen wollind, bis man ihnen ihren außstehenden kriegssold bezahlt, 1657Date: 1657.

Notes

  1. Addition on the left margin by insertion mark.
  2. Corrected from: vollgende.
  3. Uncertain reading.
  4. Correction in a hand of the 18th century on the left margin, replaces: zuͦnfftmeisterIn the original: zuͦnfftmr.
  5. Uncertain reading.
  6. Damage through clipping (on the leaf margin), restored by analogy.
  7. Damage through clipping (on the leaf margin), restored by analogy.
  8. Addition on the left margin by insertion mark.
  9. Uncertain reading.
  10. Addition on the left margin by insertion mark.
  11. Addition on the left margin.
  12. Correction on the left margin, replaces: er habe.
  13. Uncertain reading.
  14. Addition on the left margin by insertion mark.
  15. Addition inline in a hand of the 18th century: huldigung junkerIn the original: jr obervogt GrebelPerson: .
  16. Uncertain reading.
  17. Addition above the line.
  1. Der 21. August 1657 war eigentlich ein Freitag, nicht ein Samstag.
  2. Der 24. August 1657 war nach dem julianischen Kalender ein Montag. Die Einträge in den Ratsmanualen zeigen, dass die entsprechenden Beschlüsse im Rat tatsächlich am Samstag, 22. August, und am Mittwoch, 26. August, gefasst wurden. Der Schreiber hat sich also an die Wochentage erinnert, aber sich in den dazugehörigen Daten geirrt.
  3. Dieser hier wiedergegebene Ratsbeschluss findet sich im Ratsmanual des Baptistalrats des Unterschreibers von 1657 (StAZH B II 499, S. 54-55).