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SSRQ ZH NF II/11 12-1

Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich. Neue Folge. Zweiter Teil: Rechte der Landschaft. Band 11: Die Obervogteien um die Stadt Zürich, by Ariane Huber Hernández and Michael Nadig

Citation: SSRQ ZH NF II/11 12-1

License: CC BY-NC-SA

Rechte und Pflichten des Kustos des Grossmünsterstifts in Oberhausen und Stettbach sowie der Eigenleute

1393.

Der Kustos des Grossmünsters hat das Niedergericht in Oberhausen und Stettbach inne. Die Rechte des Kustos und jene der Eigenleute der beiden Höfe regeln das Maiengericht und Herbstgericht (1, 9, 18), beschränken das Recht des Müllers von Glattbrugg auf Viehhaltung (3) und nennen die Zuständigkeiten für das Niedergericht mit Twing und Bann (Kustos) und das Hochgericht (Vogt von Kyburg) (2, 4). Der Kustos vertritt die Leute von Oberhausen bei Geldschulden vor geistlichen Gerichten (5). Er hält Aufsicht, dass die Leute von Oberhausen der Stadt Zürich keine Steuern bezahlen (6). Weiter werden geregelt: Bussen (7, 14), Aufsicht über die Zäune (8, 19), Weinabgaben und Fallpflicht zuhanden des Kustos (10, 11), Fischereirechte der Leute von Oberhausen (12, 13), Erbrecht der in Oberhausen wohnhaften Eigenleute aufgrund der Ehegenossame unter den Klöstern Einsiedeln, Reichenau, Sankt Gallen und Fraumünster (15), Abzug (16), Öffnung der Ehgräben (17), Allmendnutzung (20).

  • Shelfmark: StAZH C II 1, Nr. 432 a
  • Date of origin: 1393 (Der Nachtrag datiert vom 31. Mai 1523.)
  • Transmission: Aufzeichnung, Rodel (Einzelblatt)
  • Condition: Partielle Übermalung mit einer weisslichen carbonathaltigen Substanz, anschliessendes Auftupfen einer braunen Substanz
  • Substrate: Pergament
  • Format h × w (cm): 26.5 × 57.0
  • Languages: German, Latin
  • Edition
    Regest

  1. Gemäss freundlicher Auskunft von Ines Rauschenbach, Leiterin Beständeerhaltung StAZH, im Sommer 2016, wurde nach 1523 (Nachtrag) auf manche Zeilen eine weissliche Substanz aufgetragen. Auf die ersten Artikel wurde zusätzlich eine zweite Substanz aufgetupft, die sich allenfalls erst später bräunlich verfärbte. Möglicherweise handelt es sich um eine Tilgung im Zusammenhang mit der Abtretung des Niedergerichts über die beiden Meierhöfe in OberhausenPlace: und jenen in StettbachPlace: durch den Kustos des GrossmünsterstiftsOrganisation: an ZürichPlace: ; OberhausenPlace: gehörte nach der Reformation an das Stadtgericht (Bauhofer 1943a, S. 81, 84; Egli, Actensammlung, Nr. 1897).

  2. Die Inhaber der Stiftshöfe in OberhausenPlace: traten am 20. April 1580Date: 20.4.1580 vor die Pfleger des Grossmünsterstifts von ZürichPlace: Organisation: und baten aufgrund des Verlusts ihres Offnungsexemplars um eine Abschrift aus dem Urbar, womit das Kelleramtsurbar des GrossmünstersOrganisation: von 1541Date: 1541 gemeint sein könnte (StAZH G I 140, fol. 79r-v). Ohne das Schriftstück war es zu vielen Konflikten mit den Nachbarn gekommen, da die Nutzungsansprüche nicht belegt werden konnten. Die Offnung wurde bei dieser Gelegenheit vom StiftOrganisation: bestätigt. Sowohl die Gewährung der Abschrift als auch diese selbst sind 1778Date: 1778 als Kopie in einem Papierheft der Gemeinde OberhausenPlace: Organisation: überliefert (PGA Opfikon, Zivilgemeinde Oberhausen-Opfikon, Nr. 2, S. 3-8). Ebenfalls im Kelleramtsurbar ist zudem eine ältere, lateinische Fassung der vorliegenden Offnung überliefert (SSRQ ZH NF II/11, Nr. 9).

Edition Text

a–
Anno dnidomini mo ccco lxxxxiijDate of origin: 1.1.1393 – 31.12.1393 ego, Wernherus de GerwilPerson: 1, thesaurarius ThurThuricensis, habui iudicium gnalegenerale in
ObernhusenPlace: et in StettbachPlace: , in vulgari
Language change: Latin
meyenDate: May und herpstDuration: fall taͤding.2

Item ze dem ersten, wenn ein kuster meyenDate: May ald herbstDuration: fall taͤding haben wil, so sol er es verkunden
acht tagDuration: 8 days vor ald man ist im enheins rechten gehorsam.

Item ein kuster hat ze ObernhusenPlace: twing und ban von dem SebachPlace: untz dru klafterArea: 3 klafter niderhalb GlattbrugPlace: und sol man den von ObernhusenPlace: du̍ selben dru klafterArea: 3 klafter uf tuͦn, wenn
si wend ald si notdu̍rftig sint. Taͤt man des nu̍t, so mu̍gent si es selber uf tuͦn aͧne
menlichs straffung.

Item der mu̍ller ze GlattbruggPlace: sol nu̍t me haben denn ein hund und ein katzen
und anders einkein vich, das den von ObernhusenPlace: schaͤdlich sige.
–a

Item elli kleini gericht ze ObernhusenPlace: sind eines kusters, aͧn tu̍b und fraͤvel, du̍
hoͤrent einem vogt von KyburgPlace: an.b3

Item ladet die von ObernhusenPlace: jeman an geistliche gericht umb geltschult, so si im das
verku̍ndent, so sol er si verstan. Verku̍ndent si im nu̍t, so verstanden sich selber.

Item ein kuster sol inen vor sin, das si Text variant in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r: zec Zu̍richPlace: kein ymi noch ungelt gebent.

Item wenn si einung machent umb zünen, umb schniden oder umb ander ding, do nimmetText variant in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r: sold der
kuster den dritten pfenning. Vordront aber si, das er inen helf, die zwen teil der einung in
gewu̍nnen, das sol er inen helfen, ê er sinen dritten pfenning in naͤme.

Item die evaden sint all eins kusters ze meyenDate: May und ze herbstDuration: fall.

Item ein kuster sol ze meyen an dem ersten tagDate: 1. May (period) e–und oͧch ze herbstDuration: fallOmitted in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r–e richten maͤnlichem umb
eigen, umb erb, umb steg und umb weg und dur das jar umb geltschult.

Item die Obernhusen su̍llent den win, der tuͦt fu̍nf halbi viertalVolume: 2.5 quarters wine oder me oder minder, f–des besten
g–ân ein zapfenAddition overwritten–g
Text variant in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r: lantwins
–f, den si einem kuster sond, h–den selben win sond siOmitted in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r–h geben an sant SteffansPerson: tagDate: 26. December (period),
und sol er inen des tages ein mal geben und des selben wins ze trinken.4

Item wer i–oͧch des gotzhus guͦt besitzetText variant in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r: uff des gotzhus guͦt sitzet–i siben schuͦchLength: 7 shoes j–breit oder langText variant in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r: lang und breit–j oder der kustry,
stu̍rbet der, so sol er einem kuster ein val geben, das best hoͧbt aͧn ein hoͧbt oder k
das best gewant oder Text variant in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r: den bestenl harnatsch, ald sin erben sont mit im anders u̍ber ein kommen nach
gnad und das tuͦn der eltost erb; es si danne, das si von einander geteilt haben, so su̍llent
si beid vellig sin. Erbt ein frow, du̍ git enkein val.

Item die von ObernhusenPlace: mügent vischen in des kusters twingen in der GlattPlace: du̍r das jar, was
si bedürfent, an verkoffen. In der vastenDate: floating holiday (deadline) mügent si vischen und die essen und verkoͧffen und tuͦn,
wie si wend.5

Item si hant ein langwatt in dem ebach, da mügent si vischen, wie und wenn sie wend,
und die verkoͧffen oder essen und sol si dar an nieman irren. Vindent oͧch si jeman andern
dar inne vischen, dem sont si werren und sol inen des ein kuster helfen und dar uff schirmen.6

Item wer der ist, der siben schuͦLength: 7 shoes lang oder breit hat von einem kuster, dem der erst tag ze
meijen
Date: 1. May (period)
oder ze herbstDuration: fall verku̍ndet ist acht tagDuration: 8 days vor, künt der nu̍t uff den tag, der ist einem
kuster vervallen ein einung, das sint iij  ₰Currency: 3 shillings .

Item was lu̍ten ze ObernhusenPlace: ist, si sin der gotzhu̍sern ze EinsidellenOrganisation: , uss der Richen OwOrganisation: , ze
Sant GallenOrganisation: , Sant ReglenOrganisation: (ân verlent lu̍te), die sint einrNotable spelling ander genoss und sond ein ander erben,
und hant si enhein nachwendigen fru̍nd, so sol si ir naͤchster nachgebur erben und nu̍t
der vogt.7

Item was der selben lu̍ten hie ist, die mugent m–ziehen hinnnanText variant in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r: hinnan ziehen–m, war si wend, und wenn si
fu̍r die Grossen FluͤPlace: in koment, so su̍llent si einem vogt nu̍t me gebunden sin ze dienenne,
es weri denn, das ir einer dem vogt ein einung schuldig weri ald ein buͦss verschult hetti, darumb mag er in an griffen, untz er sich mit im gerichte.

Item der êgrab sol allweg offen stan, ob wasser wurden us gan, das die schirmen hettin.
Aber die, die der egrab an hoͤret, hant si in nu̍t offen, das sond si bessran nach des dorfes
gewonheit und des twings.

Item wenn ein kuster vindet ein von ObernhusenPlace: ze Zu̍richPlace: oder anderschwa, dem mag er gebieten, das er n–tag verku̍nd und gerichtiText variant in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r: verku̍nd tag und gericht–n, die ein kuster haben wil ze meyenDate: May oder ze herbstDuration: fall.

Item er mag ir jeklichem oͧchOmitted in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7ro gebieten evaden ze schowen. Taͤt er des nu̍t, so sol er
bessran mit drin schillingen ₰Currency: 3 shillings .

Item enkeiner umb saͤss dero von ObernhusenPlace: sol uff ir wunn noch uff ir weid Text variant in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r: nu̍tp varn
mit sinem vich, es beschaͤch denn mit ir guͦten willen.q9
[fol. v]Page break
[Dorsal notation on the reverse side in a hand of the 19th century?:]
Rechte uund pflichten, welche ein
custos zu OberhausenPlace: hat.

Notes

  1. Deletion by blackening text.
  2. Addition inline in a hand of the 15th century: Nu hinfu̍r die statt von Zu̍richPlace: .
  3. Text variant in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r: ze.
  4. Text variant in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r: sol.
  5. Omitted in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r.
  6. Text variant in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r: lantwins.
  7. Addition overwritten.
  8. Omitted in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r.
  9. Text variant in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r: uff des gotzhus guͦt sitzet.
  10. Text variant in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r: lang und breit.
  11. Deletion by strikethrough: das.
  12. Text variant in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r: den besten.
  13. Text variant in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r: hinnan ziehen.
  14. Text variant in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r: verku̍nd tag und gericht.
  15. Omitted in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r.
  16. Text variant in StAZH G I 134, Teil I, fol. 6r-7r: nu̍t.
  17. Addition on the bottom in a hand of the 16th century:
    1523 dnicadominica, die ultima maiiDate: 31.5.1523, coram Heinrico UtingerPerson: , custode,
    dnisdominis camereUncertain readingr Anthonie WalderPerson: et Heinrico SchwartzmurerPerson: , cancanonici, pptureprepositure
    ThuricensisPlace:
    Organisation:
    , Bernhardus ReinhartPerson: 8 legit hunc rotulum coram
    subditsubditis per fidem desuper stipulanstipulantis in hospicio an der GlattPlace: .
  1. Ab dem Jahr 1393Date: 1393 war Diethelm Snelli von GörwihlPerson: Kustos des Grossmünsters von ZürichPlace: Organisation: (StAZH C II 2, zu Nr. 289; Regest: URStAZH, Bd. 3, Nr. 4392; Meyer 1986, S. 536). Schauberg, Beiträge, Bd. 2, S. 224, liest «Wernherus». Werner von RinachPerson: war der Amtsvorgänger (StAZH G I 140, fol. 78v). In der als Abschrift überlieferten lateinischen Version der Rechte des Kustos und der Hofleute von 1370Date: 1370 wird eingangs Werner von RinachPerson: genannt (SSRQ ZH NF II/11, Nr. 9).
  2. Anstelle dieser Einleitung setzen die anderen Überlieferungen eigene Überschriften. Eine ungefähr zeitgleich entstandene Abschrift oder Aufzeichnung ist in einer Sammlung von Bestimmungen betreffend das Amt des Kustos enthalten und entkoppelt die für OberhausenPlace: und StettbachPlace: gültigen Bestimmungen ebenfalls von einem konkreten Amtsinhaber: «Von den rechten, twingen und baͤnnen ze OberhusenPlace: , die einem custer Zu̍richPlace: zuͦhorent» (StAZH G I 134.1, fol. 6r-7r). Die in den textkritischen Anmerkungen aufgeführten Abweichungen sind allenfalls ein Hinweis auf eine abweichende Vorlage. Die 1541Date: 1541 von der Hand des Stiftsverwalters Felix FryPerson: entstandene Kopie nennt im Titel dagegen sowohl das Datum als auch den Namen des Kustos: «OberhuserPlace: dingrodel, wie den custer von GerwilPerson: gbrucht hat anno 1393Date: 1393». Diese Abschrift folgt mit unbedeutenden Abweichungen dem Textlaut des Rodels (StAZH G I 140, fol. 79 r-v).
  3. Dieser Nachtrag ist in den Abschriften nicht enthalten.
  4. Am 19. November 1532Date: 19.11.1532 begehrt die Bauernschaft der Gehöfte StettbachPlace: und OberhausenPlace: , von der Bezahlung des Weinzinses an die Kustorei des GrossmünsterstiftsOrganisation: befreit zu werden. Sie berufen sich auf den Übergang der Gerichtsbarkeit über die Stiftshöfe im Jahr 1526Date: 1526 an ZürichPlace: (StAZH G I 140, fol. 84 r-v).
  5. Die Fischenz war 1342Date: 1342 an das Augustiner Chorherrenstift auf dem ZürichbergPlace: Organisation: verliehen worden (StAZH C II 10, Nr. 92; Regest: URStAZH, Bd. 1, Nr. 311); vgl. Anm. zu SSRQ ZH NF II/11, Nr. 15, Art. 47). In Bezug auf die Fischereirechte der Leute von OberhausenPlace: vgl. StAZH C II 10, Nr. 563, S. 3-4; StAZH C II 10, Nr. 563, S. 7-11.
  6. Dieser Artikel wird bei einer Fischenzverleihung 1623Date: 1623 erläutert (StAZH G I 6, Nr. 16; Teiledition: Schauberg, Beiträge, Bd. 2, S. 226-227, Anm. 2; vgl. StAZH A 85, Nr. 36).
  7. Zum freien Erbrecht der Eigenleute vgl. Müller 1974, S. 84.
  8. In der deutschen Version steht anschliessend geschrieben, später hätten Propst und KapitelOrganisation: sowie der Kustos dieses Gericht zusammen mit jenen anderer Höfe unter Vorbehalt sämtlicher Nutzungsrechte an Bürgermeister und Rat von ZürichPlace: Organisation: übergeben (StAZH G I 140, fol. 80r; zur Vereinbarung mit dem Kustos vgl. Egli, Actensammlung, Nr. 1897).